Der Wohlfahrtskonzern
fleischige Wange. »Ich dachte, es sei Ihnen gegenüber nicht fair, wenn ich ein Mädchen bei mir habe und Sie nicht. Susan hatte versprochen, jemanden mitzubringen, aber die hier lief mir gerade im rechten Moment über den Weg, und sie sagte, daß sie Amerikaner möge. Ich habe ihr erzählt, daß Sie mit ihrem Fall befaßt sein würden.« Diesmal blinzelte er bestimmt. »Ich glaube selbstverständlich nicht, daß Sie sich durch irgendeine, nun, persönliche Beziehung, falls Sie eine anknüpfen sollten, beeinflussen lassen. Ach – noch was Sonderbares: Sie schien sich an Ihren Namen von früher her zu erinnern.«
Das war ein Hammer! »Wie war das?«
Gogarty zuckte mit den Schultern, so gut er es mit seinen fünfundvierzig Zentimetern durchgehender Schultermasse konnte. »Na ja, sie sprach sofort darauf an. ‚Thomas Wills’, sagte ich. Sie war vorher ganz schön reserviert, wenn nicht ablehnend gewesen, aber dann taute sie schnell auf. Vielleicht mochte sie auch nur den Namen, aber sie sagte mir ja auch, daß sie Amerikaner mag.«
Ich räusperte mich. »Mr. Gogarty«, sagte ich bestimmt, »bitte, damit wir uns richtig verstehen: Sie sagen, der Vater des Mädchens habe irgendwelche Schwierigkeiten, und deuten an, daß sie mich kennt. Was ich wissen möchte, ist, ob Sie jemals irgendeinen Bericht bekommen oder irgendein Gerücht gehört haben, daß sie glauben läßt, ich würde eine der gegen unsere Gesellschaft arbeitenden Gruppen auch nur im geringsten unterstützen. Ich weiß, daß es da Geschichten gege…
Er unterbrach mich. „Davon habe ich nichts gehört«, sag te er entschieden.
Ich zögerte. Es schien eine gute Gelegenheit zu sein, mich Gogarty anzuvertrauen; ich wollte gerade dazu ansetzen, als er von Susan weggerufen wurde: »Ein wichtiger Anruf, Mr. Gogarty!« Mit einem Gefühl der Enttäuschung sah ich ihn davonwatscheln.
Eigentlich hatte ich ja nichts Schlimmes getan. Auf jeden Fall hatte ich es nicht beabsichtigt. Und die Umstände erklärten es auch, zum Teil jedenfalls … Aber es war alles längst vorbei, und …
Und nichts. Ich sah den Tatsachen ins Gesicht. Ich hatte drei volle Wochen verbracht, in denen ich fast bis zur Bewußtlosigkeit betrunken war, hatte getobt, gerast, war herumgetaumelt und hatte jedem, der mir zuhörte, erklärt, die Gesellschaft sei böse, die Gesellschaft sei mörderisch, die Gesellschaft habe meine Frau getötet. Das war nicht zu bestreiten. Und ich hatte dem Ganzen die Krone aufgesetzt, als ich einen Ziegelstein durch das Fenster des Zweigbüros warf, das für uns zuständig war. Es war nur die dumme Tat eines Betrunkenen, sagte ich mir immer wieder selbst. Aber es war eine Dummheit, die mich ins Gefängnis brachte, die auf all meinen Policen und dem vertraulichen Teil meiner Beschäftigungsunterlagen vermerkt worden war. Ich wäre in ernsthaften Schwierigkeiten gewesen, wenn nicht Direktor Defoe, ein entfernter Verwandter meiner Frau, eingegriffen hätte.
Er war es, der mich aus dem Gefängnis holte. Er hat mir nie erzählt, wie er herausgefunden hat, daß ich im Gefängnis war. Er tauchte auf, las mir die Leviten und holte mich heraus. O ja, er hat mir hinterher ganz schön die Hölle heiß gemacht, aber er stellte die Kaution und holte mich heraus. Er sagte mir, ich würde mich wie ein Kind benehmen – und überzeugte mich davon, das es so war, was schlimmer war. Und als er überzeugt war, daß ich mich aufgerappelt und wieder alle fünf Sinne beisammen hatte, setzte er sich persönlich dafür ein, daß ich als Anspruchsregler-Anwärter die Schule der Gesellschaft besuchen durfte.
Ich war meinem ehemaligen angeheirateten Verwandten, dem Direktor Defoe, zu tiefem Dank verpflichtet.
Während ich über die Ereignisse nachdachte, war Gogarty zum Telefonieren weggegangen. Als er zurückkam, machte er einen unglücklichen Eindruck. »Hammond«, sagte er bitter, »er wird vermißt. Sagen Sie, war er betrunken, als Sie ihn gestern nacht verließen?« Ich nickte. »Dachte ich mir. Ist überhaupt nicht zur Arbeit erschienen. Ist auch nicht in seinem Quartier. Das Hauptbuch kann für heute nicht abgeschlossen werden, da niemand anwesend ist, der zeichnungsberechtigt wäre. Also muß ich jetzt natürlich selbst nach Caserta rausrasen … was wird Susan dazu sagen …«
Vor sich hinmurmelnd, verschwand er. Ich ließ ihn gehen, denn ich erinnerte mich an die Mappe, die unter den Papieren auf meinem Schreibtisch begraben war, als er Susans Namen erwähnte.
Sobald er
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