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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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nicht, ich bin leitender Funktionär der Gesellschaft. So etwas ist ganz und gar unmöglich!«
    Ihre Augen flackerten, aber ihre Lippen blieben trotzig geschlossen. Vor Wut bebend, sagte ich: »Ich will nichts mehr davon hören. Theoretische Diskussionen – gut, ich bin so tolerant wie jeder andere auch. Aber wenn Sie die Gesell schaft des direkten und geplanten Betrugs bezichtigen, dann … dann sind Sie im Irrtum.«
    Einen langen Augenblick starrten wir uns an. Ich senkte meinen Blick zuerst. Verbittert und mürrisch sagte ich: »Es tut mir leid, daß ich Sie eine Lügnerin genannt habe. Ich wollte Sie nicht beleidigen.«
    »Ich Sie auch nicht, Tom.« Sie zögerte. »Erinnern Sie sich – ich habe Sie gebeten, mich nicht zu dieser Diskussion zu zwingen?«
    Sie stand auf. »Ich danke Ihnen für das Essen und fürs Zuhören. Und vor allem dafür, daß Sie mir eine zweite Chance geben, die Rettung meines Vaters zu versuchen.«
    Unwillkürlich blickte ich auf die Uhr und war erstaunt, wie die Zeit vergangen war. »Es ist spät, Rena. Wissen Sie, wo Sie bleiben können?«
    »N … ja, natürlich Tom.« Sie zuckte mit den Achseln. »Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Ich komme zurecht.«
    »Bestimmt?«
    »Ja, ganz bestimmt.« Ihr Verhalten war zu selbstsicher und zuversichtlich; ich wußte, sie versuchte mich zu täuschen.
    »Bitte, Rena, Sie haben eine schwere Zeit durchgemacht, und ich möchte nicht, daß Sie irgendwo ziellos umherziehen. Sie können doch heute nacht nicht mehr nach Neapel zurückkommen.«
    »Das weiß ich.«
    »Und?«
    »Und was, Tom? Ich will Sie nicht anlügen: Ich kann hier nirgends hin. Wenn ich heute nachmittag Erfolg gehabt hätte, wäre es etwas anderes. Aber jetzt hat sich alles geändert. Sie – das heißt meine Freunde – werden jetzt annehmen, ich sei von der Gesellschaft verhaftet worden. Sie werden jetzt nicht mehr da sein, wo ich sie finden kann. Nennen Sie’s ruhig albern, aber sie werden befürchten, daß die Gesellschaft mich … zwingen könnte, ihre Namen zu verraten.«
    »Bleiben Sie hier«, sagte ich. »Nein, hören Sie, ich werde mir ein anderes Zimmer besorgen.«
    »Ich danke Ihnen, Tom. Aber das können Sie nicht. In ganz Anzio gibt es kein freies Zimmer. Viele Verwandte der Suspendierten schlafen schon im Freien.«
    »Ich kann auch im Gras schlafen, wenn es sein muß.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Danke, aber …« wiederholte sie.
    Ich stand zwischen ihr und der Tür. »Dann werden wir beide hierbleiben. Ich schlafe auf der Couch, und Sie nehmen das Bett.« Ich zögerte und fügte dann hinzu: »Sie können mir vertrauen, Rena.«
    Sie sah mich einen Moment lang ernst an. Dann lächelte sie. »Ich weiß, daß ich das kann, Tom. Ich weiß Ihr Angebot wohl zu schätzen und ich nehme es an.«
    Für eine Hotelcouch bin ich im allgemeinen zu lang, besonders dann, wenn sie in einem Raum einer als Hotel getarnten Hundehütte an der Mittelmeerküste steht. Ich starrte in die helle italienische Nacht hinaus, der Mond schien auf die Wolken draußen, und im Raum war soviel Licht, daß ich das Bett und die schmächtige, stille Gestalt darin mühelos erkennen konnte. Rena war kein unruhiger Schläfer, dachte ich, und sie schnarchte auch nicht.
    Ja, sie war wirklich ein ausgesprochen selbstsicheres Mädchen. Als ich den Kellner, der das Geschirr wegräumen wollte, nicht einlassen mochte, hatte sie mich unschuldig gefragt: »Glauben Sie, daß noch nie ein Funktionär der Gesellschaft ein Mädchen auf seinem Zimmer gehabt hat?« und die Tür geöffnet. Sie lieh sich einen der Pyjamas, die Defoes vorsorgliche Expedienten gekauft und in die Kommode gelegt hatten. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, daß sie im Bad leise vor sich hin singen würde, während der Etagenkellner abräumte.
    Er schien es nicht zu hören. Er hatte seine Schlüsse gezogen, obwohl es da vermutlich nicht viel zu schlußfolgern gab. Auf jeden Fall hatte er auffälligerweise die Flasche Champagner in ihrem Silberkübel mit schmelzendem Eis zurückgelassen.
    Im selben Zimmer mit Rena zu sein, gab mir ein gutes Gefühl. Ich drehte mich wieder um, wuchtete meinen Körper hoch, um meinen Beinen die Möglichkeit zu geben, sich etwas mehr auszustrecken. Besorgt sah ich zu Rena hinüber, um mich zu vergewissern, ob ich sie auch nicht gestört hatte.
    Es gibt eine Geschichte über einen Verhaltensforscher, der einen Schimpansen in einem leeren Raum zurückließ. Er schloß die Tür vor dem Affen und beugte sich zum

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