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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ist das?« rief sie kakelnd aus. »Ein Lümmel zwischen meinen Jungfern! Monsieur, Ihr macht Euch auf der Stelle fort! Ihr habt hier nichts zu suchen!«
    »Madame, Madame!« riefen die Ehrenjungfern, die, nachdem sie mich angeschmiert hatten, nun meine Verteidigung ergriffen, »er ist der Vetter von Fonlebon.«
    Und nun ging es im Chor: »Sein Großvater hat ihre Großtante geheiratet!«
    Sie sprachen die Worte »Großvater und Großtante«, als wären sie unendlich komisch.
    »Aber ich kenne Euch doch!« sagte die Marquise, indem sie mich aus ihren gutmütigen und ein bißchen dummen Augen ansah. »Ich habe Euch im Gemach des Königs gesehen, als er mit der Gicht zu Bette lag. Ihr habt ihm aus
L’Astrée
vorgelesen, und er nannte Euch ›kleiner Cousin‹.«
    Da drehte sich die Königin, die vor uns saß, halb zu ihr um und sagte mit einer Stimme, die einmal nicht ruppig klang: »Er ist nicht sein
cugino
, er ist sein Patensohn und auch der von Madame de Guise.«
    Madame de Guercheville, die Madame de Guise täglich in den Gemächern der Königin sah und nach einem so langen Leben am Hofe wissen mußte, welches ihr wahres Band zu mir war, geriet in Verwirrung. Sie wollte weder die Regel übertreten noch einer so hohen Dame mißfallen.
    »Monsieur«, sagte sie, »da Ihr der Vetter von Mademoiselle de Fonlebon seid, dürft Ihr Euch ein Viertelstündchen zu ihr setzen und in aller Gesittung mit ihr plaudern.«
    Ich verbeugte mich dankend, und Mademoiselle de Fonlebon machte ihr einen anmutigen Knicks.
    »Danke, Madame«, sagte sie.
    »Danke, Madame!« echoten die Ehrenjungfern im Chor und in einem Ton, der eine Mischung aus Spott und Zuneigung für Madame de Guercheville bekundete.
    »Aber nur ein Viertelstündchen, Monsieur!« sagte die Marquise de Guercheville und hob drohend den Finger.
    Eingeschüchtert durch die Gegenwart der Königin, die vor mir zwischen dem Konnetabel und dem Herzog von Épernon saß, vorsorglich ermahnt von Madame de Guercheville und überwacht von den Ehrenjungfern, von denen nicht zu hoffen stand, daß sie auch nur einmal in dieser Viertelstunde Auge und Ohr von uns lassen würden, sah ich keine Möglichkeit, Mademoiselle de Fonlebon zu sagen, in welchem Maße ihre Schönheit mich entzückte. Sie war nämlich wunderschön, und seltsamerweise glich sie der neugebackenen Prinzessin von Condé, nur ohne deren Härte und Geziertheit. Es war der gleiche schlanke und rundliche Wuchs, die gleichen erlesenen Züge, aber wo man bei jener Berechnung und List spürte, war diese ganz einfach, ihre Worte und Blicke kamen von Herzen, an ihr war kein Falsch. Man fühlte, daß ihre Tugend echt war und keine, die sich nur verweigerte, um sich desto vorteilhafter zu verkaufen.
    Da sie mich nahezu stumm fand und wohl dachte, es sei Unbeholfenheit, begann Mademoiselle de Fonlebon, mir freundlich über mein Unbehagen hinwegzuhelfen, indem sie mir dieses und jenes über unser heimatliches Périgord erzählte, dennim vergangenen Sommer hatte sie zwei Monate auf der Baronie Castelnau bei den Caumonts verbracht. Ich war ganz Auge, ohne indes auch ganz Ohr zu sein, denn während ich mich zu ihr beugte, wurde meine Aufmerksamkeit plötzlich von einem überraschenden und, wie ich meine, skandalösen Vorkommnis abgelenkt, das ich aus dem Augenwinkel beobachtete. Da der Konnetabel sich von der Königin beurlaubt und den Platz an ihrer Seite verlassen hatte, wurde dieser plötzlich von Concino Concini besetzt. Die seltene Unverfrorenheit dieses niedrigen Florentiner Abenteurers, der es wagte, sich öffentlich neben Ihre Majestät zu setzen, ohne daß sie aber auch protestierte und ihn sogleich in den Staub verwies, aus dem er kam, verschlug mir den Atem, und während ich immerzu Mademoiselle de Fonlebon anschaute, hörte ich gänzlich auf, ihr zu lauschen.
    Jeder am Hof wußte, welches Ärgernis Concino Concini und seine unheilvolle Gemahlin Leonora Galigai dem König waren, der seit neun Jahren vergebens auf die Königin einredete, sie möge diese beiden Blutegel nach Florenz zurückschicken, anstatt sie tagtäglich mit Ecus zu stopfen, die sie dem Staatssäckel entzog. Und dieser Concini, der unterm Großherzog der Toskana mehrmals im Gefängnis gesessen hatte wegen seiner Schulden und seiner Missetaten, hatte die Stirn, den Platz des Konnetabels neben der Königin einzunehmen und ihr, wie ich zu meiner ungeheuren Überraschung sah, ins Ohr zu sprechen, eine Vertraulichkeit, zu der ihn weder sein Blut noch sein Rang im

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