Der Wind über den Klippen
der großpo-rigen Haut stand Schweiß, sein Atem roch nach Alkohol.
»Was zum Teufel ist in dich gefahren?«
Es fehlte nicht viel, und ich hätte ihm meinerseits eine ge-scheuert. Jeder Polizeibeamte wusste, welche Folgen es hatte, wenn man einen Verhafteten bei der Vernehmung schlug. Ari Väätäinens Gesicht war eine formlose rote Masse. Die Nase war offenbar gebrochen, Blut tropfte auf die alten Vernehmungsprotokolle.
»Koivu, bring den Mann zum Arzt«, ordnete ich an und reichte Väätäinen einige Papiertücher aus der bereitliegenden Schachtel.
Vor Schmerz aufheulend, wischte er sich das Gesicht ab und sank in sich zusammen, als Koivu ihn an der Schulter fasste und hinausführte. »Die Fahrt nach Rödskär verschieben wir auf morgen!«, rief ich Koivu nach. Mit diesem Zwischenfall würden wir nämlich nicht so rasch fertig werden.
»Unterbrechung der Einvernahme um zwölf Uhr vier«, sprach Puupponen gemessen aufs Band und schaltete das Gerät ab.
Pertsa keuchte immer noch schwer, sein Brustkorb und der in den letzten Monaten dicker gewordene Bauch hoben und senkten sich im Rhythmus seiner Atemzüge.
»Was hat sich hier abgespielt?«, fragte ich Puupponen. Er sah Ström zögernd an, was mich überraschte, denn im Dezernat war er es, der Ström am glühendsten hasste und normalerweise keine Gelegenheit ausließ, dessen Fehler publik zu machen.
Es war Ström selbst, der mir antwortete. »Mir ist der Kragen geplatzt, als dieser verdammte Scheißkerl sich groß aufspielen wollte. Hör dir das Band an, ich hab keine Lust, dir alles zu erklären. Ich geh solange eine qualmen.«
»Komm anschließend hierher zurück«, sagte ich, in der Hoffnung auf die beruhigende Wirkung des Nikotins.
Auf meinen Wink spulte Puupponen das Band zurück. Bald darauf hallte Ari Väätäinens hasserfüllte Stimme durch den Raum.
»Die verfickte Hure hat behauptet, sie wäre bloß einkaufen gegangen. Schön, sie hatte zwei Liter Milch in der Tasche, aber zum Milchholen braucht man keine Stunde. Sie wollte mir weismachen, sie hätte mit einer Nachbarin gequasselt, aber ich weiß, dass sie lügt, verdammt nochmal! Die hat sich’s von einem Kerl besorgen lassen.«
»Deshalb hast du deine Frau verprügelt? Weil sie zu lange einkaufen war?« In Pertsas Stimme lag eine bedrohliche Wut, die selbst vom Band noch Angst einflößte.
»Sei bloß still, Ström, ich weiß genau Bescheid über deine Alte. Sie hat dich vor ein paar Jahren wegen einem anderen sitzen lassen, stimmt’s? Die Weiber sind Nutten, eine wie die andere, meine Alte lässt sich im Einkaufszentrum bum…«
An dieser Stelle brach seine Tirade ab, vom Band hörte man Gepolter, Schläge, Schmerzensschreie und Puupponens erschro-ckene Rufe. »Du Schwein, ich bring dich um!«, waren Ströms letzte Worte, bevor wir in den Vernehmungsraum gestürmt waren.
Puupponen erzählte, die Vernehmung sei sehr anstrengend gewesen. Nach Väätäinens Logik war er vollauf berechtigt, seine Frau zu schlagen, da sie sonst für jeden Mann, der ihr begegnete, den Rock heben würde. Er hatte sogar unumwunden gesagt, sie würde es nie wagen, sich von ihm scheiden zu lassen, weil er dann sie und die Kinder umbringen würde. Schon aufgrund dieser Aussagen musste es dem Staatsanwalt eigentlich gelingen, Väätäinen für einige Monate hinter Gitter zu bringen, zumal er oft genug rückfällig geworden war.
Doch so widerwärtig Väätäinen auch war, Ström hätte auf keinen Fall handgreiflich werden dürfen.
»Wir wissen ja alle, dass Ström nicht zum ersten Mal die Beherrschung verloren hat«, sagte Puupponen. Als seine Scheidung lief, war Ström zwei Wochen vom Dienst suspendiert worden, weil er bei einer Festnahme den Verhafteten mit den Handschellen an der Augenbraue verletzt hatte. Über geringfü-
gigere Gewalttätigkeiten im Dienst war die ganze Zeit gemunkelt worden, doch sie hatten keine Konsequenzen gehabt.
Diesmal würde es anders sein.
»Das können wir nicht unter den Teppich kehren«, sagte ich eher zu mir selbst als zu Puupponen. »Bist du bereit, bei der internen Ermittlung auszusagen?«
»Werden wir Ström endlich los?«, fragte er, doch in seiner Stimme lag keine Spur von Triumph.
»Darüber habe zum Glück nicht ich zu entscheiden, auch nicht über eine Suspendierung. Das ist Sache des Polizeichefs. Ich spreche zuerst mit Taskinen.«
Pertsa kam zurück, blieb aber an der Tür stehen und sah uns nicht an. Der süßliche Geruch war stärker geworden, entsetzt stellte ich
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