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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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betrachteten, und das, wie ich wette, mehr wegen meiner Geburt als um meiner Verdienste willen. La Surie gesellte sich mitten in meinem Bericht zu uns, und während er aufmerksam zuhörte, schaute er sich die Augen aus vor Staunen über soviel Luxus sowohl des Raumes als auch der Aufmachung dieser schönen Hofgesellschaft.
    »Halt, mein Sohn«, unterbrach mich mein Vater. »Ich sehe, gleich platzt eine Wolke über meinem Kopf. Es naht Eure teure Patin, humpelnd und mit schwerem Atem. Medizinisch gesprochen ist die Diagnose klar: zu fest geschnürte Baskine, zu enge Schuhe. Außerdem blitzt das Lavendelauge erzürnt: ein Indiz, daß sie überdies vor Eifersucht erstickt.«
    »Monsieur«, sagte Madame de Guise ohne lange Vorrede und mit wutbebender Stimme, »da seid Ihr ja endlich! Monster, Ihr! Wo steckt Ihr denn diese ganzen zwei Stunden? Wo habt Ihr wieder Eure unverschämten Komplimente verschwendet?«
    »Beim König, Madame, beim König!« sagte mein Vater sofort und sprach noch immer sotto voce. »Ich war im Louvre: hundert Personen können es Euch bezeugen. Bitte, Madame, lächelt! Man beobachtet uns. Und reicht mir Eure Hand zum Kuß. Liebste«, fuhr er seinerseits lächelnd fort, »ich habe Euch Dinge von größter Konsequenz mitzuteilen, unbedingt geheim. Wo kann ich Euch von Angesicht zu Angesicht sprechen?«
    »In meinem Zimmer«, sagte sie, indem sie augenblicklich ein heiteres Gesicht aufsetzte. »Begebt Euch sogleich dorthin und nehmt Pierre mit. Seine Anwesenheit wird die Eure erklären. Ich komme nach, sobald es mir möglich ist.«
    Hiermit verließ sie uns, und ich sah, wie sie Monsieur de Réchignevoisin etwas zuflüsterte, der, indem er uns von weitem einen diskreten Blick sandte, zustimmend nickte. Was,wie ich wette, besagen sollte, daß von seiner Seite aus der Weg frei war. Aber frei war er tatsächlich nur zum Teil, denn mein Vater kannte derart viele Leute und derart viele, die sehr begierig waren, ihn zu sprechen, besonders bei einer Gelegenheit, welche die Aufmerksamkeit so stark auf seinen Sohn lenkte, daß wir, um zu der Tür zu gelangen, die zum Zimmer Ihrer Hoheit führte, wohlbedachte Umwege durch den Saal machen mußten, um Persönlichkeiten zu meiden, deren hoher Rang es erfordert hätte, bei ihnen zu verweilen.
    Das gelang endlich, und als wir in dem Korridor waren, den ich an diesem Abend schon zweimal durchschritten hatte, ging uns ein riesengroßer Lakai, nachdem er uns ins Gesicht gesehen hatte, wortlos voraus, dann zog er einen Schlüssel aus seiner Ärmeltasche und öffnete uns die Zimmertür. Eine weise Voraussicht, sie zu verschließen, wenn man an all die kostbaren Gegenstände dachte, die nach jedem Ball, den Ihre Hoheit gab, verschwanden.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie schwer atmend hereintrat, hinter sich den Riegel vorlegte, zu einem Sessel humpelte und sich fallen ließ.
    »Ach, mein Freund!« sagte sie. »Meine Füße! Meine Füße! Bitte, zieht mir diese elenden Schuhe aus, oder ich sterbe.«
    Mein Vater kniete sich vor ihr nieder und, nachdem er sie der Folterinstrumente entledigt hatte, zog er ihr auch die Strümpfe aus und begann ihre schmerzenden Zehen sanft zu massieren.
    »Ach, mein Lieber!« sagte sie, »wie wohl Ihr mir tut! Und wie gütig von Euch, mir als Kammerzofe zu dienen!«
    »Und als Arzt«, sagte mein Vater. »Diese Schuhe verkrüppeln Euch, wenn Ihr sie noch mal anzieht. Und Eure Baskine, die quetscht Euch ja die Lungen und die Eingeweide ab ...«
    »Eingeweide!« sagte Madame de Guise. »Pfui, Monsieur!«
    »Der Schraubstock wird sofort gelöst«, sagte mein Vater gebieterisch. »Glaubt Ihr, wenn die kleine Sobol Euch fächelt und Salz reicht, schützt das vor einer Ohnmacht? Und überhaupt, wollt Ihr vor Hof und König tot umfallen? Verflucht, Madame! Gott hat Euch Lungen gegeben, damit Ihr sie gebraucht. Müßt Ihr die Schöpfung so mißachten?«
    »Aber wenn Ihr mir die Baskine lockert, passe ich doch nicht mehr in mein Kleid!« klagte Madame de Guise, die trotzallen Schreckens vor dem öffentlichen Tot-Umfallen fast ebenso vor der Erweiterung ihrer Taille erschrak.
    Doch wurde ihr Widerstand allmählich schwächer. Sie fühlte sich so erleichtert, seit ihre Füße nackt waren, daß sie, komme was mag, nur zu gerne auch ihren Körper befreien wollte. Entschlossen faßte mein Vater sie bei den Händen, zog sie vom Sitz hoch und begann ihr Mieder zu öffnen, was sie in scheinbarer Auflehnung mit spitzen Schreien, trotzigen Mienen, aber auch

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