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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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zurechtgelegt hatte. »Das will ich nicht. Das hast du auch nicht verdient. Ich –«
    »Zwei Leichen?«
    »Ja, zwei.« Seine Zwischenfrage brachte sie etwas durcheinander. Er hatte die beiden Leichenwagen doch als Erster von ihnen gesehen. Zwei Leichenwagen, zwei Leichen. Das war doch logisch.
    »Das ist ja eine Riesenscheiße«, sagte er.
    »Ja.«
    Einen Augenblick hörte sie nur das furchtbare Lied im Hintergrund. Als sie sich schon zu fragen begann, wann sie es davor zum letzten Mal gehört hatte, sagte er endlich wieder etwas. »Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, oder?«
    Der unsichere Klang seiner Stimme brachte sie beinahe dazu, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. »Auf keinen Fall. Wir holen das nach. Versprochen.«
    »Toll. Und, Jule?«
    »Ja?«
    »Mach dir keine Vorwürfe«, meinte er sanft. »Ich verstehe dich. Ich finde schon was, um mir die Zeit zu vertreiben. Bis dahin denke ich an dich, ja?«
    »Ja. Bis dann.«
    »Bis dann.«
    Jule wünschte, sie hätte ihm auch sagen können, dass sie an ihn denken würde. Sie wusste jedoch, wohin ihre Gedanken sie an diesem Abend eher versetzen würden als an Rolfs Seite: in ein kahles Vernehmungszimmer, in dem Gabriel Smolski einem wahnsinnigen Serienmörder sein Geständnis abnahm.

120
     
    »Ich habe sie nicht umgebracht«, sagte Erich Fehrs leise. »Sie war mein ein und alles.«
    Kommissar Smolski, der ihm an dem kleinen Tisch gegenübersaß, nickte. »Ich weiß. Das haben Sie mir schon erklärt, Herr Fehrs.«
    Fehrs runzelte die Stirn. Hatte er das? Ja, das stimmte. Ihm war kalt, und seine Hände zitterten. Er hatte gleich zu Beginn des Verhörs nach einem Bier gefragt, aber nur ein Wasser bekommen. Als ob ihm das helfen würde. Sie hatten ihm die Schnürsenkel aus den Schuhen gezogen, bevor sie ihn in die Zelle gebracht hatten, in der er auf Smolski wartete. Sie hatten Angst, er würde wieder versuchen, sich etwas anzutun. Nicht, weil ihnen etwas an ihm lag. Aber er musste ihre vielen Fragen noch beantworten. Danach war es ihnen bestimmt scheißegal, was mit ihm passierte. »Wie lange komme ich ins Gefängnis?«
    »Ich bin kein Richter«, sagte Smolski. »Vorausgesetzt, Sie sagen die Wahrheit, kriegen Sie für die Störung der Totenruhe und den ganzen Rest wahrscheinlich nur eine Geldstrafe.« Er bekam einen sonderbaren Zug um den Mund. »Ganz ehrlich, Herr Fehrs, ich kann verstehen, warum Sie das mit Ihrer Frau gemacht haben. Wenn es nach mir ginge, würden Sie dafür keinen Ärger kriegen. Aber ich habe einen Mörder zu finden, der die Leichen seiner Opfer mit Vorliebe auf Ihrem Grundstück vergräbt. Und somit haben Sie ein Problem.«
    »Damit habe ich nichts zu tun.« Er seufzte schwach. Ute hatte recht behalten. Er hätte Margarete woanders hinbringen sollen. Aber Ute hatte ja auch Schuld daran, dass die Dinge so gelaufen waren. Warum hatte sie ihm das Ganze damals nicht irgendwie ausgeredet? Stattdessen hatte die blöde Kuh auch noch einen Segen gesprochen, nachdem Margarete unter der Erde gewesen war. »Wissen Sie, was? Das Schlimmste ist, dass Sie ohne mich nicht einmal ahnen würden, dass es diesen Mörder gibt. Ich hätte mein Maul halten sollen.«
    Es dauerte einen Moment, bis Smolski die Erkenntnis dämmerte. »Der anonyme Tipp.« Er klang mit einem Mal durch und durch enttäuscht. »Das waren dann also Sie.«
    »Ja. Und das war schön blöd von mir.«
    »Wie haben Sie die Leiche überhaupt gefunden?«
    »Ich war mit meinem Hund im Wald.« Dieser Scheißköter. Erich schüttelte den Kopf. »Das Vieh hat ständig überall rumgewühlt. Wie ein Maulwurf. An dem Tag hat er furchtbar gekläfft dabei. Wissen Sie, warum? Aus Vorfreude. Weil er was Feines gefunden hatte. Hunde lieben Aas. Ich musste ihn richtig von dem Loch wegtreten, das er gegraben hatte. Und dann habe ich sie gesehen. Nur die Haare und einen Teil von ihrem Kopf. Ich dachte erst, ich wäre verrückt geworden. Vom Suff. Vom Alleinsein. Ich hab da bestimmt fünf Minuten gestanden und nur geglotzt. Da waren Würmer in ihrem Haar.« Er wischte sich über die Augen. Er brauchte einen Schnaps. »Ich hab den Hund nach Hause gebracht und an seiner Hütte festgekettet. Danach bin ich wieder hin. Ich hab mit einem Ast meine Spuren verwischt. Und dann … dann hab ich die falsche Wahl getroffen. Bin noch mal zurück, um die Plastiktüte festzuknoten. Damit Ihre Kollegen sie finden können.«
    »Das war nicht die falsche Wahl«, sagte Smolski ernst. »Ganz und gar nicht. Aber ich

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