Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
und Bassompierre auftauchen, die mir beide mit breitem Lächeln ihre Hand auf die Schulter legten.
»Halt, mein Kleiner!« sagte Bassompierre. »Wohin so geschwind? Wir wollen wetten und brauchen Euch als Schiedsrichter.«
»Und um was geht die Wette?«
»Welche der beiden Favoritinnen der König jetzt zur Volte auffordern wird, die Comtesse de Moret oder Charlotte des Essarts?«
»Und woher wißt Ihr, daß es eine Volte sein wird?«
»Hauptmann de Praslin«, sagte Bassompierre, »hat mir soeben geflüstert, der König erwarte, daß ich die Königin zu der Volte auffordere, die Réchignevoisin gleich ausrufen wird. Sie wird mir die Ehre wohl nicht verweigern können.«
»Und warum?« fragte ich verwundert.
»Weil dieser schlaue Deutsche«, sagte der Prinz von Joinville, »eben immer die Güte hat, beim Kartenspiel mit ihr zu verlieren.«
»Und das ist kein kleines Verdienst«, sagte Bassompierre mit gedämpfter Stimme. »Es ist nicht leicht, gegen Ihre Gnädigste Majestät zu verlieren: sie spielt miserabel. Aber noch schwerer wird es jetzt bei der Volte, sie in die Höhe zu stemmen.«
»Trotzdem werdet Ihr es tun«, sagte Joinville.
»Trotzdem werde ich es tun, als braves Pfarrkind.«
»Wenn ich recht verstehe«, sagte ich, »vermutet Ihr beide, wenn Bassompierre die Volte mit der Königin tanzt, wird der König eine seiner Favoritinnen auffordern?«
»Das kann nicht ausbleiben«, sagte Joinville, »und ich wette, es ist die Comtesse de Moret.«
»Ich wette, es ist Charlotte des Essarts«, sagte Bassompierre unbeirrbar.
»Was ist der Einsatz?«
»Hundert Livres«, sagte Bassompierre.
»Meine Herren«, sagte ich, indem ich mich verneigte, »schlagt ein, ich bin Euer Schiedsrichter. Das Pfand wird dem Gewinner nach der Volte in meiner Gegenwart ausgehändigt.« Und mit der Entschuldigung, daß mein Vater mich rufe, verneigte ich mich abermals und verließ sie unverweilt, fest überzeugt, daß Bassompierre die feinere Nase habe und die Wette gewinnen werde, weil die schönen Reden, die der Erzbischof der Charlotte hielt, den König längst nicht so aufregen mochten wie die Belagerung der Moret durch Joinville. Der Erzbischof konnte von seiner Mutter an der Robe gezupft und gezügelt werden. Hingegen war es nach dem, was ichBassompierres Worten hatte entnehmen können, durchaus nicht sicher, ob Joinville die Festung nicht schon genommen hatte. In dem Falle würde Henri es der Moret sehr übel ankreiden, sich ergeben zu haben, und würde sie damit bestrafen wollen, daß er zuerst mit Charlotte tanzte. Ich erinnere mich, daß ich in meiner jugendlichen Gloriole mich sehr stolz fühlte auf dieses Ergebnis meiner Beobachtungen. Dabei war das Verdienst gering. Ich hatte nur gut zugehört, was man in meinem Beisein gesprochen hatte, aber auf der Höhe meines kleinen Wissens glaubte ich mich bereits äußerst erfahren.
Sobald mein Vater mich neben sich sah, bat er sein aufgeputztes Gegenüber um die Erlaubnis, mich ihm vorstellen zu dürfen, und auf dessen liebenswürdige Zustimmung hin machte er eine Verbeugung und sagte mit großem Respekt: »Herr Konnetabel, ich bin glücklich, Euch meinen Sohn vorstellen zu dürfen, den Chevalier de Siorac.«
Oho! dachte ich, während ich das Knie beugte, ist dies der berühmte Herzog von Montmorency, dem seine hohen Funktionen soviel Macht im Staat einräumen, daß der König eifersüchtig ist und nur auf den Tod des Betreffenden wartet, um seine Position ganz zu streichen?
Durch einen merkwürdigen Zufall hatte ich am selben Morgen im sechsten Band der Memoiren meines Vaters die Passage gelesen, in der er über den Ball spricht, den der Marschall de Biron im Jahr 1597 zu Ehren eines Kindleins gab, das die Herzogin von Montmorency zwei Jahre früher geboren und das der König wenige Tage zuvor übers Taufbecken gehalten hatte. Über die junge Herzogin von Montmorency schrieb mein Vater auf jenen Seiten, daß sie eine der schönsten Damen des Hofes war. Und er fügte hinzu, wenn Biron diesen Ball zu Ehren eines Kindleins gab, das ihn so wenig kümmerte wie ein schielendes Auge, so weil er nach der Mutter schielte, in die er sehr verliebt war und bei der er sich große Chancen ausrechnete, da der Konnetabel schon über sechzig war, obwohl doch kraftvoll und frisch genug, seiner jungen Gemahlin zwei Kinder zu machen: Charlotte im Jahr 1593 und Henri 1595.
»Ich weiß nicht«, sagte mein Vater hierzu, »ob Biron an seinem Vorhaben scheiterte oder nicht, aber wenn er nicht
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