Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
mindesten berechtigten.
    Ich hatte zunächst gar nicht die Absicht, zu lauschen, konnte aber nicht umhin, zu verstehen, was da sotto voce auf italienisch gesprochen wurde, und gleich den ersten Worten des Schurken zu entnehmen, daß er aus Rache am König, der ihn verbannen wollte, Gift in die Wunden der Königin träufelte. Diese waren nur allzu wirklich, da Maria angesichts der rasenden Liebe des Königs zur Prinzessin von Condé in Angst und Schrecken versetzt war. Und als ich begriff, daß der Verräter diese nur zu verschlimmern trachtete, indem er ihr einflößte, sie müsse um ihren Thron und ihr Leben fürchten, spitzte ich ohne die geringsten Skrupel das Ohr, während ich tat, als hätte ich weiterhin größtes Interesse an dem, was Mademoiselle de Fonlebon mir erzählte.
    Ich erfaßte nicht alles, zum ersten weil der Schuft sehr leisesprach, und dann, weil er Worte eines Dialektes gebrauchte, den ich nicht kannte. Aber ich verstand genug, um mir vorzustellen, in welchem Maße das, was er sagte, dem König im Geiste einer Frau schaden konnte, die zugleich stumpfsinnig und leidenschaftlich war. Concini mußte geschickte Spione angestellt und aufs beste plaziert haben, denn wie ich verblüfft feststellte, wußte er um jede Einzelheit dieser Liebesintrige, welche dem Hof nur obenhin bekannt war. So enthüllte er der Königin die geheime Korrespondenz des Königs mit der Prinzessin, die bei Malherbe bestellten Verse, das heimlich gemalte und gelieferte Bildnis, ja selbst die stumme Erscheinung der Schönen auf ihrem Balkon im Fackelschein.
    Die bloße Aufzählung mußte eine eifersüchtige Gemahlin aufs höchste entflammen, die immerhin so heftigen Charakters war, daß sie eines Tages die Hand gegen den König gehoben hatte, wie ich bereits erwähnte. Aber die Kommentare des Verräters waren weitaus tückischer und unendlich viel gefährlicher für den König. Dieser habe, flüsterte Concini, indem er das Frauenzimmer mit Condé vermählte, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Nicht nur hoffe er, der Prinz werde, da er keine Frauen liebte, eines Tages den Gefälligen spielen. Vor allem aber habe er Charlotte, indem er sie zur Prinzessin von Geblüt machte, dem Thron genähert, und schon denke er daran, sie hinaufzuheben; falls er aber noch nicht daran denke, würde die
Hurre
ihn aus allen Kräften dahin treiben, indem sie ihren Körper zum unwiderstehlichen Anreiz machte und sich nur unter dieser Bedingung hingäbe.
    Was die Königin anbeträfe, so würde eine Scheidung sich gewiß machen lassen. Denn könnte der Papst sie einem so mächtigen Monarchen verweigern, der leicht in seine Staaten einfallen könnte? Zweifellos wäre es möglich, daß der heilige Vater die Sache lange hinauszögerte. Aber dadurch würde alles nur schlimmer. Die Ungeduld des alten Gecken, das Frauenzimmer zu besitzen, würde so heftig werden, daß man geschwindere und verschwiegenere Mittel ins Werk setzen könnte, um sich einer störenden Gemahlin zu entledigen. Gegen diese gäbe es Schutz nur durch äußerste Vorsicht. Der König pflegte, wenn er allein aß, der Königin die feinsten Stücke seines Mahls zu schicken, und er, Concini, meine, daß es sehr gefährlich sei, künftighin solche Gaben anzunehmen.
    Anderseits bereitete sich der König auf den Krieg gegen Österreich und Spanien vor, und allein schon diese Vorbereitungen trugen ihm bei den guten Katholiken seines Reiches zahlreiche Feindschaften ein, die um so mehr zu fürchten waren, als der König sich zuwenig schützte; schon sechzehn Mordversuchen sei er wie durch Wunder entronnen, worin man Gottes Hand erkennen müsse. Aber würde die göttliche Hand ihn auch jetzt noch bewahren, da der König sich anschickte, die Katholiken zu bekriegen, indem er sich mit Hugenotten verbündete? Und wäre es für den Fall, daß dem König ein Unglück zustieße, nicht in Marias Interesse, sich zur Königin weihen zu lassen, bevor ihr Gemahl in den Krieg zog, damit ihre Regentschaft kraft dieser Weihe eine stärkere Legitimität erhielte?
    Diese Reden nahmen nicht mehr als fünf Minuten in Anspruch, worauf Concini von Ihrer Majestät Urlaub nahm und es der Geschicklichkeit und Hartnäckigkeit Leonora Galigais überließ, weiter in seinem Sinne auf die Königin einzuwirken.
    Nach Concinis Gehen schien die Königin dermaßen verwirrt, daß sie vergaß, einem erfolgreichen Ringspieler zu applaudieren. Ihre Vergeßlichkeit rief in der Menge eine gewisse Unschlüssigkeit hervor, die nur

Weitere Kostenlose Bücher