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Der Wind über den Klippen

Der Wind über den Klippen

Titel: Der Wind über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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seiner Jacke, als ob er fröre, dabei war das Zimmer gut geheizt.
    »Wie war das Verhältnis zwischen deinen Eltern? Haben sie sich oft gestritten?«
    »Was geht dich das an, verdammt!« Er trat gegen den Tisch.
    »Mutti ist keine Mörderin, und wenn ihr euch auf den Kopf stellt! Sie würde keinem ein Härchen krümmen, nicht mal so einem Kotzbrocken wie meinem Vater! Frag doch Tapsa, worüber er an Muttis Geburtstag mit Vater gestritten hat, in der Sauna. Frag ihn, wer zuerst zugeschlagen hat!«
    Er verstummte plötzlich, als wäre ihm bewusst geworden, dass er sich verplappert hatte.
    »In der Sauna? Wann war das? In der Nacht?«
    Ich musste meine Frage dreimal wiederholen, bevor Jiri wider-strebend sagte, die Auseinandersetzung habe am Nachmittag stattgefunden. Um Zeit zu sparen, waren zuerst die Frauen gemeinsam in die Sauna gegangen und hatten anschließend das Essen vorbereitet, während die Männer schwitzten. Jiri und Mikke hatten die Sauna als Erste verlassen, und als Juha und Tapsa nicht zum Essen erschienen, hatte Katrina Jiri geschickt, um sie zur Eile anzutreiben. Bei seinem Eintreffen war es in der Sauna hoch hergegangen.
    »Vater hat Tapsa angebrüllt, er sollte Riikka in Ruhe lassen.
    Tapsa hat ganz cool geantwortet, Riikka sei erwachsen und könne tun, was sie will. Ich bin nicht sicher, was er danach noch gesagt hat, aber dann klang es, als würden Holzscheite durch die Gegend fliegen. Mir ist nichts Besseres eingefallen, als reinzugehen und zu rufen, das Essen sei fertig. Gut, dass ich das getan hab, denn Tapsa hatte Vater eine reingehauen, dass er aus der Nase blutete. Sie haben dann aufgehört, aber vielleicht haben sie in der Nacht weitergemacht, wer weiß. Im Suff hat Vater gern Streit gesucht.«
    Tapio Holma mussten wir uns noch einmal vorknöpfen, aber vorher wollte ich mit Mikke sprechen. Vielleicht hatte er den Gegenstand, mit dem Juha Merivaara erschlagen worden war, gesehen oder gar beiseite geschoben, ohne zu ahnen, dass es sich um die Tatwaffe handelte.
    »Kann ich jetzt gehen? Wir haben um Viertel nach eine Eng-lischarbeit. Ich hab keinen Bock, die nachzuschreiben.«
    »Eins noch, Jiri. Was hältst du davon, wenn man Pelztiere aus ihren Käfigen befreit und sie dann in der freien Natur umkommen?«
    Jiri sah mich verwundert an, antwortete dann jedoch in schar-fem Ton.
    »Wenn der Tod von ein paar Tieren Hunderte rettet, weil die Züchter Pleite machen und aufhören, Tiere zu schlachten, dann ist das okay. Wieso? Ich war doch am Wochenende gar nicht in Turku, und ich weiß auch nicht, wer bei den Anschlägen auf die Pelztierfarmen mitgemacht hat. Aber selbst wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen. Scheiße, die Pelzfarmer haben gedroht, die Aktivisten umzulegen! Was sagt die Polizei denn dazu?«
    »Morddrohungen nehmen wir immer ernst«, sagte ich und musste beinahe lächeln, so ernsthaft und überzeugend war Jiris Aufbegehren. Er lehnte es kategorisch ab, sich von uns zur Schule zurückbringen zu lassen: Seinetwegen solle kein Auto die Luft verpesten. Von Kilo kam man auch mit dem Bus nach Espoonlahti, man musste allerdings dreimal umsteigen.
    Ich verzichtete auf eine Grundsatzdebatte, zumal mir der Magen knurrte. Sobald Jiri gegangen war, erklärte ich Koivu, dass ich noch einmal nach Rödskär wollte. Da es um sechs Uhr bereits dunkel wurde, mussten wir möglichst bald los. Koivu, zwei Kriminaltechniker und Mikke Sjöberg sollten mitfahren.
    »Wir versuchen ein Boot zu bekommen. Zieh nicht so ein Gesicht, nimm lieber gleich eine Tablette gegen Seekrankheit, damit die Wirkung rechtzeitig einsetzt. Aber zuallererst wird gegessen, komm, wir gehen in die Kantine.«
    Wir betraten den Flur, mein Magen knurrte schon fast so laut wie vorhin Jiris. Da stoppte uns plötzlicher Lärm im Vernehmungsraum vier. Gebrüll, Gepolter, Schläge.
    »Nein, Ström, nicht!« Puupponens Stimme klang verzweifelt.
    Wir sahen uns an und stürzten zur Tür. Koivu riss sie auf und stieß einen Fluch aus.
    Ström donnerte Ari Väätäinen die Faust ins Gesicht, während Puupponen vergeblich versuchte, ihn zurückzuhalten. Väätäinen hielt die Hand schützend vor die Nase, aus der schon das Blut schoss. Ström packte ihn an der rechten Schulter und stieß ihn gegen den Tisch. Gerade als er wieder zuschlagen wollte, eilten wir Puupponen zu Hilfe. Die beiden Männer fassten Ström an den Armen, ich packte ihn an der Taille.
    »Pertsa, Schluss jetzt!«
    Er wandte mir sein wutverzerrtes Gesicht zu. Auf

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