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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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für dich.«
    Molly stand auf. »Lucy, du holst dir jetzt Mütze und Mantel, und dann machen wir uns auf den Weg.«
    Am Tor zeigte Lucy das erste und einzige Zeichen der Angst vor der Trennung. Beattie kniete sich hin, um sie zu umarmen, worauf sich Lucy fest an sie drückte. »Kommst du ohne mich zurecht, Mummy?«
    Beattie kämpfte mit den Tränen. »Natürlich. Margaret leistet mir Gesellschaft, und ich muss ja auch arbeiten gehen.«
    Lucy küsste sie auf den Mund. »Ich male dir ein Bild.«
    »Unbedingt.«
    Dann halfen Henry und Molly ihr ins Auto und verabschiedeten sich ebenfalls. Kurz darauf bog der Wagen in die Hauptstraße und war verschwunden.
    Beattie stand schweigend da und vermisste Lucy schon jetzt. Sie sehnte sich danach, sie im Arm zu halten.
    Margaret berührte sie an der Schulter. »Keine Sorge, sie kommt ja wieder.«
    Sicher, sie käme wieder. Aber ein Teil von ihr würde immer Henry gehören, und der käme nie zurück.

[home]
    Vierzehn
    Z uerst glaubte Beattie, sie könnte sich nie daran gewöhnen, Lucy jeden Monat für eine Woche herzugeben, doch nach zwei Trennungen gelang es ihr besser. Noch immer musste sie mit den Tränen kämpfen, und bei der Rückkehr hüpfte ihr Herz vor Freude. Beim dritten Mal aber tat es nicht mehr ganz so weh, sie fürchtete keine schrecklichen Szenen und versuchte nicht mehr, sich Lucys Gesicht einzuprägen, als sähen sie einander zum allerletzten Mal.
    Mit Molly tauschte sie nie mehr als Höflichkeiten aus, und doch wuchs sie ihr zunehmend ans Herz. Ihre sanfte Freundlichkeit war aufrichtig. Beattie litt noch immer unter Eifersucht und der Sorge, Lucy könne Molly lieberhaben als sie, doch konnte sie unmöglich einen Groll gegen diese Frau hegen.
    Am schlimmsten war, dass Lucy jedes Mal weinte, wenn Henry sie nach Hause brachte, und fragte, ob sie nicht noch ein bisschen länger bei ihm bleiben könne. Doch nach wenigen Stunden hatte sie sich wieder eingewöhnt und wurde sehr anhänglich. Allerdings hörte sie nie auf, von Henry zu erzählen, von ihrem Zimmer im Haus in Hobart und den Spielsachen, die sie dort hatte.
    Dann kam der September, die Schafschur stand bevor. Auf Wildflower Hill würde es vor Helfern wimmeln, und es fiel zusätzliche Arbeit an. Alice bat sie, für diese Zeit ganz auf der Farm zu bleiben, damit Mikhail nicht ständig hin und her fahren musste. Dafür würde sie den doppelten Lohn erhalten.
    Also stand Beattie vor der Frage, was sie mit Lucy machen sollte. Sie konnte nicht von Margaret verlangen, dass sie sich die ganze Zeit um ihre Tochter kümmerte, und da Beattie auf einer Matratze bei Alice im Zimmer schlafen würde, konnte das Mädchen auch nicht bei ihr bleiben. Die Antwort war naheliegend: Lucy würde so lange bei Henry wohnen. Das nutzte er aus, um die geplanten zwei Wochen auf einen ganzen Monat auszudehnen, und Beattie blieb nichts anderes übrig, als zuzustimmen.
    Sie schob den Gedanken an die Trennung hinaus, doch dann war der Abend vor dem Abschied gekommen. In jener Nacht konnte sie nicht schlafen, lag neben Lucy im Bett und hatte die Hand auf den Rücken des kleinen Mädchens gelegt, um dessen warmen Körper zu spüren. Sie fand es furchtbar ungerecht: Sie musste sich nur deshalb von Lucy trennen, weil sie arbeiten musste. Hätte Henry von Beginn an richtig gehandelt … Aber nein, sie liebte ihn schon lange nicht mehr, und egal, wie reich oder moralisch unbedenklich er geworden sein mochte, war sie ohne ihn besser dran.
    Als Henry am nächsten Morgen kam, um Lucy abzuholen, war Beattie sehr erschöpft. Er kam ohne Molly, so dass Lucy neben ihm auf dem Beifahrersitz fahren durfte. Sie war so aufgeregt, dass sie sich gar nicht von ihrer Mutter verabschiedete. Beattie schaute dem Wagen hinterher und ging hinein, um den Karton für ihren Aufenthalt auf der Farm zu packen.
    Margaret beobachtete sie von der Tür des Dachbodens aus. Sie wirkte erregt, doch Beattie wusste nicht den Grund. Ihre Beziehung war längst abgekühlt, und sie ging ihr meist aus dem Weg.
    Schließlich konnte sie es nicht länger aushalten. »Was ist los, Margaret?«
    Margaret verschränkte die Arme vor der Brust. »Du willst dort bleiben?«
    »Ja, wir haben doch darüber gesprochen. Ich zahle weiterhin die Miete. Dann kannst du die Ruhe im Haus genießen.«
    »Weißt du eigentlich, worauf du dich einlässt?«
    »Ich werde wohl viel zu kochen und zu waschen haben. Wieso?«
    Margaret holte tief Luft. »Wann immer du von dort kommst, trägst du die

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