Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
Ohrfeigen als gute Worte. Und in letzter Zeit, wenn sie bei ihrer Toilette war, verfiel sie darauf, mich wegen nichts und wieder nichts bis aufs Blut zu kneifen. Da habe ich mich schließlich beklagt. Sie fand meine Klagen ungehörig und hat mich entlassen.«
»Mein Gott! Eine gütige Herzogin! Und jetzt verstehe ich auch, daß du in Fontainebleau warst und Philippote gefragt hast, ob sie nicht eine Stelle für dich weiß.«
»Und da hat sie mir Euch genannt, Herr Chevalier.«
»Woher wußte sie meinen Namen?«
»Der Edelmann, der ihr in der Kirche Saint-André-des-Arts nachspionierte, sagte ihn in ihrem Beisein dem Herrn Prinzen.«
»Und meine Adresse?«
»Sie hat den Pagen gefragt, der in Fontainebleau zwischen Ihrer Majestät und der Prinzessin als Bote dient.«
»Und wie heißt der?«
»Romorantin, Euch zu dienen, Monsieur.«
Romorantin! Mein
wunnerbarer
Elegant, der kein »d« mochte und kein »o«! Natürlich wußte er, wo ich wohne, er hatte mir ja zweimal Botschaften des Königs gebracht ... Louisons so klare und offene Antworten beseitigten meine Zweifel. Eines ergab sich aus dem anderen, und Bassompierre hatte überhaupt keinen Teil daran.
Ich war sehr aufgeregt, das Herz klopfte mir zum Zerspringen, ich wich ein wenig zurück und mußte mich auf die Tischkante setzen, meine Beine trugen mich nicht mehr. Damit Louison nicht sähe, wie mir die Hände zitterten, umklammerte ich meine Linke mit meiner Rechten, da spürte ich den Feenring, denn die scharfen Kanten seiner Edelsteine schnitten mir ins Fleisch.
»Wie kommt es«, fragte ich endlich, weil das Schweigen zwischen uns mir peinlich wurde, »daß die Frau Prinzessin so großen Wert auf Philippote legt?«
»Oh, Monsieur, das ist kein Wunder! Außer daß Philippote die Prinzessin aufs beste frisiert und kräuselt, hat sie eine Zungewie Honig. Sie wiederholt ihr von morgens bis abends, daß es nichts Schöneres gibt als sie und daß sie bestimmt Königin von Frankreich wird. Aber Philippote denkt das auch, sie hat sie nämlich nackend gesehen und fand sie so wunderschön, daß es an ihr nichts, aber auch rein gar nichts zu mäkeln gibt. Und sie sagt, wenn der König, der die Prinzessin schon angekleidet so über die Maßen liebt, sie in ihrer Natürlichkeit sehen könnte, würde er zu Boden gehen und ihr die Füße küssen.«
»Wie du das sagst, Louison!« sagte ich verwirrt. »Wärest du gerne an ihrer Stelle?«
»Doch, schon!« sagte sie«, aber was mich betrifft, mich bräuchte man nicht auf Knien zu lecken.«
Das kam ganz unbedacht und ohne Hintergedanken. Doch auf einmal lief sie rot an, ihre Stirn, ihre Wangen, ihr rundlicher Hals und der Ansatz ihrer Brüste. Da sie mich aber nicht entrüstet sah, ganz im Gegenteil, schenkte sie mir ein kleines Lächeln, und etwas durchlief sie von Kopf bis Fuß, als wäre sie von einem Schlänglein bewohnt. Verführt oder Verführerin, ich weiß es nicht, mich interessierte auch dieser Unterschied nicht mehr. Blitzschnell war mein Entschluß gefaßt. Ich wollte dieser zarten fleischlichen Falle helfen, mich zu umschlingen, und da der Ring mir vielleicht mehr Sicherheit gab, als ich ohne ihn gehabt hätte, trat ich auf Louison zu und faßte wortlos ihre Hand, die ich in meinen glühenden Händen drückte.
»Ach, Monsieur«, sagte sie, »Ihr seid wirklich, wie meine Schwester Euch mir beschrieben hat.«
»Und wie hat sie mich dir beschrieben?«
»Als einen sehr liebenswerten jungen Edelmann, der gerne mit Mädchen äugelt.«
»Und mißfällt dir das?«
»Nein, Monsieur, nicht, wenn einer ist, wie Ihr seid.«
Ich war entzückt, daß sie mehr als den halben Weg auf mich zu machte, und als ich von neuem sprach, kam meine Stimme aus tiefster Kehle, und ich hatte Not, klar zu sprechen.
»Louison«, sagte ich, »kommen wir zu unseren Hammeln zurück. Ich kann dich ohne meinen Vater nicht fest einstellen.«
»Ja, Monsieur.«
»Er entscheidet, nachdem er dich gesehen hat, aber was mich angeht, gefällt mir deine Art sehr, und ich werde mit aller Wärme für dich sprechen.«
»Ja, Monsieur.«
»Er legt auch deinen Lohn fest.«
»Ja, Monsieur.«
»Ist in dem kleinen Bündel da alle deine irdische Habe?«
»Ja, Monsieur.«
»Willst du dich in dem Falle, bis mein Vater zurückkehrt, gleich im Hause einquartieren?«
»Ja, Monsieur.«
Ich hatte alles gesagt, was es zu sagen gab: ich schwieg und ließ ihre Hand los. Doch zu gerne hätte ich ihre »Ja, Monsieur« bis ans Ende der Zeiten gehört, so
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