Der Winterschmied
hübsches Seefahrerlied kann sicher nich' schaden. Un' Wullie, halt den Käse von mir fern. Es gefällt mir nich', wie er mich ansieht.«
»Er hat doch gar keine Augen, Rob«, sagte Wullie kleinlaut und hielt Horace fest.
»Eben drum«, erwiderte Rob verdrießlich.
»Horace wollte dich gar nicht fressen, Rob«, sagte der Doofe Wullie. »Und du warst so schön sauber, als er dich ausgespuckt hat.«
»Und woher weißt du, wie 'n Käse heißt?«, fragte Rob, während die Gischt über den Baumstamm schäumte.
»Er hat es mir gesagt, Rob.«
»Ach ja?« Rob zuckte mit den Schultern. »Na schön. Ich will mich mit 'nem Käse nich' auf Diskussionen einlassen.«
Eisbrocken tanzten im Fluss. Nanny Ogg wies Oma Wetterwachs darauf hin.
»All der Schnee sorgt dafür, dass die Eisflüsse wieder in Bewegung geraten«, sagte sie.
»Ich weiß.«
»Ich hoffe, man kann den Geschichten trauen, Esme«, sagte Nanny.
»Es sind uralte Geschichten. Sie haben ein eigenes Leben.
Sie sehnen sich nach Wiederholung. Wie der Sommer aus einer Höhle gerettet wird? Die ist sehr alt«, sagte Oma Wetterwachs.
»Aber der Winterschmied wird unser Mädchen jagen.« Oma beobachtete, wie die Wir-sind-die-Größten hinter der Flussbiegung verschwanden.
»Ja, das wird er«, sagte sie. »Und ich muss sagen, er kann einem fast leidtun.«
Und so segelten die kleinen blauen Männer heimwärts. Abgesehen von Billy Breitkinn konnten die Größten nicht einmal dann eine Melodie halten, wenn sie sich mit Händen und Füßen daran festklammerten, aber dieses kleinere Problem wich hinter einem größeren zurück: Sie scherten sich nicht darum, ob sie in der gleichen Tonhöhe, mit der gleichen Geschwindigkeit oder den gleichen Text sangen. Außerdem kam es bald zu kleinen Raufereien, was immer geschieht, wenn die Größten Spaß haben. Als der Baumstamm auf den Rand des Wasserfalls zuraste, wurde Folgendes von den Felswänden zurückgeworfen:
EinSchiff wird ein Schiff autschpassdochauf ein Schiff
Schiff wirdkommen wird einschiff kommen kriegstgleichwasaufdienase ein Schiffarrgh...« POTZBLITZzzzzz!«
Und mitsamt seiner Fracht kippte der Baumstamm über den Rand des Wasserfalls und verschwand zusammen mit dem Lied im Sprühnebel.
Tiffany flog den langen Walrücken des Kreidelands entlang. Es war jetzt ein weißer Wal, doch der Schnee schien hier nicht sehr hoch zu liegen. Der bitterkalte Wind, der ihn ins Tiefland wehte, blies ihn auch wieder fort. Hier gab es keine Bäume und nur wenige Mauern, an denen sich Schneewehen bilden konnten.
Als sich Tiffany ihrem Zuhause näherte, blickte sie auf die tiefer liegenden, geschützten Felder hinab. Die Lammungspferche waren bereits aufgebaut. Für diese Jahreszeit lag viel Schnee - und wessen Schuld war das? -, aber die Mutterschafe hatten ihren eigenen Zeitplan, ob nun Schnee lag oder nicht. Die Schäfer wussten, wie kalt es bei der Lammung sein konnte - der Winter gab sich nie kampflos geschlagen.
Sie landete auf dem Hof der Farm und richtete einige Worte an den Besen. Immerhin war es nicht ihrer. Er stieg wieder auf und sauste in Richtung Berge fort. Ein Besen findet immer den Weg nach Hause, wenn man den Trick kennt.
Es folgten das ein oder andere Wiedersehen, viel Gelächter, ein paar Tränen und die einhellige Meinung, dass sie wie eine Bohnenstange gewachsen und schon so groß wie ihre Mutter war. Hinzu kamen all die anderen Dinge, die man sagt, wenn man sich lange nicht gesehen hat.
Abgesehen von dem kleinen Füllhorn in ihrer Tasche hatte sie alles zurückgelassen: das Tagebuch, ihre Kleidung, alles. Das brauchte sie nicht. Sie war nicht vor etwas weggelaufen, sondern auf etwas zugelaufen, und hier war sie nun und wartete auf sich selbst. Sie spürte wieder ihren eigenen Boden unter den Stiefeln.
Tiffany hängte ihren spitzen Hut an die Tür und ging los, um den Männern beim Aufbau der Pferche zu helfen.
Es war ein guter Tag. Ein wenig Sonnenschein schaffte es, die Nebelschwaden zu durchdringen. Vor dem Hintergrund des weißen Schnees wirkten alle Farben hell, als ob der Umstand, dass sie da waren, ihnen einen besonderen Glanz verliehe. Das alte Pferdegeschirrr an der Stallwand glänzte wie Silber. Selbst die braunen und grauen Töne, die einst so trist gewirkt hatten, schienen jetzt lebendig.
Tiffany holte ihren Malkasten und ein paar Blätter kostbares Papier hervor und versuchte zu malen, was sie sah. Auch dabei gab es eine Art Magie. Alles drehte sich nur um Licht und Dunkel. Wenn man den
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