Der Wissenschaftswahn
zählen ist. Unser Bewusstsein wohnt im Raum des Möglichen, und die Sprache weitet diesen Raum des Möglichen ganz erheblich. Denken Sie etwa an eine Geschichte, die Sie hören. Unser Geist kann mit Möglichkeiten spielen, die weit über unseren eigenen Erfahrungsraum hinausgehen. Der bewusste Geist trifft seine Wahl unter den verschiedenen Möglichkeiten, und durch die Wahl wird eine Möglichkeit in objektive beobachtbare Aktion in der äußeren Welt überführt. Der Zeitpfeil der Kausalität ist in diesem Fall von der Zukunft aus rückwärts in die Gegenwart gerichtet. Der Ziele und Zwecke setzende Geist wirkt hier als finale Ursache.
Damit eine Wahl getroffen werden kann, muss der Geist über alternative Möglichkeiten verfügen, die alle zugleich existieren. Der Physiker Freeman Dyson schreibt: »Die Prozesse des menschlichen Bewusstseins unterscheiden sich nur graduell und nicht grundsätzlich von den Entscheidungen zwischen verschiedenen Quantenzuständen, die wir als ›zufällig‹ bezeichnen, wenn sie von Elektronen getroffen werden.« [425]
Nach der Hypothese der morphischen Resonanz werden alle selbstorganisierenden Systeme – zum Beispiel Eiweißmoleküle, Schirmalgenzellen, Karottenpflanzen, menschliche Embryonen und Vogelschwärme – durch morphische Resonanz mit früheren ähnlichen Systemen geformt und entlang von Chreoden in Richtung ihrer Attraktoren gezogen. Ihr bloßes Vorhandensein zeugt von der unsichtbaren Gegenwart sowohl der Vergangenheit als auch der Zukunft. Geist ist nicht aufgrund seiner Verschiedenheit von gewöhnlicher Materie, sondern als selbstorganisierendes System in der Zeit ausgebreitet. Alle selbstorganisierenden Systeme haben diese Zeitdimension, sie werden durch morphische Resonanz mit der Vergangenheit geformt und von in der Zukunft liegenden Attraktoren angezogen.
Was könnte daraus folgen?
Den Geist aus seiner Gefangenschaft im Kopf zu befreien, das ist wie das Ende einer Gefängnisstrafe. Die meisten Menschen sind allerdings schon heimlich ausgebrochen. Sogar die meisten Materialisten sind privat keine echten Materialisten, sondern setzen sich einfach über das materialistische Glaubensbekenntnis hinweg. Sie glauben nicht ernsthaft, dass ihr Kopf den ganzen Himmel einschließt. In der Praxis erweisen sie sich als Dualisten und glauben an ihre Entscheidungsfreiheit.
Wer seinen materialistischen Glauben ernst nimmt, sollte sich eigentlich als Roboter ohne freien Willen sehen. Manche möchten das sogar, sie möchten sich als Automaten erfahren. So erzählte der Psychologe Kevin O’Regan seiner Mitmaterialistin Susan Blackmore: »Schon als Kind wollte ich immer ein Roboter sein. Eine der großen Schwierigkeiten des menschlichen Lebens besteht meiner Meinung nach darin, dass sich in diesem Leben immer unbeherrschbare Wünsche herumtreiben. Wenn man die in den Griff bekommen und eher wie ein Roboter sein könnte, wäre man viel besser dran.« Er sah auch alle anderen Menschen als Roboter, »nur dass sie sich mit der Illusion herumschlagen, sie seien es nicht«. Susan Blackmore gab jedoch zu bedenken, ein Roboter mit Gefühlsregungen, die er zu beherrschen vermag, müsse wohl ein ziemlich ungewöhnlicher Roboter sein. [426] O’Regan ist insofern eine Ausnahme, als er die materialistische Theorie auf sein Privatleben ausdehnt, doch auch er muss sein Roboter-Ich mit dem Wunsch nach Beherrschung seiner Gefühle ausstatten, und das setzt natürlich bewusste Erfahrung und Entscheidungsfähigkeit voraus.
Materialismus ist nicht sehr überzeugend, wenn man die eigene Erfahrung einbezieht. Aber er ist nun mal das Credo der etablierten Naturwissenschaft und deshalb von ungeheurem Einfluss. Viele gebildete Menschen geraten in dieses Dilemma und versuchen es dadurch zu lösen, dass sie im wissenschaftlichen Diskurs den Materialisten geben, während es ihnen im Privatleben nicht einfallen würde, ihre bewusste Erfahrung und Wahlfreiheit in Frage zu stellen.
Eine Feldtheorie von Geist und Körper würde uns aus dieser Pattsituation befreien. Der Geist ist sehr eng mit Feldern verknüpft, die räumlich und zeitlich über das Gehirn hinausgehen: mit der Vergangenheit durch morphische Resonanz und mit der virtuellen Zukunft durch Attraktoren verbunden.
Fragen an Materialisten
Wenn Sie zum Himmel aufblicken, glauben Sie dann, dass der Himmel in Ihrem Kopf ist, da Sie ihn ja sehen? Reicht Ihre Schädelhöhle weiter als der Himmel?
Haben Sie je den Blick eines Menschen im Rücken
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