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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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aus dem Lehrbuch – ich hatte als gerade flügge gewordener Anspruchsregler einen Grundkurs in der Behandlung schwieriger Fälle erhalten –, aber nur einer unter Millionen konnte die Lehrbuchregeln so kunstgerecht, geschickt und erfolgreich anwenden, wie Defoe es gerade bei Zorchi getan hatte. Bedränge einen Menschen hart, und er wehrt sich. Bedränge ihn lange und hart genug, so wird er sich so sehr und so weit wehren, daß er sich unversehens in genau der Position befindet, in der man ihn von vornherein haben wollte. Und ich war – natürlich – nur das Werkzeug in Defoes Händen gewesen. Dadurch, daß ich für Zorchi eingetreten war, hatte ich ihn in genau jene Kapitulation manövriert, die Defoe vorausgeplant hatte.
    Und dazu hatte er mir nun gratuliert!
    Unwillkürlich aber fragte ich mich, ob dieses Kompliment nicht Teil einer noch viel subtileren Planung Defoes war …
    Am Tor nickte Defoe dem Hauptmann der Expedienten knapp zu. Der salutierte und betätigte den Fernruf, der Defoes Limousine herbeibefahl. Defoe wandte sich mir zu und sagte: »Ich habe Geschäfte in Rom und reise sofort ab. Da ich nicht hier sein werde, müssen Sie heute nachmittag Zorchis Suspendierungspapiere unterschreiben. Dazu müssen Sie noch einmal zur Klinik zurück, danach können Sie mit Ihrer neuen Mission beginnen.«
    »Was … wo soll ich beginnen?« fragte ich unsicher.
    Eine Augenbraue hob sich leicht. »Wo? Wo immer Sie es für richtig halten, Thomas. Soll ich das selbst erledigen?«
    Die richtige Antwort, und die, die ich am liebsten gegeben hätte, wäre »ja« gewesen. Statt dessen sagte ich: »Keineswegs, Mr. Defoe. Nur wußte ich nicht das geringste davon, daß es überhaupt eine Untergrundbewegung gibt, bis Sie es vorhin erwähnten. Ich weiß nicht genau, wo ich anfangen soll, Gogarty hat niemals erwähnt …«
    »Gogarty«, unterbrach er mich, »wird seine Stellung als Regional-Direkter wahrscheinlich bald los sein. Ich möchte ihn durch jemanden ersetzen, der bereits an Ort und Stelle ist …« Er warf mir einen kurzen Blick zu, um sicherzugehen, daß ich ihn auch verstand. »Vorausgesetzt natürlich, daß ich jemanden finde, der eine entsprechende Kompetenz und Qualifikation nachweisen kann. Es muß jemand sein, der in der Lage ist, diese Situation zu meistern, ohne daß mein persönliches Eingreifen nötig wird.«
    Dann kam die Limousine an, ein bewaffneter Expedient hatte neben dem Fahrer Platz genommen. Defoe gestattete mir, ihm die Tür zu öffnen und nach ihm einzusteigen.
    »Sie verstehen mich?« fragte er, als der Chauffeur losfuhr.
    »Ich glaube schon«, antwortete ich.
    »Gut. Gogarty hat Ihnen vermutlich keine Informationen über die Unzufriedenen und Aufsässigen in diesem Bezirk gegeben.«
    »Nein.«
    »Das kann vielleicht nur nützlich sein; seine Informationen sind erwiesenermaßen nichts wert.« Er starrte nachdenklich aus dem Fenster und auf die schweigenden Gruppen von Menschen, die auf der Grasfläche vor der Klinik standen. »Dort sind Ihre Informationen«, sagte er, als wir sie nicht mehr sehen konnten. »Versuchen Sie soviel herauszufinden wie Sie können. Handeln Sie, wenn Sie genug wissen. Und, Thomas …«
    »Ja?«
    »Haben Sie schon über ihre Zukunft nachgedacht?« Ich rückte unbehaglich und beunruhigt auf meinem Sitz hin und her. »Na ja, wie Sie wissen, bin ich erst seit kurzem Anspruchsregler. Ich nehme an, daß ich vielleicht möglicherweise befördert, vielleicht sogar Regional-Direktor werden könnte …«
    »Stecken Sie Ihr Ziel höher«, riet er mir.
     
    Defoe hatte die Gabe, andere Menschen für etwas zu begeistern. Als ich am Eingang des Hotels ausstieg, um mir dort ein Zimmer zu nehmen und mich etwas frisch zu machen, sah ich seiner Limousine nach, bis sie meinen Blicken entschwunden war.
    Das Ziel höherstecken.
    Höher als ein Regional-Direkter – das konnte nur eines bedeuten: das Hauptbüro! Nun ja, das war letzten Endes nicht unmöglich. Auch die Führungspositionen dort mußten von irgend jemandem übernommen werden; die Supermänner, die momentan in ihnen saßen, die Defoes und Carmodys und das Dutzend oder mehr anderer, die Abteilungsleiter oder Vorstandsmitglieder, konnten nicht ewig leben. Die Posten mußten immer wieder besetzt werden.
    Warum nicht mit mir? Eigentlich … gab es da nur einen Grund. Ich war nicht auf eine Karriere vorbereitet worden, hatte nicht die Akademieausbildung vom Jünglingsalter an genossen. Ich war erst relativ spät in meinem Leben in

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