Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
und das Duell findet statt.‹ – ›Monsieur‹, sagte der Prinz, ›denkt Ihr, mich zu erschrecken?‹ – ›Durchaus nicht, Eure Hoheit! Die ganze Welt kennt Eure Tapferkeit. Aber wollt Ihr mir erlauben, Eurem Urteil drei mögliche Ausgänge dieses Duells zu unterbreiten? Erstens, Ihr tötet den Marquis de Siorac: dann zieht Ihr Euch den tödlichen Haß der Frau Herzogin von Guise zu, die sich dem König zu Füßen werfen und Euren Kopf verlangen wird. Zweitens: Ihr seid in Eurem Duell mit dem Marquis de Siorac im Vorteil, und dieser gebraucht im äußersten gegen Euch die berühmte Jarnacsche Finte, die er als einziger in diesem Königreich beherrscht; dann seid Ihr für Euer Leben verkrüppelt. Drittens: Der Marquis de Siorac tötet Euch, aber glaubt Ihr, Monseigneur, der König wird Tränen vergießen, wenn man ihm meldet, die Frau Prinzessin sei Witwe geworden?‹«
Wir lachten, und Bassompierre sagte mit seiner gewöhnlichen Großtuerei: »Das war
meine
Finte, und sie streckte ihn glatt zu Boden! Der Herr sagte, er werde in Muße darüber nachdenken, aber ich wette, damit ist die Affäre beendet.«
Wir sagten ihm großen Dank, und weil mein Vater wußte, wie gerne er über seine Eroberungen sprach, sagte er: »Ihr müßt jener Dame schon sehr verbunden sein, daß Ihr bei dieser Hitze in das stinkende Paris zurückkommt.«
»Leider handelt es sich nicht nur um die Dame«, sagte Bassompierre, und diesmal zeigten seine Züge echten Kummer. »Zwei meiner Freunde, der Prinz von Epinoy und der Baron von Vigean, liegen auf dem Sterbebett und können nur noch auf die göttliche Gnade hoffen.«
»Und woran sterben sie?«
»An einer sehr unsinnigen Wette, die sie mit dem Comte de Saux und dem Comte de Flex geschlossen hatten, die beide schon verblichen sind. Und an derselben Krankheit. Die vier hatten gewettet, wer von ihnen seiner Dame in einer Nacht am häufigsten die Ehre erweisen könnte, und es war erlaubt, bei diesen wiederholten Attacken Amberöl zu Hilfe zu nehmen.«
»Wußten sie denn nicht«, sagte mein Vater entsetzt, »daß das ein langsames Gift ist?«
»Sie wußten, daß es gefährlich ist, aber diese Gefahr gab der Sache den Pfeffer. Vergebens bemühte ich mich, sie von dieser Torheit abzubringen, aber sie wollten nicht.«
»Sie müssen ihr Leben wenig geachtet haben, um auf so frivole Weise mit dem Tod zu spielen«, sagte mein Vater. »Ich kenne die Herren nur dem Namen nach.«
»Weil Ihr selten zu Hofe geht, mein Freund. Sie sind dort als die galantesten Edelleute des Königreiches bekannt, schön und wohlgestalt, drüber ging es nicht.«
So banal dieser Satz war, er hallte seltsam in meinem Kopfe nach und erzeugte eine Wehmut. Dasselbe hatte Toinon einst über Bassompierres Freunde gesagt, nicht über die vier, deren Verlust er jetzt beklagte, sondern über Bellegarde, Joinville, d’Auvergne und Sommerive. Von jenen blühte merkwürdigerweise nur noch Bellegarde, der Älteste unter ihnen. Der Prinz von Joinville vegetierte in der Verbannung, der Comte d’Au vergne in der Bastille, und der Comte de Sommerive war in Neapel gestorben. Jene aber, die diesen Satz gesagt hatte, sah ich manchmal durchs Fenster ihrer Bäckerei hinterm Zahlpult, wo sie mit geschäftlichem Lächeln und kalten Augen thronte.
»Und wo steht der König in der Nachfolge von Kleve?« fragte mein Vater.
»Nun, wie Ihr wißt, gewinnt die Geschichte immer gewaltigere Ausmaße und plagt ihn schwer. Er treibt mit äußerster Glut seine militärischen Vorbereitungen voran und schickt überallhin Kuriere, um sich Bündnisse gegen Österreich und Spanien zu verschaffen oder die schon bestehenden zu festigen. Denn bekanntlich wird er an drei Fronten kämpfen müssen: in Italien an der Seite des Herzogs von Savoyen, in den Pyrenäen gegen Philipp III. von Spanien und in Deutschland gegen den Kaiser.«
Schöne Leserin, Sie werden aus diesem Gespräch zweifellos schließen, daß Bassompierre über alles und jedes mit größter Freizügigkeit redete. Dem war nicht so. Erst zwanzig Jahre später erfuhr ich, daß er im selben Moment, da er nichts anderes im Kopf zu haben schien als Hofintrigen, in sehr geheimer Mission nach Lothringen gereist war, um im Auftrag des Königs mit dem Herzog von Lothringen über die Vermählung seiner Tochter mit dem Dauphin von Frankreich zu verhandeln – eine politische Angelegenheit von größter Tragweite, weil sie der spanischen Hochzeit zuwiderlief, die von der Königin, von Villeroi, der
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