Der Winterschmied
schrubbte sie gerade hingebungsvoll den Küchenboden.
»Äh... solltest du das nicht mit Magie machen, Schatz?«, fragte ihre Mutter, die nie richtig verstanden hatte, worum es bei Hexerei ging.
»Nein, Mama, das sollte ich eben nicht«, erwiderte Tiffany und schrubbte weiter.
»Aber kannst du nicht einfach winken und den Schmutz dadurch verschwinden lassen?«
»Das Problem besteht darin, der Magie klarzumachen, was Schmutz ist«, sagte Tiffany, während sie heftig einen Fleck bearbeitete. »Ich habe von einer Hexe in Eskrau gehört, die etwas falsch gemacht hat und dadurch den ganzen Fußboden, ihre Sandalen und fast einen Zeh verlor.«
Frau Weh schreckte zurück. »Ich dachte, eine Hexe fuchtelt einfach nur mit den Händen herum«, murmelte sie nervös.
»Das funktioniert«, erwiderte Tiffany. »Aber nur, wenn man mit einer Scheuerbürste auf dem Boden herumfuchtelt.«
Als sie mit dem Küchenboden fertig war, machte Tiffany unter der Spüle sauber. Sie öffnete alle Schränke, räumte sie aus, säuberte sie und stellte anschließend wieder alles hinein. Sie reinigte den Tisch, drehte ihn dann um und putzte auch die Unterseite. Sie wusch sogar die Tischbeine, auch an der Stelle, die auf dem Boden ruhte. Frau Weh nahm das zum Anlass, zu gehen und sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, denn hier ging es ganz offensichtlich um mehr als nur um gute Hausarbeit.
Sie irrte sich. Wie Oma Wetterwachs einmal gesagt hatte: Wenn man mit dem Kopf in der Luft herumlaufen will, muss man beide Beine fest auf dem Boden haben. Dielen schrubben, Holz hacken, Kleidung waschen, Käse machen - diese Dinge erdeten einen und zeigten einem, was real war. Man konnte einen kleinen Teil von seinem Bewusstsein darauf konzentrieren, und dadurch fanden die Gedanken Zeit, sich zu ordnen und zur Ruhe zu kommen.
War sie hier vor dem Winterschmied sicher? War das Hier vor dem Winterschmied sicher?
Früher oder später würde sie ihm wieder begegnen, einem Schneemann, der sich für einen Menschen hielt, mit der Macht einer Lawine. Magie konnte ihn nur eine Zeit lang aufhalten, und sie machte ihn zornig. Gewöhnliche Waffen kommen nichts gegen ihn ausrichten, und Tiffany besaß nur wenige außergewöhnliche.
Annagramma war voller Zorn auf ihn losgegangen! Tiffany wünschte sich, ebenso zornig sein zu können. Sie nahm sich vor, sie irgendwann aufzusuchen und ihr zu danken. Wenigstens brauchte sie sich in Hinsicht auf Annagramma keine Sorgen mehr zu machen. Die Leute hatten gesehen, wie sie sich in ein kreischendes, grünhäutiges Ungeheuer verwandelte. Eine solche Hexe konnten sie respektieren. Und wenn man Respekt bekam, hatte man alles.
Bevor es dunkel wurde, musste sie versuchen, Roland zu treffen. Sie wusste nicht, was sie ihm sagen sollte, aber das war in Ordnung, denn ihm würde es genauso gehen. Sie konnten ganze Nachmittage zusammen verbringen, ohne zu wissen, was sie sagen sollten. Vermutlich war er gerade im Schloss. Während Tiffany unter einem Stuhl sauber machte, fragte sie sich, womit er gerade beschäftigt war.
Es hämmerte an die Tür der Waffenkammer. Das konnten nur die Tanten sein. Die Tür bestand aus vier Schichten Eichenholz und Eisen, aber sie hämmerten trotzdem drauflos.
»Wir werden diese Aufsässigkeit nicht länger hinnehmen!«, sagte Tante Danuta. Auf der anderen Seite der Tür krachte es. »Kämpfst du da drin mit jemandem?«
»Nein, ich komponiere eine Flötensonate!«, rief Roland. Etwas Schweres rammte gegen die Tür.
Tante Danuta warf sich ins Kreuz. Vom Erscheinungsbild her ähnelte sie Fräulein Tick, aber sie hatte die Augen eines Menschen, der ewig beleidigt war, und ihr Mund verriet, dass sie an allem etwas zu mäkeln hatte.
»Wenn du nicht gehorchst, sage ich alles deinem Vater...«, begann sie und verstummte, als die Tür aufgerissen wurde.
Roland hatte eine Schnittwunde am Arm, sein Gesicht war rot, Schweiß tropfte ihm vom Kinn, und er keuchte. Mit zitternder Hand hob er sein Schwert. Hinter ihm, auf der anderen Seite des grauen Raums, stand die alte, sehr verbeulte Rüstung. Sie drehte den Helm, um die Tanten anzusehen. Ein quietschendes Geräusch erklang dabei.
»Wenn ihr meinen Vater zu stören wagt«, sagte Roland, während die Tanten die Rüstung anstarrten, »erzähle ich ihm von dem Geld, das in der großen Truhe in der Schatzkammer fehlt. Streitet es nicht ab!«
Für einen Moment - durch ein Blinzeln hätte man ihn verpasst - malte sich Schuldbewusstsein in Tante Danutas
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