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Der Windsänger

Titel: Der Windsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Nicholson
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Ende?« 
    »Keineswegs«, entgegnete Kemba. »Das war und ist undenkbar. Der Krieg wird niemals zu Ende sein. Die Existenz Ombarakas hängt vom Krieg ab. Wir leben auf einer fahrenden Insel, um uns vor Angriffen zu schützen. Wir sind ein Volk von Kriegern, alle Ränge in unserer Gesellschaft sind militärische Ränge, und was das Wichtigste ist: Unser Oberhaupt, Raka von Baraka, ist ein Kriegsherr. Nein, der Krieg geht weiter. Nur das Blutvergießen hat aufgehört. Seit einer Generation ist kein einziger Krieger der Barakas oder Chakas mehr in einer Schlacht umgekommen.« 
    »Wie können Sie denn eine Schlacht austragen, in der niemand umkommt?« 
    »Mit Kriegsmaschinen.« Kemba zeigte aus dem Fenster. 
    Auf der anderen Seite des Exerzierplatzes ragten die Masten von Landseglern empor. »Unsere Kriegsflotte greift ihre Kriegsflotte an. Manchmal siegen wir, manchmal die anderen. Aber auf beiden Seiten sind keine Menschenleben in Gefahr. Die Korvetten, Zerstörer und Schlachtkreuzer fahren ohne Besatzung in den Kampf.« 
    »Also ist das alles bloß ein Spiel.« 
    »Nein, ganz und gar nicht. Es ist ein echter Krieg und wir kämpfen mit aller Leidenschaft eines echten Krieges. Es ist nicht einfach, das Außenstehenden zu erklären. Raka glaubt wirklich, dass seine Streitkräfte eines Tages Omchaka zerstören werden und er der alleinige Herrscher der Ebene sein wird. Wir alle glauben daran, sogar ich, in gewisser Weise. Wisst ihr, wenn wir nicht mehr daran glauben würden, müssten wir ein ganz anderes Leben führen, und dann wären wir keine Barakas mehr.« 
    »Aber deswegen müssen Sie uns doch wirklich nicht hängen, oder? So grausam und herzlos können Sie nicht sein.« 
    »O doch, das sind wir«, antwortete der Berater geistesabwesend, während er über das Problem nachdachte. »Was aus euch wird, ist mir völlig egal. Mir geht es allein um das Abkommen. Wenn die Chakas erfahren, dass wir Chaka-Spione gehängt haben, werden sie euch rächen, und dann fängt das Gemetzel wieder von vorn an.« 
    »Sehen Sie, Sie können uns nicht hängen.« 
    »Aber ganz Ombaraka weiß, dass ihr hier seid. Alle erwarten, dass man euch hängt. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr sie darauf brennen. Wir wurden alle dazu erzogen, Chakas zu töten, und nun haben wir nach all den Jahren endlich drei Chaka-Spione bei einem Sabotageakt erwischt. Natürlich müsst ihr gehängt werden.« Er schaute wieder aus dem Fenster und sprach mehr zu sich selbst als zu den Kindern. »Ich habe das Abkommen ausgehandelt, wisst ihr. Das war meine große Stunde.« Er tat einen langen, wehmütigen Seufzer. 
    »Sie könnten uns entkommen lassen.« 
    »Kommt nicht in Frage. Das wäre eine Schande für uns alle.« 
    »Sie könnten nur so tun, als ob sie uns hängen.« 
    »Wozu soll das gut sein? Dann behaupten die Chakas, wir hätten das Abkommen gebrochen, und das Morden fängt wieder an. Wenn die Täuschung misslingt, reißt euch das Volk von Ombaraka mit bloßen Händen in Stücke, und mich wahrscheinlich gleich mit. Bitte versucht vernünftige Vorschläge zu machen. Oder seid still und lasst mich selbst nachdenken.« 
    Also waren sie still. Nur das stete Knarren und Rumpeln war zu hören, während der Koloss Ombaraka durch die Wüste rollte. 
    Eine Weile später schlug sich der Berater mit der Hand an die Stirn. »Natürlich! Dass ich nicht eher darauf gekommen bin! Da ist die Lösung – genau vor mir!« 
    Bowman und Kestrel eilten zum Fenster, um zu sehen, was seinen Blick fesselte. Doch im Hof war niemand. Nichts schien sich verändert zu haben. 
    »Was denn?« 
    »Die Kriegsflotte! So können wir Gleiches mit Gleichem vergelten!« Er drehte sich zu ihnen um und sein alterndes Gesicht glühte förmlich vor Aufregung. »Ich wusste, dass mir etwas einfallen würde! Oh, wie überaus klug von mir! Hört zu.« 
    Am nächsten Tag solle eine Schlacht stattfinden, erklärte er ihnen. Die Flotte der Barakas würde ausgesetzt werden und mit der Flotte der Chakas zusammentreffen. Die bewehrten Landsegler würden mitten in der Wüste mit rasender Geschwindigkeit zusammenprallen und sich gegenseitig mit ihren rotierenden Klingen zerstören. Konnte es einen besseren Tod für die Saboteure aus Omchaka geben als in einer der Schlachtkorvetten hinausgeschickt und von der Chaka-Flotte zermalmt zu werden? 
    »Wisst ihr, was das Schönste daran ist? Euer Tod würde uns Barakas zufrieden stellen, aber ihr würdet von den Chakas getötet werden, und

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