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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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Schlüsselloch, um zu sehen, was das Tier tun würde. Aber alles was er sah, war ein Auge – weil der Affe genauso neugierig war wie der Experimentator.
    In dem Zwielicht sah ich den Mond kurz in Renas Auge auffunkeln – sie beobachtete mich. Sie gab eine Art unterdrücktes Kichern von sich.
    »Sie sollten schlafen«, sagte ich zu ihr.
    »Und Sie auch, Tom.« Gehorsam schloß ich die Augen, aber ich hatte ihr Bild noch immer deutlich vor mir. Wenn sie doch nur nicht so eine Fanatikerin wäre.
    Und wenn sie schon eine Fanatikerin sein mußte, warum dann gerade eine, die mein natürlicher Feind war, ein Mitglied jener Gruppe verantwortungsloser Unruhestifter, deren Aushebung Defoe mir aufgetragen hatte. Was, so fragte ich mich, meinte er mit ,Ausheben’? Schloß das Chlorpromazin in einer langsam zerfallenden Lösung und einen Kunststoffkokon mit ein?
    Ich wies diesen Gedanken von mir. Es war völlig unmöglich, daß ihre Ansicht, die Gesellschaft benutze die Suspendierung als Vergeltungsmaßnahme, zutreffen konnte.
    Aber der Gedanke an Defoe ließ mich auch an meine Arbeit denken. Letzten Endes, so sagte ich mir, war Rena mehr als ein Mensch, dem ich zufällig begegnet war. Sie war der Schlüssel zu allen Rätseln: Falls es irgendeine Untergrundbewegung gab, so kannte sie deren Strukturen.
    Ich dachte einen Moment lang nach und strich das Wort ‚falls’. Sie hatte zugegeben, daß der Aufruhr an diesem Nachmittag geplant gewesen war. Es mußte eine gut organisierte Gruppe geben – und sie hatte den Schlüssel.
    Ich war schließlich etwas schläfrig geworden, aber plötzlich war ich wieder hellwach.
    Es gab zwei Möglichkeiten. Mutig stellte ich mich der ersten: sie konnte recht haben. Alles in mir revoltierte gegen diesen Gedanken, aber ich akzeptierte ihn als theoretische Möglichkeit. Wenn sie zutraf, würde ich natürlich einige grundlegende Vorstellungen ändern müssen. Andererseits konnte sie unrecht haben. Ich war sicher, daß sie nicht zu den ewig Unzufriedenen gehörte und daß sie, falls sie unrecht hatte und falls ich es ihr beweisen konnte, einige ihrer Anschauungen ändern würde …
    Ich sah über einen Ellbogen zu ihr hinüber. »Rena?« flüsterte ich fragend.
    »Ja, Tom?«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir noch einige Minuten miteinander reden?«
    »Natürlich nicht.«
    Ich setzte mich auf der Couch hoch und griff nach dem Lichtschalter, aber sie sagte: »Brauchen wir das Licht? Der Mond ist sehr hell.«
    »Nein.« Ich setzte mich auf den Rand der Couch und griff nach einer Zigarette. »Rena, ich möchte Ihnen noch einen Handel anbieten.«
    »Was für einen Handel?«
    »Einen Kuhhandel. Sie glauben, daß die Gesellschaft korrupt und Ihr Vater kein medizinischer Fall ist, richtig?«
    »Genau.«
    »Lassen Sie es uns herausfinden. Wir werden es überprüfen. Es gibt Möglichkeiten herauszufinden, ob jemand an radioaktiver Strahlung erkrankt ist oder nicht. Ich werde morgen früh in die Klinik gehen und uns die Antwort holen.«
    Sie stützte sich auf ihren Ellbogen und starrte zu mir herüber, ihr langes Haar fiel ihr den Rücken herunter. »Wirklich?«
    »Sicher. Und wir werden einen Handel darauf abschließen. Falls Sie unrecht haben … falls Ihr Vater wirklich strahlenverseucht ist … möchte ich, daß Sie mir alles über den Aufruhr heute nachmittag und die Leute erzählen, die dahinterstehen. Falls ich unrecht habe …« – ich schluckte – »… falls ich unrecht habe, werde ich … werde ich Ihren Vater dort für Sie herausholen. Irgendwie, das verspreche ich, Rena.«
    Lange Zeit blieb es völlig still in unserem Zimmer. Dann sprang sie aus dem Bett, eilte zu mir herüber, legte ihre Hände auf meine Ellbogen und sah mir forschend in die Augen. Wieder sah sie mich an, und wieder sah ich Tränen. »Wollen Sie das wirklich tun, Tom?« fragte sie kaum hörbar.
    »Ja, natürlich, sicher«, sagte ich linkisch und verlegen.
    »Aber Sie müssen es mir versprechen«.
    »Ich verspreche es.«
    Auf Armeslänge entfernt, starrte sie mich an. Und dann passierte irgend etwas. Sie starrte nicht mehr und war keine Armeslänge mehr entfernt.
    Ihr Kuß schmeckte nach süßen Veilchen; und der Mond machte sie fast übermenschlich schön; und der Etagenkellner war nicht dreist gewesen, als er uns den Sekt dagelassen hatte.

8
     
    Dr. Lawton war am nächsten Morgen »anderweitig beschäftigt«. Das war mir nur recht. Ich war kein so hartgesottener Verschwörer, als das ich eine Chance, einen Fehler zu

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