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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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die Pflicht, sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Wenn es irgendeine Chance gibt, Defoe daran zu hindern, Herrscher der Welt zu werden, muß ich sie wahrnehmen. Tom, wenn Sie mich in die Lage versetzen, die anständigen und ehrlichen Aufsichtsräte der Gesellschaft wieder zusammenzubringen, können wir die Gesellschaft wieder so aufbauen wie sie war …«
    »Warum? Damit dies alles noch einmal passiert?«
    Er sah Rena schockiert an. Ihre Frage hatte ihn sichtlich erschüttert. »Aber … ich kann es Ihnen nicht verübeln, daß Sie verbittert sind, Miss dell’Angela. Aber wenn Defoe beseitigt ist …«
    »Die Gesellschaft hat Defoe erst möglich gemacht. Ja, sie hat ihn und Slovetski unvermeidbar gemacht«, erklärte ich ihm gerade heraus. »Das ist ihr eines, großes Verbrechen. Wann immer man die Massen völlig der Macht beraubt, konzentriert sie sich in immer und immer weniger Händen. Die Beispiele aus der Geschichte, über die ich letzte Nacht gelesen habe, beweisen das. Carmody, was wissen Sie über Ihre eigene Gesellschaft? Oder über die Welt? Was ist mit dem naturwissenschaftlichen Fortschritt geschehen, seit die Gesellschaft die Macht auf sich konzentriert hat?«
    »Wieso … wir haben ihn ein bißchen … abgebremst. Das mußte sein. Wir konnten nichts riskieren …«
    »Genau. Sie konnten keine Forschung riskieren, die die Lebenserwartung verlängern würde – zu viele Pensionäre. Sie konnten es nicht riskieren, zum Mars zu fliegen – unvorhersehbare Gefahren. Sie mußten die Welt so formen, daß sie in die statistischen Diagramme paßte. Ich habe miterlebt, wie einer der ersten Suspendierten wiederbelebt wurde. Er erwartete Dinge, die wir schon vor fünfzig Jahren vollbracht haben könnten … und nie vollbringen werden, wenn wir so weitermachen wie bisher. Wie viele Menschen arbeiten sich heute aus ihrer Kategorie in die nächste empor? Und warum haben wir überhaupt noch so starre Kategorien, was besonders für die unteren gilt? Ich habe ihre eigenen, fast fünfzig Jahre zurückliegenden Reden gelesen. Ich habe sie hier, zusammen mit einigen Tabellen. Möchten Sie sie sehen?«
    Still nahm er die Papiere entgegen und fing an, sie durchzugehen; seine Erschütterung machte einer widerwilligen Erkenntnis Platz. Vielleicht hätte er sich ohne den Schock, den sein Erwachen ihm bereitet hatte, lachend darüber hinweggesetzt, aber man konnte über nichts mehr einfach hinweggehen, während sich draußen die Hölle zusammenbraute. Schließlich blickte er auf.
    »Tom, ich gebe zu, es ist oft vorgekommen, daß ich mir Gedanken und Sorgen gemacht habe. Unzählige Male habe ich in Erwägung gezogen, die Forschungsprogramme wieder anlaufen zu lassen. Ich war mir bewußt, daß die Abhängigkeit von der Gesellschaft viel zu groß wurde. Aber wir können sie nicht einfach auf die Müllhalde werfen. Sie hat die großen Kriege beseitigt, als diese ein Vernichtungspotential aktivieren konnten, das ausreichte, die ganze Welt zu vernichten. Sie hat aufgezeigt, daß niemand hungern muß – daß kaum jemand auf das Lebensnotwendige verzichten oder wegen mangelnder Fürsorge sterben muß.«
    »Man kann ihre unkontrollierte Macht verwerfen und zunichte machen.« Ich wußte, daß ich keine fertigen Antworten hatte. All das war langsam in mir gewachsen, seit ich herausgefunden hatte, daß Benedetto ein politischer Gefangener war. Aber selbst ein ganzes Leben würde nicht reichen, um es zu Ende zu denken, auch mit den Büchern nicht, die ich gefunden hatte.
    Aber ich mußte es versuchen. »Im frühen Mittelalter waren Moral und Politik eng miteinander verknüpft, Carmody. Die Kirche war die beherrschende Kraft. Und das war nicht gut – es erwies sich schließlich als nötig, Kirche und Staat zu trennen. Vielleicht läßt sich dasselbe auf Politik und Wirtschaft anwenden. Die Gesellschaft hat gezeigt, was wirtschaftlich machbar ist. Die Kirche hat als große moralische Kraft ohne materielle Gewalt überlebt. Jetzt wollen wir mal sehen, ob wir das nicht ins richtige Verhältnis setzen können.
    Es gibt da ein Vorbild. Die Vereinigten Staaten waren – in ihrem alten Regierungssystem – auf der Idee des Gleichgewichts der Kräfte aufgebaut: ein vom Volk gewählter Kongreß, der die gesetzgeberischen Aufgaben wahrnahm, ein ebenfalls gewählter Präsident, der die Verwaltung und die Exekutivgewalt übernahm und eine im wesentlichen unabhängige Justiz. Im Weltmaßstab, der heute möglich ist, da die Gesellschaft die Welt

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