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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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beklagen, doch sah ich wohl, daß ihre Reden nur den einen Zweck hatten, ihre Freude an meinen Blicken zu verlängern. Weit entfernt, mich reuig zu zeigen, begann ich nun, die Beredsamkeit meiner Augäpfel zu überbieten und ihr eine schamlose Lobrede auf die Gegenstände meiner Bewunderung zu halten.
    »Ach, der Herr Spitzbube!« sagte sie errötend, »Ihr müßt doch wahrhaftig schon ein großer Schürzenjäger sein, daß IhrEuch getraut, so zu einer wohlgeborenen Jungfer zu sprechen! Mein Gott, wenn Ihr so mit den Damen Eures Alters umgeht, wie soll das werden, wenn Ihr erst in meinem seid? Dann wird man Euch wohl die Augen verbinden, ein Pflaster auf den Mund kleben und die Hände fesseln müssen!«
    »Die Hände?« sagte ich, »aber die waren doch ganz unschuldig. Außer daß es sie heftig juckte, an die Stelle der Augen zu treten.«
    »Chevalier!« sagte sie, halb böse, halb geschmeichelt, »nun geht Ihr wirklich zu weit! Ich traue meinen Ohren nicht! Ihr habt die Stirn zu gestehen, es sei Euch beim Tanz mit einer Standesperson in den Sinn gekommen, ihren Busen zu berühren?«
    »Was ist Schlimmes daran, ich habe es doch nicht gemacht?«
    »Aber der Gedanke, Monsieur, allein der Gedanke!«
    »Oh, was den Gedanken angeht, Madame, dürft Ihr sicher sein, daß ihn heute abend mehr als einer gehabt hat, wenn er Euch nur sah! Angefangen mit meinem Vater.«
    »Wie? Euer Vater? Euer Vater auch?«
    Sie atmete tief und setzte mit einer Begier hinzu, die mich sehr spaßig anmutete: »Hat er es Euch gesagt?«
    »Er hat in meinem Beisein die Verdienste gelobt, die er aus nächster Nähe an Euch erkannt hatte.«
    »Verdienste! Kann man das Verdienste nennen? Ihr macht Euch lustig! Die Pest über Eure Unverschämtheit! Ich tanze heute abend nicht mehr mit Euch, soviel ist sicher!«
    »Das würde mich sehr betrüben. Bitte, Madame, nehmt doch ein etwas gewagtes Wort nicht übel. Was habe ich anderes getan, als laut zu sagen, was alle im stillen denken? Warum wollt Ihr mich für meine Offenheit bestrafen?«
    Da ich aber sah, daß aus den gemischten Gefühlen, die sie bewegten, sich eine gewisse Verärgerung Bahn brach, ließ ich den scherzenden Ton beiseite und setzte, da sie sich zum Gehen anschickte, hinzu: »Ist es meine Schuld, daß Ihr so schön seid?«
    Sogar die Marquise de Rambouillet hätte in dem Augenblick nicht sagen können, ob ich log oder aufrichtig war, weil ich es selbst nicht wußte. Alles, was ich wußte, war, daß ich nicht wollte, daß sie im Bösen von mir ging, denn ichverspürte doch ein bißchen Reue, daß ich sie, halb aus Spiel, halb aus Begehren wie ein junger Hund ins Ohr gebissen hatte.
    »Hört auf! Hört auf!« sagte sie und kehrte mir den Rücken. »Ihr seid abscheulich!«
    So unerfahren ich auch war, merkte ich doch, daß dies halb so böse gemeint war, wie es sich anhörte. Denn dasselbe hatte ich schon hundertmal zu hören bekommen, sei es von Greta, Mariette, Toinon oder von meiner lieben Patin. Ich befand also in meinem jugendlichen Gemüt, daß dies eine Redensart war, die Frauen zu Männern sagen, gerade weil sie nicht allzu böse auf sie sind, obwohl sie unbedingt so wirken möchten.
    Trotzdem war ich nicht ganz beruhigt, darum suchte ich in der Menge nach meinem Vater. Ich fand ihn, als er eben Madame de Guise verließ, mit der er die Sarabande getanzt hatte. Ich erzählte ihm meinen kleinen Streit mit Noémie de Sobol. Zuerst lachte er, aber nachdem er ein wenig nachgedacht hatte, sagte er: »Geht, wenn nicht in Blicken, so doch in Worten, mein Sohn, schonungsvoller mit diesem sanften Geschlecht um. Von Kind auf erzieht man es in der vollkommensten Heuchelei, und obwohl es dieselben Begierden hat wie wir und dasselbe Verlangen, diese zu befriedigen, fordert man von ihm eine Prüderie, die den Männern nicht abverlangt wird. Also sind die Ärmsten ihr Leben lang hin und her gerissen zwischen dem, was die Natur von ihnen will, und den Grimassen der falschen Scham.«
    »Ich habe soeben mit Eurer Patin getanzt«, fuhr er fort. »Sie ist außer sich.«
    »Euretwegen?«
    »Nein, nein! Wegen dieses Concino Concini! Er hat behauptet, er gehöre zum Gefolge der Königin, und hat sich dadurch Zutritt zum Ball verschafft, ohne geladen zu sein.«
    »Kann Madame de Guise ihn nicht hinausführen lassen?«
    »Das kann sie nicht. Sie würde sich mit Leonora Galigai überwerfen, die allmächtig ist in ihrem Einfluß auf die Königin.«
    »Woher kommt diese Macht? Weiß man das?«
    »Sie sind

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