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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Fußes durch die Damen und Herren, die das Knie vor ihm beugten, und die Flut schloß sich hinter ihm und verschlang sein Gefolge, ohne daß es gleichwohl anderen Schaden nahm, als in endlose Begrüßungen verstrickt zu werden. Ich konnte den König sehr gut sehen, denn ich hatte mich schamlos in die erste Reihe gedrängt – wie gut, daß ich groß war und kräftig. Seine Majestät verhielt unweit von mir für den Moment, da Madame de Guise ihn willkommen hieß und vor ihm kniete. Er hob sie sogleich auf und küßte sie freimütig auf beide Wangen, wie er sich ihr überhaupt stets zugetan zeigte, sowohl weil sie seine Cousine und wie er fröhlich und geradezu war, als auch aus politischer Rücksicht, denn als geborene Bourbonin und vermählte Guise war sie für ihn eine Brücke zwischen beiden Häusern.
    Ich fand ihn mittelgroß, oder doch eher klein, mager, aber muskulös, der Kopf energisch, bärtig, gebräunt, gleichsam bäuerlich, die Lippen zu Schlemmerei und Schnurren aufgelegt, die Nase lang und gebogen. Was mich bei dieser ersten Begegnung aber vor allem beeindruckte, das waren seine Augen. Sie waren groß, geistsprühend und höchst beweglich, denn während er mit Madame de Guise sprach, ihr Glück zum Geburtstag wünschte und ihr Schönes sagte, kreisten seine Blicke ohne Unterlaß rundum, als taxiere und beurteile er jeden, der da war. Im Gegensatz zum Comte de Soissons konnte man nicht die Spur eines Dünkels in seinem Gesicht, das von jovialem Wohlwollen geprägt war, noch in seiner Haltung und seinem Gebaren erkennen, das in seiner Schlichtheit eher den Soldaten kennzeichnete als den Monarchen. Gleichwohl ging von seinem Wesen selbst etwas Großes aus, als verspüre er in seinem Innern Macht genug, daß er sie nicht mimen mußte.
    Ich stelle fest, während ich diese Zeilen schreibe, wie schwer es mir fällt, meine erste Berührung mit Henri in ihrer unbefangenen Wahrheit zu schildern: schließlich war ich noch klein, als Greta mir schon erzählte, wie er, als er mich über das Taufbecken halten sollte, mich beinahe hätte fallen lassen. Und seitdem war kein Tag vergangen, ohne daß mein Vater oder meine Patin oder La Surie nicht in meinem Beisein von seinen Kämpfen, seinen Heldentaten, seinen Absichten, seinen Witzen, ja auch seinen Schwächen gesprochen hatten, dergestaltdaß ich seinen Namen und seine Person sozusagen als zur Familie gehörig empfand.
    Bevor Madame de Guise den König aufgehalten hatte, indem sie ihm entgegenging, hatten meine gierigen Augen dermaßen an Seiner Majestät gehangen, daß eine hübsche junge Dame, die neben mir stand, mich lächelnd am Ärmel zupfte, um mich daran zu erinnern, daß ich ins Knie gehen mußte. Und als der König nun die Estrade erreicht und sich auf diesen für ihn bereiteten Thron gesetzt hatte (der für seine Frau bestimmte Sessel blieb zu meiner Verwunderung leer), wandte ich mich zu meiner Nachbarin um, bedankte mich für ihre freundliche Ermahnung an meine Pflichten und entschuldigte mich gleichzeitig, an ihren Reifrock gestoßen zu haben, als ich mich in die erste Reihe vordrängte.
    »Ungestüm«, sagte sie, »ist verzeihlich, wenn man so jung ist wie Ihr.«
    »Jung, Madame?« sagte ich pikiert. »Ich werde bald fünfzehn. Und wenn ich Euer hübsches Gesicht betrachte, das lieblich wie eine Rosenknospe ist, seid Ihr wohl kaum älter als ich.«
    »Weit entfernt, Monsieur!« rief sie aus, »ich bin neunzehn Jahre alt und seit sieben Jahren verheiratet.«
    »Wie denn, mein Sohn, Ihr kennt die Marquise?« sagte mein Vater.
    Ich errötete, da er so plötzlich neben mir auftauchte, sehr elegant in seinem mandelgrünen Wams, und die Kette des Ritters vom Heiligen Geist funkelte auf seiner Brust mit tausend Feuern.
    »Aber nein«, sagte sie, »er kennt mich nicht. Nur ich kenne ihn. Bassompierre hat ihn mir vorhin gezeigt. Und jetzt sind wir alte Freunde: er ist an meinen Reifrock gestoßen, und ich habe ihn am Ärmel gezupft.«
    »Hat er Euch gesagt, wie schön Ihr seid?« sagte mein Vater, indem er ihr die Hand küßte.
    »Nein!« sagte sie lachend. »Er war knausriger als Ihr: er hat mir nur ein ›hübsch‹ gegönnt.«
    »Oh, Madame!« sagte ich, »das ist Verrat! Ich habe gesagt, Euer Gesicht ist lieblich wie eine Rosenknospe.«
    »Das ist wahr«, sagte sie. »Euer Sohn, Marquis, ronsardisiert. Und er versteht seine Zunge sehr gut zu gebrauchen. Auf dem Gebiet kommt er nach Euch, vielleicht auch nach seinerwerten Patin«, setzte sie hinzu, und mir

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