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Der Wind über den Klippen

Der Wind über den Klippen

Titel: Der Wind über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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fest, dass er die Gelegenheit genutzt hatte, noch mehr zu trinken.
    »Na, sind die Bosse noch nicht angetanzt?«, fragte er großspu-rig, doch in seinen Augen lag Furcht.
    »Noch nicht, aber dir ist doch klar, dass die Sache nicht unter uns bleiben kann.«
    »Na sicher. Die kleine Dezernatsleiterin trippelt zu Taskinen und weint sich über ihre schrecklichen Untergebenen aus.«
    »Du wirst mit mir trippeln und Puupponen ebenfalls.«
    Ich tippte Taskinens Nummer ein, zum Glück war er im Haus.
    Es bereitete mir keineswegs Genugtuung, Ströms Tat aufzude-cken. Für den Rest des Tages nahmen mich Besprechungen mit Taskinen und dem Polizeichef in Anspruch. Väätäinen, der außer der gebrochenen Nase noch einen Rippenbruch davongetragen hatte, hatte sich von Koivu nicht daran hindern lassen, bei einer Boulevardzeitung und der schleimigsten aller Regenbo-genillustrierten anzurufen. Die Reporter waren sofort auf die Story angesprungen, und damit blieb dem Polizeichef keine Wahl: Er musste Ström vom Dienst suspendieren.
    »In unserem Dezernat ist schon jetzt eine Stelle unbesetzt, wenn Ström ausfällt, kommen wir noch langsamer voran!«, brüllte ich. »Ich will einen Vertreter für Ström, und zwar morgen. Ich weiß, dass so schnell kein Kommissar aufzutreiben ist, aber mir genügt auch ein Kriminalmeister. Wir haben ein Kapitalverbrechen auf dem Tisch, womöglich einen Doppel-mord.«
    Erst als mir die Worte entschlüpft waren, merkte ich, was mein Unterbewusstsein mir da eingegeben hatte.
    Wahrscheinlich hatte ich nie ganz geglaubt, dass Harri verunglückt war. Ein erfahrener Ornithologe, der es gewohnt war, bei Wind und Wetter draußen zu sein, stürzte nicht einfach ab.
    Offenbar vermutete ich das Motiv für den Mord an Juha Merivaara doch nicht in Familienkonflikten. Er war von der Person ermordet worden, die auch Harri umgebracht hatte.
    Acht
    Am nächsten Morgen wurden Koivu und ich in der Kajüte eines großen Polizeiboots durchgeschaukelt. Der Südostwind ließ das Boot unangenehm rollen, wir hatten die Tabletten gegen Seekrankheit nicht umsonst geschluckt.
    Der Polizeichef hatte beschlossen, Ström vorläufig vom Dienst zu suspendieren. Das Kriminalamt würde die Voruntersuchung durchführen und Koivu, Puupponen und mich als Zeugen vernehmen. Am Abend hatten wir das zum Anlass genommen, etwas trinken zu gehen. Dazu hatte Koivu auch Anu Wang eingeladen. Ich hatte Antti vorher gesagt, ich würde nur zwei oder drei Bier trinken, weil aber ein paar Anisschnäpse hinzuge-kommen waren, hatte ich unruhig geschlafen und geträumt, wie Ström mit Harris Fernglas auf Juha Merivaara einschlug. Nun dröhnte mir der Kopf, zum Glück hatte mir die Bootsfahrt einen Vorwand geliefert, etwas gegen die Übelkeit zu nehmen.
    Koivus Kopf sackte an meine Schulter, offenbar schlief er. Ich hatte das »Pickwick« in Tapiola schon kurz nach zehn verlassen, um den letzten Bus noch zu erwischen, während die anderen bis Mitternacht geblieben waren. Wang, die nur wenig getrunken hatte, wirkte am Morgen frisch und energisch wie immer, aber Koivu und Puupponen sahen mitgenommen aus. Es kam mir heuchlerisch vor, Ström zu verurteilen, weil er im Dienst trank, wo wir nach dem gestrigen Besäufnis selbst nicht in bester Verfassung waren.
    Hakkarainen von der Technik, der mit uns in der Kajüte saß, warf einen belustigten Blick auf den dösenden Koivu. Der Taucher und der zweite Kriminaltechniker spielten in der Achterkajüte mit Tapio Holma Karten. Mikke Sjöberg saß an Deck und leistete dem Bootsführer Gesellschaft.
    Ich hatte außer Mikke auch Tapio Holma gebeten, uns zu begleiten, da er Juhas Leiche ebenfalls vor dem Eintreffen der Polizei gesehen hatte. Es war durchaus möglich, dass die beiden Männer gemeinsam die Tatwaffe versteckt oder ins Meer geworfen hatten, falls sie zum Beispiel den Verdacht auf eins der Kinder lenkte. Ich hoffte, außerhalb des Vernehmungsraums mehr aus Holma herauszubekommen.
    Am Morgen hatte ich es so eilig gehabt, dass ich Iida nur ganz kurz gesehen hatte. Daraufhin hatte sich das schlechte Gewissen gemeldet: Natürlich hätte ich den Abend zu Hause bei meinem Kind verbringen sollen, statt mit den Kollegen zu trinken, aber ich hatte ihre Gesellschaft nötig gehabt. Schließlich durfte ich nicht erwarten, dass Antti nachvollziehen konnte, was Pertsas Wutausbruch und seine Suspendierung bei mir auslöste. Bei meinen Kollegen war das etwas anderes. Deshalb hatten wir uns aneinander geklammert, und trotz aller

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