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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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in seinem Mundwinkel steckte eine Zigarette. »Wollen Sie mir wieder vorwerfen, dass ich zu viel rauche?«
    »Nein. Eigentlich …« Es fiel ihr schwer, einen Einstieg ins Gespräch zu finden, weil er heute kein Grinsen zur Begrüßung für sie übrig hatte. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich Ihrem Partner begegnet bin.«
    »Mein herzlichstes Beileid.«
    »Er hat mir von den beiden neuen Leichenfunden erzählt.« Sie warf einen Blick von der Terrasse hinein in den Frühstücksraum und war jetzt froh, dass sie noch nichts gegessen hatte. »Ist Kirsten Küver dabei?«
    »Es ist noch zu früh, um –«
    »Um endgültige Gewissheit zu haben, schon klar.« Die hatte sie sich von ihm erhofft, aber daraus wurde wohl nichts. »Und die andere Leiche ist wirklich seine Frau?«
    »Ja.«
    »Sie haben Fehrs doch schon verhört, oder nicht?«
    »Bis eben um halb vier.« Er ließ sich in einen der Gartenstühle sacken. Sein Gesicht verzog sich zu einer langen Grimasse, als er gegen ein Gähnen ankämpfte. »Sein Anwalt fand das gar nicht lustig.« Er schnaubte. »Als ob mir das Spaß gemacht hätte …«
    »Haben Sie ihn nach Kirsten gefragt?«
    »Was glauben Sie denn?«, blaffte er.
    Sie verzieh ihm seine Ruppigkeit. Er musste bestimmt todmüde sein und gereizt. »Und?«
    »Er redet nicht viel. Nur über seine Frau.« Smolski schaute versonnen auf seine Hände. »Er sagt, sie wäre schon vorletztes Jahr im April gestorben. Er ist morgens aufgewacht, und sie lag tot neben ihm im Bett.«
    »Glauben Sie das?«, fragte Jule. Sie setzte sich neben ihn.
    »Ich will Ihnen jetzt keine Angst einjagen, aber das kommt häufiger vor, als man denkt.« Er zuckte die Schultern. »Ich meine, das wünschen sich ja die meisten Leute. Einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen. Also ja: Ich glaube ihm. Sie war in einem Alter, in dem ein Schlaganfall oder ein Infarkt nichts wirklich Ungewöhnliches ist. Und sie hat ihr ganzes Leben geraucht wie ein Schlot.« Er seufzte tief. »Fehrs sagt, er hätte nur das getan, was sie sich immer gewünscht hat: auf ihrem eigenen Grund und Boden beerdigt zu werden.«
    »Aber warum hat er dann allen im Dorf erzählt, sie hätte ihn verlassen?«, fragte Jule.
    »Erstens«, setzte Smolski zu einer Erklärung an, »hat er das nicht allen Leuten im Dorf erzählt, sondern nur denen, die seine Geschichte sofort weitergetratscht hätten.« Er deutete mit dem Daumen hinter sich. »Unsere bezaubernde Hausherrin da beispielsweise. Und zweitens können Sie sich in Deutschland nicht einfach auf Ihrem Grundstück beisetzen lassen. Selbst wenn es seit Generationen in Ihrem Familienbesitz ist. Da werden keine Ausnahmen gemacht. Und wenn doch, dann höchstens für eine Urne, und meistens muss man auch noch auf die Urne verzichten und darf gerade mal die Asche an einem schönen Plätzchen ausstreuen.«
    »Und seine Frau wollte auf keinen Fall eingeäschert werden«, schlussfolgerte Jule betroffen.
    »So war es.« Nun gelang ihm doch noch ein halbes Grinsen. »Wenn Sie mal nichts Besseres vorhaben und Ihren Verstand aufs Spiel setzen wollen, empfehle ich Ihnen das gründliche Studium deutscher Bestattungsgesetze.« Er sah sie an, und das angedeutete Grinsen verflüchtigte sich so schnell, wie es gekommen war, als schämte er sich dafür. »Es war ihm sehr ernst damit, die Wünsche seiner Frau zu respektieren. Er hat einen Sarg besorgt und einen Grabstein. Es gab wohl sogar eine Trauerfeier. Mit Gottes Segen. Die örtliche Pastorin –«
    »Ist seine Schwägerin«, brachte sie seinen Satz zu Ende. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und massierte sich vorsichtig die Magengegend. Irgendetwas stimmte hier nicht. Irgendetwas passte hier ganz und gar nicht zusammen.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Ein Mann, der so viel Liebe und Mitgefühl für seine Frau beweist … der nach ihrem Tod noch gegen alle möglichen Gesetze verstößt, nur um ihren letzten Wunsch zu erfüllen, fängt plötzlich an, irgendwelche anderen Frauen umzubringen«, wich sie seiner Frage aus. »Das ergibt alles keinen Sinn.«
    »Sie haben ein Talent dafür, den Finger in die Wunde zu legen«, sagte Smolski. »Ich will ehrlich zu Ihnen sein: Ich könnte mir kaum etwas Schöneres vorstellen, als diesen verdammten Fall sofort abzuschließen. Einfach zu sagen, wir haben zwei Mordopfer auf Erich Fehrs’ Grundstück gefunden, das halbe Dorf meint, ihm sei wegen seiner jähzornigen Art alles zuzutrauen, also ist er auch der Mörder. Aber Sie haben leider völlig

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