Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
zündet sich eine Zigarette an. Sollen wir jetzt hier im Regen stehen und in die Läden hineinsehen, sollen wir die Leute anstarren, das stört doch den Betrieb. Nein, ich denke, wir können hineingehen, wir können uns aufteilen und das Verkaufspersonal unauffällig beobachten, danach treffen wir uns und schreiben unsere Beobachtungen auf, sagt die Blonde. Blödsinn, sagt Kurt. Ich gehe zuerst hinein, sagt die Blonde, ich komme gleich nach, sagt die Brünette, Maria, du gehst zum Schluss, sonst steht Kurt im Regen. Maria sieht, wie die Blonde den Supermarkt betritt und zwischen den Regalen verschwindet, sie sieht die Brünette, wie sie hineingeht und nach der Verkäuferin Ausschau hält. Die Brünette ist eine unangenehme Frau, denkt Maria, als sie mit Kurt unter dem Regenschirm wartet und sieht, wie die Brünette die Verkäuferin anspricht. Meinst du, kennen die sich, fragt Maria. Ich weiß es nicht, sagt Kurt und zieht an seiner Zigarette. Du rauchst nicht, fragt er, nein, nicht mehr, antwortet Maria, ich habe schon lange aufgehört. Kurts Arm berührt Marias Arm, und Maria tritt zur Seite. Kurt trägt eine dunkle Lederjacke, Kunstleder, denkt Maria, hier reißt es schon ein wenig auf. Blödsinn, so ein Blödsinn, sagt Kurt, die wollen uns nur für eine Weile loswerden, ich möchte kein Vorgesetzter sein, wieso soll ich beobachten, wie andere Menschen arbeiten. Maria antwortet, ich geh dann mal, bis gleich. Verhalte dich unauffällig, sagt Kurt und greift nach dem Regenschirm.
Im Supermarkt ist es ruhig. Eine ältere Frau schiebt ihren Einkaufswagen durch die Gänge, die Brünette steht zwei Meter vor der Käsevitrine und sieht der Feinkostverkäuferin zu, wie sie einen Mann bedient. Mit oder ohne, fragt die Verkäuferin. Mit, sagt der Mann, die Verkäuferin fährt mit einer Zange in das Essiggurkenglas und verteilt Essiggurkenscheiben auf der Wurst, dann klappt sie die Semmel zu. Die Brünette steht währenddessen hinter dem Mann und notiert etwas auf ihrem Zettel. Das ist eine unangenehme Situation, denkt Maria und geht in die Getränkeabteilung. Dort sortiert eine Verkäuferin auf einer Stehleiter Flaschen ins Regal. Entschuldigung, sagt sie, als sie Maria kommen sieht, und schiebt die Leiter zur Seite. Danke, sagt Maria. Die Verkäuferin trägt große goldene Ohrringe. Maria fährt mit dem Zeigefinger über die Flaschen, die Verkäuferin verschwindet mit der Leiter im Lager. Ihr seid alle verhaftet, schreit ein Mann in der Süßigkeitenabteilung. Ihr seid alle verhaftet, schreit er, und Maria geht einen Schritt zur Seite, um ihn besser sehen zu können. Im Lager rumpelt es, die Verkäuferin kommt heraus, wischt ihre Hände ab. Herr Josef, sagt sie, kann ich Ihnen behilflich sein. Der Mann hält eine Tafel Schokolade in der Hand, er ist beige gekleidet, die Schuhe sind braun. Sie brauchen noch Milch, Herr Josef, sagt die Frau, kommen Sie, warten Sie hier bei der Kassa auf mich, ich bringe Ihnen Milch, dann können Sie gleich bezahlen. Ihr seid alle verhaftet, murmelt der Mann, und Maria nimmt eine kleine Flasche Mineralwasser aus dem Regal.
Sollten wir auch etwas kaufen, fragt die Blonde, als sie wieder zu viert auf der Straße stehen und Maria ihre Wasserflasche öffnet. Ich denke nicht, antwortet Maria, aber ich bin durstig. Was für ein Blödsinn, sagt Kurt, die können doch nicht verlangen, dass wir Geld ausgeben. Wir sollen auch kein Geld ausgeben, sagt Maria, ich habe mir etwas zu trinken gekauft, weil ich durstig bin, möchtest du einen Schluck. Wasser ist in den Schuhen nicht gut und auch nicht im Magen, sagt Kurt. Du wirst nass, möchtest du dich wieder unterstellen, sagt Maria. Danke, sagt Kurt, danke. Also, was schreiben wir, fragt die Blonde, du hast gesagt, dass du schreibst, fragt die Blonde die Brünette, die schon Stift und Zettel bereithält. Supermarkt, Verkäuferin eins, Feinkostabteilung, sagt die Brünette, während sie schreibt:
Etwas dick, ein freundliches Gesicht, zieht Handschuhe über, wenn sie Wurst verkauft, nimmt sie allerdings nicht ab, wenn sie keine Kundschaft bedient
. Meint ihr, das ist richtig so, fragt die Brünette, und alle nicken:
Sie grüßt freundlich, aber sie lächelt nicht. Sie hat ihre Haare zu einem Zopf gebunden. Sie trägt Firmenkleidung, ihre Fingernägel sind nicht lackiert. Sie hat einem Kind ein Rad Wurst geschenkt
. Sollen wir das schreiben, fragt Maria, ich weiß nicht, ob das erlaubt ist. Wieso nicht, fragt die Brünette. Weiter, sagt Kurt, weiter. Ich
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