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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hätte? Bellegarde, Monsieur le Grand genannt, denn er war Großritter von Frankreich, war ein langjähriger Freund meines Vaters, den er am Hofe Heinrichs III. kennengelernt hatte. Bekanntlich war er anfangs ein Favorit dieses Königs gewesen, dann aber einer seiner treuesten Diener geworden, sehr im Unterschied zu den Herzögen von Joyeuse und von Épernon, die, obwohl heißgeliebt und mit Gaben überschüttet, die Hand gebissen hatten, die sie nährte.
    Meinen Vater hatte es stets verwundert, daß Bellegarde diese Schwäche für Heinrich III. gehabt hatte, da er die Frauen liebte wie toll, genau wie Bassompierre, dessen Freund und Rivale er am Hofe war. Und heute, mit seinen siebenundvierzig Jahren, dabei schön und kraftvoll, mit einer Gesundheit, um hundert Jahre zu werden, traf er auf seiner Bahn noch immer auf wenig Widerstand.
    Mein Vater sagte einmal, Bassompierre beweise seine deutschen Tugenden auch in der Ausschweifung, indem er sogar die Verführung mit Fleiß und Methode betriebe. Bellegarde dagegen war immer leicht im Leichtsinn. Er verführte die Frauen fast gedankenlos, allein durch seine Fröhlichkeit, seine Sorglosigkeit und seine unüberlegte Verwegenheit.
    »Wunderbar!« gab ich zur Antwort auf seine Frage nach den Nymphen.
    »Mitnichten! Mitnichten!« sagte Bellegarde, noch immer lachend. »Dieses Adjektiv muß Mademoiselle de Montmorency vorbehalten bleiben. Wo sie ist, verblassen alle anderen ... Und wer sie auf dem Ball Eurer gütigen Patin gesehen hat, hat noch gar nichts gesehen, denn da war sie in ihrem Staate; und so verdienstvolle Anstrengungen sie auch machte, ihre Beine zu zeigen – als sie mit Euch Glückspilz die Volte tanzte! – konnte man alle ihre Vollkommenheiten doch nicht erkennen. Dazu mußte sie erst als Nymphe gekleidet oder besserentkleidet sein. Aber leider! wie Ihr ja sicher wißt, Chevalier, meiden
Wir
die Proben. Denn
Wir
grollen, weil die Königin
Uns
nicht die Gnade erwiesen hat, Mademoiselle des Essarts unter die Nymphen aufzunehmen. Und so gehen
Uns
so viele Schönheiten denn verloren. Doch kommt, Chevalier! Der König erwartet Euch beim Dauphin. Er ist übelgelaunt und ungeduldig. Denn die Königin grollt zurück. Die Des Essarts verschließt ihm die Tür, und der Arme weiß nicht mehr, wem soll er sein Herz schenken?«
    Trotzdem erschien mir der König nicht so unwirsch, wie Monsieur le Grand gesagt hatte. In dem Raum, der Louis als Spielzimmer diente, kniete er auf den Fliesen vor einer großen Festung aus Pappe, welche die Wälle einer Stadt darstellten – Amiens, wie ich dann erfuhr –, und zeigte seinem Sohn, wie er seine kleinen Kanonen aufstellen müsse, um die Mauern am wirksamsten zu beschießen.
    Als Louis mich erblickte, sprang er auf, lief mir entgegen und fiel mir um den Hals. Ich wurde rot vor Glück, doch ohne mir die gleiche Vertraulichkeit anzumaßen, küßte ich ihm die Hand, während mein Herz über die unerhörte Gunst, die er mir bezeigte, höher schlug. Indessen schien der König, der aufgestanden war, mit Freude sowohl die großherzige Zuneigung seines Sohnes wie auch die lebhafte Empfindung, die sie mir bereitete, zu beobachten. Er umarmte mich, nannte mich »kleiner Cousin« und sagte zum Dauphin, da er mit mir zu tun habe, vertraue er Monsieur le Grand die Aufgabe an, an seiner Statt ihm zum Sieg über das belagerte Amiens zu verhelfen.
    »Wa Monsier le Gand dabei?« fragte Louis.
    »War er! Und Sioracs Vater auch, und der Konnetabel und Mayenne.«
    Mir fiel auf, daß der König den Marschall de Biron nicht erwähnte, der die Belagerung doch ebenfalls mitgemacht hatte.
    »Herr Vater, kommt Ihr wieder?« fragte Louis.
    Diesmal war es ihm gelungen, das »r« auszusprechen, obwohl es ihm noch oft entglitt.
    »Ich komme wieder«, sagte der König, und indem er mir den Arm um die Schulter warf, zog er mich in das Gemach des Dauphin, wo ich als erstes ein Schreibpult auf einem Tischchen stehen sah, zu dem der König mich ohne weiteres hinschob, nachdem er die Tür hinter uns verschlossen hatte.
    Ich setzte mich. Die Federn waren gespitzt. Ich wählte eine und tauchte sie in die Tinte, aber das Diktat erfolgte nicht sogleich. Henri schritt wie gewöhnlich auf und ab durch den Raum, doch so, als leide er bei jedem Schritt, so sehr schmerzte ihn wohl die Gicht in seinen Knien. Ach, mein armer König! Wie erschien er mir in jenem Moment grau, alt, dürr und runzlig, und seine große Bourbonennase hing tiefer denn je über seine Lippen

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