Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
Kaninchenfleisch, man muss die Beine an den abgezogenen Kaninchen lassen, sonst kann man sie nicht von den Katzen unterscheiden. Das Mädchen hält seine Hand über den Karton, die Ohren des Kaninchens zittern, als der Bus wieder anfährt, das Kaninchen bleibt geduckt.
Das Arbeitsmarktservice liegt in einer Seitenstraße. Maria steigt aus dem Bus, sie kennt den Weg, die Wohnbaugenossenschaft ist nicht weit von hier. Maria geht langsam, sie denkt: Wenn ich es möchte, bin ich unsichtbar. Lassen Sie die Arme hängen, drücken Sie die Schultern nach unten. Ein gutes Auftreten, sagte Herr Willert, ein gutes Auftreten, sagte er, es sieht mich niemand, nein. Das Arbeitsmarktservice ist ein weißes Haus, das grau geworden ist. Es ist noch Zeit, Maria beschließt, das Haus zu umrunden, die Fassung wieder zu gewinnen. Walter ging nicht gern spazieren. Wozu, sagte er, wir können doch das Auto nehmen. Der Block ist schnell umrundet, Maria denkt, gut, dass ich nicht mit dem Auto hier bin, als sie bemerkt, dass keine Parklücke frei ist, aber Maria hat kein Auto mehr, mit dem sie hierher fahren könnte. Sie verkaufte das Auto, nachdem Walter gestorben war. Ich brauche es nicht, sagte sie zu Angelika, und Angelika sagte, möchtest du nicht manchmal wegfahren. Mit wem und wozu, antwortete Maria. Mit Freundinnen, antwortete Angelika, an den See oder ins Möbelhaus.
Maria senkt den Kopf, als sie wieder beim Arbeitsmarktservice ankommt, ein Fenster im Wohnhaus gegenüber wird geöffnet, ein Mann stützt sich mit seinen Ellbogen auf einen Polster am Fensterbrett, er schaut regungslos. Maria geht schnell in Richtung Tür, ein anderer Mann kommt ihr entgegen, roter Vollbart, beige Jacke, ein weißgraues Gesicht, er wankt, und Maria weicht zur Seite. Sie nimmt die Hände aus den Manteltaschen, um die Tür zu öffnen, die eben wieder zugefallen ist.
Drücken
liest Maria auf einer Metallplatte an der Tür, die Metallplatte ist abgegriffen. Maria lehnt sich seitlich gegen die Tür, ohne mit den Händen die Fingerabdrücke derer zu berühren, die vor ihr hier waren.
Reinigungskraft gesucht
liest sie auf der Pinnwand im Vorraum, sie liest nicht weiter, sie möchte den Vorraum schnell hinter sich lassen, wo die Glaswand neben dem Computer mit noch mehr Fingerspuren übersät ist. Ich sehe nicht aus wie der Mann von vorhin, denkt Maria, nein, ich könnte auch hier arbeiten. Maria wartet hinter einer Frau mit Schal. Es könnte auch eine Hotelrezeption sein, denkt sie, und dann: Nein, das nicht.
In Zimmer 0.007 nimmt Maria Platz, als der Berater sagt, setzen Sie sich bitte. Maria hat den Berater zuvor durch das Fenster in der Tür beobachtet, als sie darauf gewartet hat, aufgerufen zu werden. Zimmer 0.007 befindet sich in der Servicezone. In die Servicezone kommt, wer seit kurzem arbeitslos ist. Vier Monate Servicezone, wer innerhalb dieser Zeit keine Arbeit findet, wartet vor den Türen der Beratungszone. Die Arbeitslosen in der Beratungszone werden den Beratenden nach Geburtsdaten zugeordnet, aber das wusste Maria nicht, als sie vor Zimmer 0.007 darauf gewartet hat, aufgerufen zu werden, auch nicht, als sie dem Berater gegenübersitzt, es spielt keine Rolle, würde sie denken, ich komme ohnehin nicht dorthin. Die Türen sind aus Holz, in das ein längliches Fenster eingelassen ist, der Türrahmen ist türkis. Eine junge Frau saß neben Maria, als sie vor Zimmer 0.007 wartete, und Maria dachte: In dieser Situation waren schon viele. Es wird nicht lange dauern, sie schreiben, das Schlimmste ist überwunden, sie schreiben, Erfahrung ist wichtig, Erfahrung habe ich, und schöne Hände. Maria hat überlegt, wie sie dem Berater die Hand schütteln wird, aber der Berater steht nicht auf, als Maria den Raum betritt. Er könnte mein Sohn sein, denkt sie, als sie ihm gegenübersitzt. Der Kaffeebecher auf dem Schreibtisch des Beraters, er ist aus Plastik, braunes Plastik mit weißem Rand, der an einer Stelle zerbissen ist. Auf dem Kalender neben dem Schreibtisch sind die Tage verzeichnet, die noch kommen, und die, die dieses Jahr schon waren, rot unterlegt die freien Tage. Der Berater stellt Fragen, er schaut Maria an, wie beim Arzt, denkt sie und schaut kurz in seine Augen und dann auf das Muster seines Strickpullovers. Er fragt: Haben Sie Kinder, haben Sie Betreuungspflichten. Maria sagt: Nein. Sie schaut auf die Tischplatte, und die Tastatur klappert, als der Berater tippt.
24 Es ist
Es ist, als hätte jemand die Vögel vom Himmel geschossen. Wie
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