Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
täuschte sich. Trotz der Protektion seiner deutschen Fee verlor Bassompierre alles: die Geliebte, die schmeichelhafte Verbindung, die reiche Erbschaft, das königliche Amt – aber ohne daß Bouillon sich eingeschaltet hätte, ohne daß der Prinz von Condé dabei mehr als ein freiwilliges Exil gewann, und, was daran am erstaunlichsten war, all das mit dem Einverständnis der Schönen. Wie sich dies zutrug, will ich nun erzählen.
***
Einige Tage darauf brachte mir eines Morgens ein Page ein Billett des Königs, das mich auf Schlag zehn Uhr in die Gemächer des Dauphins befahl. Und wen sehe ich am Tor zum Louvre stehen, wo Praslin Wache hielt? Den im Vergleich zu dem Gardehauptmann unsäglich kleinen, aber in allen Farben einer Maiwiese schillernden jungen Romorantin. Er erwartete mich und erwies mir mit seinem Federhut mindestens zehn Grüße, die linke Hand galant in der Hüfte, ein lässiges kleines Lächeln auf den Lippen und indem er mit Bravour die geringschätzigen Blicke übersah, die Praslin auf ihn herabsandte.
»Chevalier«, sagte Romorantin, indem er mich beim Arm faßte und mich in den Hof des Louvre zog, »wie bin ich erfreut, Euer schönes Antlitz zu erblicken! Der König hat mich hier postiert, um Euch in die Gemächer des Herrn Dauphin zu geleiten, doch Ihr glaubt gar nicht, wie ich litt, neben diesem Praslin warten zu müssen. Mit Sicherheit stinkt er mir! Er scheint sich Haare und Schnurrbart mit demselben Schweinefett zu schmieren, mit dem die Soldaten ihre Stiefel wichsen! Ich bin fast erstickt!«
Hierauf lachte er im Falsett, wie trunken von seinem eigenen Witz.
»Aber Marquis«, sagte ich lächelnd, »was ist das? Ihr sprecht ja nicht mehr das ›o‹ als ›u‹, das ›ei‹ wie ›oi‹ und laßt sogar das ›d‹ gelten, obwohl Ihr es doch, wenn ich mich recht erinnere, hart und dental fandet?«
»Leider, Chevalier!« sagte er, »doch meine Freunde und ich haben unsere Ansichten nicht geändert. Wir denken immernoch, daß gewisse Laute unedel sind, aber der König erfuhr davon durch einen verräterischen Gefährten, er hat uns ›ka kelnde Dummköpfe‹ geschimpft und uns verboten, die französische Sprache zu verunstalten. Der König ist gegenwärtig aber auch in einem fürchterlichen Zorn, und das Unwetter ging zufällig über uns nieder.«
»Und was ist der Grund für diesen Zorn?« fragte ich beunruhigt.
»Aber, Chevalier, seid Ihr der einzige am Hof, der das nicht weiß? Die Des Essarts ist an allem schuld. Seit Henri mit der Verneuil gebrochen und die Moret ins Kloster geschickt hat, merkte er plötzlich, daß er keine Gespielin mehr hatte und wollte die Des Essarts wieder in den Sattel setzen. Dafür hat dieses unzweifelhaft dümmste Frauenzimmer des Königreiches verlangt, daß sie – in ihrem Alter! – in dem Ballett
Die Nymphen der Diana
mitspielen darf, welches die Königin vor dem Hof aufführen lassen will. Aber weiß der Teufel, wer diese Diana ist, und ihre Nymphen.«
»Diana ist die römische Göttin der Jagd, und ihre Nymphen sind Jägerinnen wie sie.«
»Ach, wie gelehrt Ihr seid, Siorac!« sagte Romorantin, indem er meinen Arm zärtlich drückte. »Kurz, man sagt, diese von der Königin ausgewählten Nymphen seien die zwanzig schönsten Jungfern des Hofes. Darum wollte die Des Essarts dazugehören: eine Gunst, die ihr der König versprochen und die ihr die Königin abgesprochen hat. Siorac, wie findet Ihr dieses Wortspiel?«
»Entzückend.«
»Wißt Ihr, daß ich es quasi ohne nachzudenken gemacht habe? So etwas spritzt mir in den Sinn wie der Amme die Milch in die Zitzen. Kurzum, kein Ballett für die Des Essarts. Also wütet sie gegen den König, der König wütet gegen die Königin, und um seinen Zorn zu bekunden, meidet er die Proben, er, der auf solche Lustbarkeit zu anderen Zeiten ganz erpicht gewesen wäre, besonders da die Püppchen sehr leichtgewandet tanzen.«
»Habt Ihr sie gesehen?«
»Leider, ich kann nicht umhin! Sie probieren in der Großen Galerie, durch die man hindurchmuß zum Kabinett des Königs. Ach, Chevalier! Was für ein wenig appetitliches Schauspiel,wie diese Wildgewordenen jedermann ihre bebenden Reize feilbieten ... Übrigens seht Ihr sie gleich selbst. Wir müssen ja dort durch.«
»Wie mich das freut!«
»Siorac! Ihr enttäuscht mich!« sagte Romorantin, indem er meine Hand losließ und schmollend aufblickte. »Ich hatte Euch für zartfühlender gehalten.«
»Ich bin, wie ich bin«, sagte ich lachend. »Die Reize, die Ihr
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