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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hallte mir die Süße ihrer Bejahungen nach in meinem Herzen.
    Als Louison mich so starr und stumm sah, fragte sie leise, als wollte sie mich nicht wecken: »Und was mache ich jetzt, Monsieur?«
    »Such den Majordomus, damit er dich unterbringt.«
    »Ja, Monsieur.«
    Mit diesen noch leiseren Worten machte mir Louison eine tiefe Reverenz, die mir viel zu sehen bot, und als sie sich anmutig aufrichtete, schenkte sie mir wiederum ein halbes Lächeln und, um das Maß vollzumachen, noch ein kleines Blitzen aus den blauen Augen. Dann nahm sie ihr Bündel und ging.
    Es war auch höchste Zeit.
    ***
    So köstlich mich »die Rosen des Lebens« nach meiner langen »Witwerschaft« auch dünkten, schwankte ich gleichwohl ein wenig, ob ich hier darüber sprechen sollte, da in Frankreich und um Frankreich so große Interessen im Spiele waren, daß sie bei einem Zusammenprall die Welt in Brand setzen konnten. Doch immerhin war ich erst achtzehn Jahre alt, meine Studien nahmen mich voll in Anspruch, außerdem hatte ich keinen anderen Pflichten zu genügen als denen eines jungen Edelmannes. Und ich kann mich auf ein illustres Beispiel berufen, das die Frivolität, derer man mich zeihen könnte, entschuldigen mag, wenn es auch nicht von ihr freispricht. Es war das Bild eines großen Mannes, dem Gott ein Königreich anvertraut hatte und der, ohne daß er die Entschuldigung der Jugend hatte noch jene, daß die Liebe zum
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ihr erstes Feuer inihn warf, sich inmitten höchster Gefahren nicht scheute, sein Leben in zwei Hälften zu teilen: in eine den großen Affären geweihte, für die er die Verantwortung trug und die er mit gewohntem Geschick führte, und in eine seiner Liebe geweihte, um die er mit einer Maßlosigkeit, einer Unvorsicht, einer Naivität und, ich möchte fast sagen, einer Knabenhaftigkeit kämpfte, die alle, die ihn liebten, sprachlos machte. Mit welcher Verblüffung hatte mein Vater erfahren, daß Henri, nachdem Condé die Prinzessin erneut vom Hofe weggeführt und in eines seiner Häuser verbannt hatte, nicht davor zurückgeschreckt war, sich als Hundeführer verkleidet und mit einem Pflaster auf einem Auge in ihre Nähe zu stehlen!
    Er scheiterte ebenso lächerlich wie pathetisch: er sah sie, konnte sich ihr aber nicht nähern. Aufgebracht entführte Condé seine Frau abermals und sperrte sie, noch weiter entfernt, in das Schloß Muret bei Soissons.
    Der König berief ihn mit der Prinzessin in den Louvre. Condé kam, doch er kam allein. »Ich werde Euch scheiden lassen!« schrie der König in höchster Wut. »Nichts wäre mir lieber«, sagte Condé, »aber so lange die Prinzessin meinen Namen trägt, wird sie mein Haus nicht verlassen.«
    Der König kannte keine Beherrschung mehr. Condé stürzte davon, er beklagte sich bei Sully und drohte in verhüllten Worten, das Königreich zu verlassen. Diese Drohungen wurden einzig zu dem Zweck geäußert, wiederholt zu werden, und das wurden sie binnen Stundenfrist, so hatten sie Sully erschreckt. Wenn der Erste Prinz von Geblüt außer Landes ginge, wo fände er Zuflucht vor Henris Zorn – wo, wenn nicht in den Händen des spanischen Königs, der ihn sich zum Werkzeug gegen den König von Frankreich machen würde?
    Sully riet dem König, den Prinzen unverzüglich in der Bastille festzusetzen. »Bah! Das sind wieder Eure Phantasien!« knurrte der König. »Wie sollte er weggehen, da er ohne meine Hilfe nichts zum Leben hat.« Es wollte dem König nicht in seinen von Liebe vernebelten Sinn, daß Spanien, wenn es Condé für nützlich erachtete, diese Pensionszahlungen übernehmen könnte.
    Doch war die Gefahr bitterernst. Der Erste Prinz von Geblüt, den sein Rang unmittelbar nach dem König stellte, war eine hochwichtige Persönlichkeit im Staate und konnte – wiefrüher der Herzog von Guise – an die Spitze eines inneren Aufstands treten, der Spanien eine kostbare Hilfe in dem bevorstehenden Krieg leisten könnte. Und an diesem Punkte hatten mein Vater und ich zum erstenmal das Gefühl, daß die Geschichte mit der Prinzessin wahrhaftig in eine Staatsaffäre münden könnte.
    Pierre de l’Estoile, der bei heftiger Kälte zu uns zum Diner kam, lieferte uns einen weiteren Grund zur Sorge.
    »Mein Freund«, sagte mein Vater, »haltet Ihr es für verbürgt, daß die Verfolgung der Hugenotten bereits wieder zunimmt?«
    »Sicher. Die Priester nehmen es nicht hin, daß der König sich mit protestantischen Staaten verbündet, um katholische Staaten zu bekriegen: vor dem

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