Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
›Ihr seid jetzt sechs Jahre Königin von Frankreich! Also bemüht Euch, Französisch zu sprechen!‹ – ›Sprrache von Verrräter, diese Sprrache!‹ brüllte die Königin. ›Ist es nicht schwarrze Schande, die Scheißbastarrde von diese Hurre errziehen mit meinen Kinderrn in Saint-Gerrmain! Madonna Santa!
È una vergogna 2 ,
Monsieur,
il colmo! il colmo!
‹ – ›Der Gipfel, bitte, Madame‹, sagte der König. –
›Il colmo‹,
wiederholte die Königin mit rasender Wut. ›Das ist, bevor mich zu heirraten, Ihrr habt diese Hurre gegeben ein Eheverrsprrechen, und jetzt sagt
quella puttana 3 ,
sie ist die wahrre Königin, und ich bin die Konkubine! Sagt, ihr Sohn ist derr wahrre Dauphin! Und mein Sohn ist Bastarrd! Sagt, err ist nicht ähnlich dem König! Er hat alle Züge von diese
maledetta
4 Geschlecht dei Medici! Hat das Kinn von mirr, seine Mutterr! Von mirr, und wagt
quella puttana
mich zu nennen fette Bankierrin! Sie beschimpft mich, mich, die Königin! Monsieur, wenn Ihrr sie nicht den Kopf abschneidet, dieser
puttana,
dann mache ich selbst! Ich tote sie! Ich tote sie!‹ – ›Madame‹, sagte der König nicht ohne schlechtes Gewissen, da er ja am besten weiß, daß die Königin die Wahrheit sagt, ›das sind doch Hofgerüchte. Außerdem‹, fügte er hinzu, ›wißt Ihr sehr genau, daß die Marquise de Verneuil bei ihrem Prozeß auf das Eheversprechen verzichten mußte, das ich ihr gegeben hatte, und daß sie keine solchen Ansprüche mehr erheben darf, wie Ihr sie nennt. Ihr beruft Euch auf pure Dummheiten undTratschereien! Um so mehr, als Madame de Guise die Marquise nicht eingeladen hat! Und Ihr müßt, Madame, Ihr müßt auf diesen Ball gehen!‹ – ›Ich geh nicht! Ich geh nicht!‹ schrie die Königin. – ›Madame‹, sagte der König, ›Ihr wollt mich am Gängelband führen. Das dulde ich nicht. Ihr seid unerträglich, Madame!‹ – ›Ich!‹ schrie sie. ›Ihrr beschimpft mich, Monsieur!‹ Und sie raste auf den König zu und hob die Hand gegen ihn.«
»Sie hat ihn geschlagen?« sagte Madame de Guise entsetzt.
»Sie kam nicht dazu. Sully packte ihre sausende Hand und riß sie herunter. ›Habt Ihr den Verstand verloren, Madame?‹ sagte er. ›Es ist ein Majestätsverbrechen, die Person des Königs anzurühren! Jetzt könnte der König Euch den Kopf abschlagen!‹ – ›Madame‹, sagte der König bebend vor Zorn, ›Ihr seid die erste meiner Untertanen und schuldet mir Gehorsam. Ich befehle Euch, kleidet Euch jetzt an und kommt mir auf den Ball nach! Ihr werdet gehorchen. Ich will nicht gezwungen sein, Euch nach Italien zurückzuschicken, Euch samt all diesen Blutegeln, die Ihr von Florenz mitgebracht habt!‹ – ›Blutegel! Blutegel!‹ schrie sie, keineswegs bezwungen, obwohl ihr Tränen aus den Augen schossen wegen des Schmerzes, den Sully ihrem Arm zugefügt hatte. – ›Und wie, Madame‹, fuhr der König, außer sich, fort, ›wie nennt Ihr dann diese Leonora Galigai und ihren Concino Concini? Es sieht doch so aus, Madame, als hätte Eure Herrschaft nur den einen Zweck, diese finsteren Habenichtse zu bereichern! Und die Franzosen zu mißachten, deren Königin Ihr seid! Ich wiederhole: wenn ich Euch nicht binnen einer Stunde auf dem Ball sehe, ist es um Euch geschehen.‹«
»Mein Gott! Mein Gott!« sagte Madame de Guise und rang verzweifelt die Hände, »sieht es so mit ihnen aus! Von Zwistigkeiten zwischen ihnen habe ich mehr als einmal gehört, aber daß es so weit geht! Die Hand gegen den König zu heben! Und der Königin zu drohen, sie zurück in die Toskana zu schicken! Was für ein schrecklicher Skandal, wenn sie nicht kommt! Denn leider ist sie ja störrischer als ein Esel, ich sage es mit allem schuldigen Respekt. Je törichter eine Entscheidung ist, desto mehr hält sie daran fest! Mein Gott, ich bin nicht zu beneiden. Mein Ball! Mein armer Ball wäre die Ursache eines für die ganze Christenheit furchtbaren Bruchs!«
»Madame«, sagte mein Vater, »lamentieren hilft nichts. Manmuß handeln. Schreibt auf der Stelle an die Königin, schwört ihr bei Eurer Ehre, daß die Marquise de Verneuil nicht bei Euch ist. Und auch nicht kommt. Und laßt Ihr den Brief durch Bassompierre überbringen. Er ist der einzige, der zu dieser Stunde im Louvre Zutritt zu ihr hat.«
»Mein Freund, wollt Ihr nicht schreiben?« sagte Madame de Guise flehentlich. »Mir zittert die Hand, so erschüttert bin ich.«
»Nein, nein, es muß Eure Hand und Euer Stil sein. Die sind
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