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Der Wissenschaftswahn

Der Wissenschaftswahn

Titel: Der Wissenschaftswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Sheldrake
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Objekte. [431] Danach möchte ich auf die Ansichten der Skeptiker zurückkommen.

Wie mir ein aufgeschlossener Wissenschaftler die Augen öffnete
    Telepathie bedeutet wörtlich »Fernfühlen«. Das griechische
tele
oder »fern« finden wir auch in Telefon und Teleskop, während
páthos,
das eigentlich »Leid« bedeutet, auch im Sinne von »Fühlen« gebraucht wird und in Wörtern wie Sympathie und Empathie enthalten ist.
    Ich bin im Laufe meiner naturwissenschaftlichen Ausbildung zum materialistischen Weltbild bekehrt worden und habe die übliche Einstellung zu Telepathie und anderen Psi-Phänomenen verinnerlicht: Ich habe das alles ungeprüft von der Hand gewiesen und das verfügbare Material für nicht lesenswert befunden. Während meines Aufbaustudiums am biochemischen Institut der Cambridge University kam dann jedoch einmal das Gespräch auf Telepathie, das war in der Teeküche des Labors. Ich wehrte ab, doch ganz in der Nähe saß Sir Rudolph Peters, früher Professor für Biochemie an der Oxford University und einer der Doyens der britischen Biochemie. Nach seiner Emeritierung setzte er seine Forschungen in unserem Labor in Cambridge fort, ein freundlicher Herr mit blitzenden Augen – und wissbegieriger als manch ein weitaus Jüngerer. Jetzt fragte er uns, ob wir uns schon einmal mit dem verfügbaren Material befasst hätten. Das mussten wir verneinen. Dann erzählte er, er habe selbst Forschungen zum Thema angestellt und sei zu dem Schluss gekommen, dass es sich um Vorgänge handele, für die es tatsächlich keine Erklärung gebe. Später erzählte er mir die ganze Geschichte und gab mir einen Artikel, den er dazu im
Journal of the Society for Psychical Research
veröffentlicht hatte. [432]
    Ein Freund, der Augenarzt E. G. Recordon, hatte einen kleinen Patienten, der stark behindert, geistig zurückgeblieben und fast blind war. Bei normalen Sehtests jedoch vermochte er die Buchstaben ganz gut zu lesen oder, wie es den Anschein hatte, zu erraten. Recordon sagte: »Mir ging nach und nach auf, dass gerade dieses ›Raten‹ besonders interessant war, und schließlich drängte sich mir der Gedanke auf, dass es irgendwie über seine Mutter lief.« Es zeigte sich nämlich, dass der Junge die Buchstaben nur lesen konnte, wenn seine Mutter sie anschaute. Gab es da eine telepathische Übertragung?
    Peters und Recordon führten ein paar vorbereitende Experimente in der Wohnung von Mutter und Sohn durch. Dabei waren die beiden durch einen Sichtschutz getrennt, so dass visuelle Kommunikation ausgeschlossen war. Dann wurden der Mutter eine Reihe von Karten mit Zahlen und Wörtern vorgelegt, die der Junge in vielen Fällen richtig erriet. Die Forscher fanden nichts, was auf Verständigung durch Geräusche oder subtile Bewegungen hindeutete. Es folgten zwei Experimente, die über das Telefon durchgeführt und aufgezeichnet wurden. Der Junge blieb zu Hause, während die Mutter in ein zehn Kilometer entferntes Labor gebracht wurde. Die Wissenschaftler hatten Karten mit beliebigen Zahlen und Buchstaben vorbereitet, die jetzt gemischt und dann eine nach der anderen der Mutter vorgelegt wurden. Dann hatte der Junge am anderen Ende der Leitung zu raten, um was es sich handelte, und die Mutter antwortete mit »richtig« oder »nein«. Dann kam die nächste Karte. Jede Ratephase dauerte immer nur ein paar Sekunden.
    Beim Buchstabenexperiment mit 26 Karten bestand eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 26 oder 3 , 8 Prozent, dass der Junge zufällig den richtigen Buchstaben treffen würde. Er riet jedoch in 38 Prozent der Fälle richtig. Wenn er falsch riet, bekam er einen zweiten Versuch, und dabei traf er in 27 Prozent der Fälle den richtigen Buchstaben. Auch bei den zufälligen Zahlen riet er weitaus öfter richtig, als nach der Zufallswahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Die Chancen dafür, dass es zu diesen Ergebnissen durch Zufall gekommen war, standen eins zu mehreren Milliarden. Peters befand, es müsse sich um einen Fall von echter Telepathie handeln, ungewöhnlich stark ausgebildet, weil der Junge extrem hilfsbedürftig war und die Mutter ihm von ganzem Herzen helfen wollte. [433] Peters merkt an: »Die Mutter war emotional ganz und gar darauf eingestellt, ihrem zurückgebliebenen Sohn zu helfen.«
    Mir wurde später immer deutlicher, dass Telepathie meist zwischen Menschen vorkommt, die besonders stark miteinander verbunden sind – Eltern und Kinder, Ehepartner, gute Freunde. [434] Peters’ Experiment war insofern

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