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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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spanischen Partei und den Jesuiten eifrigst begehrt wurde. Also setzte der König meinen Vater für die einen Missionen und Bassompierre für wieder andere ein, ohne daß die des einen dem anderen bekannt waren. Sogar in der völlig untergeordneten Affäre der Kirche Saint-André-des-Arts hätte Bassompierre nichts von der wahren Rolle, die ich dabei spielte, ohne den Brief meines Vaters und ohne einen ziemlich erstaunlichen Umstand erfahren, den ich an anderer Stelle erzählen werde.
    »In der Tat«, fuhr Bassompierre fort, »wer jetzt in das Herz des Königs blicken könnte, fände in ihm zwei Namen eingegraben: Kleve und Charlotte.«
    »Aber nach dem, was ich hörte«, sagte mein Vater, »muß besagtes Herz zur Stunde doch von einem großen Gewicht erleichtert sein.«
    »Sicher«, sagte Bassompierre, »es schlägt munterer, seit der Prinz seine Frau nach Fontainebleau gebracht hat. Unser armer Henri war so selig vor Freude, daß er binnen nichts Kleidung, Bart und Haltung gewechselt hat.«
    »Den Bart?« fragte La Surie. »Hat er ihn abschneiden lassen?«
    »Mitnichten. Er hat ihn scheren lassen. Und die Haare hat er sich schneiden und waschen lassen. Und seine Kleider, Ihr würdet es nicht glauben – gestern sah ich ihn mit Ärmeln aus blumenbesäter Chinaseide. Wie eine Wiese im Mai! Nur leider kann er die Prinzessin, obwohl sie nun im Schloß wohnt, nicht öffentlich sehen: der Prinz hält sie straffer denn je an der Leine.«
    »Und wie findet Ihr das Prinzenpaar?« fragte La Surie.
    »Rührend. Offensichtlich hegt jeder für den anderen das gleiche Gefühl: er verabscheut sie, und sie haßt ihn. Und außer daß er sie tyrannisiert, ist sie Jungfrau wie zuvor.«
    »Comte!« sagte mein Vater lachend, »woher wollt Ihr das so genau wissen?«
    »Sie hat es mir gesagt.«
    »Sie hat es Euch gesagt! Seht Ihr sie denn wieder?«
    »Insgeheim und auf Befehl des Königs. Jetzt, da sie weiß, daß ich nie ihr Gemahl werde, will sie mir wohl.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Nicht, wie Ihr meinen könntet. Die Prinzessin betrachtet mich mit guter, quasi königlicher Huld als einen ihrer ergebensten Untertanen, seit ich Philippote gerettet habe.«
    »Ihr habt Philippote gerettet?« fragte ich überrascht. »War sie in Gefahr?«
    Mein Eifer entging Bassompierre nicht, und er wechselte einen Blick mit meinem Vater.
    »Nur in der, zu verhungern. Nachdem mir völlig unbekannte Leute sie in der Kirche Saint-André-des-Arts verführt hatten, indem sie ihr zehn Ecus und einen Brief zusteckten, und dazu noch den spionierenden Edelmann, der sie überwachte, niederschlugen, lief die Jungfer außer Atem zu ihrer Herrin und überbrachte ihr den Brief, behielt aber verständlicherweise die Ecus, deren Herkunft sie leider nicht erklären konnte, als der Herr Prinz sie bei ihr fand, nachdem er sie nackend ausgezogen hatte. Und jetzt, mein schöner Neffe, werdet Ihr mich zweifellos fragen, ob Philippote so nackend schön war?«
    »Nein, Monsieur«, sagte ich errötend.
    »Sie ist es. Außerdem fehlt es ihr nicht an Mutterwitz. Wieder angekleidet jedenfalls, aber auf die Straße geworfen ohne ihre Ecus, läutete sie an meiner Tür, und ich habe ihr Asyl gewährt.«
    »Das, Comte, lobt Euer gutes Herz«, sagte mein Vater.
    »Dieses Lob verdiene ich für gewöhnlich, aber nicht bei dieser Gelegenheit«, sagte Bassompierre mit einem Lächeln. »Philippote gehörte noch vor wenigem zu meinen Nichten. Und als der Konnetabel mich zum Schwiegersohn haben wollte, gab meine Schwester, Madame de Saint-Luc, sie als Zofe an Mademoiselle de Montmorency, welche die ihre entlassen hatte.«
    »Madame de Saint-Luc«, sagte mein Vater zu mir, »ist jene ›rührende Schönheit‹, die Ihr auf dem Ball der Herzogin von Guise so sehr bewundert habt. Aber, Graf, was ich nicht verstehe, warum gab Eure Schwester diese Philippote an Mademoiselle de Montmorency weiter?«
    »Hätte ich selbst sie vorgestellt, hätte ich Mißtrauen erweckt. Denn natürlich wollte ich durch Philippote erfahren, ob meine Wahl als Schwiegersohn der Tochter des Konnetabels genehm sei.«
    »Und war sie es?«
    »Nicht ganz. Von meiner Person her gefiel ich ihr durchaus, aber sie fand meinen Rang nicht hoch genug. Charlotte ist eine der Frauen, bei denen die Sorge um ihre Glorie über die Liebe geht.«
    »Was Euch das Opfer, denke ich, erleichtert hat, das Ihr dem König brachtet.«
    »Bitte, Marquis!« sagte Bassompierre. »Setzt mir nicht mein Opfer herab! Es war ungeheuerlich! Habt Ihr mich

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