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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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so hatte ich gesagt, gedacht und versucht, andere zu überzeugen, war die Hoffnung der Menschheit – die Kraft, die den Krieg für alle Zeiten (fast) beseitigte, Krankheit und Leiden (nahezu) vertrieb, die Drohung des Hungers und der Heimatlosigkeit für alle menschlichen Wesen auf ewig auslöschte. (Den hungernden alten Mann, der im Schatten der Krypta schlief, und seinesgleichen nicht gerechnet.)
    Aber ich mußte den Tatsachen, die der großen Lüge entgegenstanden, ins Auge sehen. Wenn es keine Kriege mehr gab, was war dann mit Neapel und Sizilien, mit Prag und Wien und den vielen Auseinandersetzungen Südostasiens?
    Wenn Krankheit keine Gefahr mehr darstellte, warum war Marianna dann gestorben!
    Rena hatte gesagt, wenn es keine Kriegsgefahr mehr gäbe, würde auch niemand seine Prämien zahlen. Das war ganz offensichtlich nicht im Sinne der Gesellschaft, aber warum hatte ich das vorher nie gesehen? Musterbeispiele für Kriege, Musterbeispiele für Krankheit und Tod … die Gesellschaft brauchte sie. Und niemand, ich zu allerletzt, machte sich Sorgen darüber, was die »Muster« fühlen mochten.
    Nun, das lag jetzt hinter mir. Ich hatte mit Rena gewettet und verloren, jetzt mußte ich zahlen.
    Ich öffnete das verpackte Injektionsbesteck, das Rena mir gegeben hatte, und untersuchte es unbehaglich. Ich hatte diese altertümliche Art von Nadelinjektion nie benutzt; ich kannte mich zwar ein wenig mit den Hochdruckspritzen aus, die ihren Inhalt mit Gewalt unter die Haut schießen, ohne eine Spur zu hinterlassen, aber ich war mir ganz und gar nicht sicher, daß ich diese handhaben konnte, ohne irgend etwas falsch zu machen.
    Ich eilte den Gang zu Benedetto dell’Angela zurück. Ich näherte mich wieder der rot beschrifteten Tür der Abteilung einhundert, blickte im Vorbeigehen darauf – und verhielt den Schritt. Dies war die Tür, die nur eine Handvoll Leute öffnen konnte. Sie trug einen fünfsprachigen Text, der besagte: »Eintritt strengstens verboten. Experimentalstation«. Warum stand sie offen?
    Und ich hörte ein schwaches, flüsterndes Stöhnen. »Auiutemi, auiutemi.«
    Jemand dort drinnen rief um Hilfe!
    Wenn ich ein hartgesottener Verschwörer gewesen wäre, hätte ich niemals angehalten, um nachzusehen. Aber ich war natürlich keiner. Gegen einen leichten Widerstand stieß ich die Tür auf und spähte hinein.
    Und das war der dritte schwere Schock, den ich in der letzten Viertelstunde erlitt, denn vor meinen Füßen lag, sich kraftlos windend und krümmend, Luigi Zorchi und stierte in einer Mischung aus Schmerz und Wut zu mir hoch.
    Er stützte sich auf seinen Händen ab, sein Plastikkokon hing ihm in Fetzen von den Schultern, und er starrte mich mit trüben Augen an. »Aha«, sagte er matt. »Wieder der Meuchelmörderlehrling.«
    In der Nähe der Rampe fand ich einen Wasserspender und brachte ihm etwas. Er trank mindestens einen Liter, bevor ich ihn stoppte. Dann legte er sich zurück, keuchte und starrte mich wieder an. Bis auf die Kunststoffetzen und die Bandagen um seine Stümpfe war er nackt wie alle anderen Suspendierten in ihren Säcken.! Das üppige Haar fing schon wieder an wie wild zu wachsen.
    Er leckte sich die Lippen. Schon kraftvoller sagte er jetzt: »Der Plan hat versagt, was? Ihr glaubt, Ihr habt Zorchi aus dem Weg, aber er läßt sich nicht festhalten.«
    »Zorchi«, sagte ich, »das alles hier tut mir leid. Ich bin … heute bin ich schlauer als gestern.«
    Er riß staunend den Mund auf. »Gestern? Erst gestern.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hätte mit mindestens einem Monat gerechnet. Ich bin hierhergekrochen, Meuchelmörder. Tagelang – so schien es mir«. Er versuchte mit den Schultern zu zucken, was ihm nicht leicht fiel, da er auf den Ellbogen lag. »Also gut, Wiehls. Sie können mich zurückbringen und die Sache endgültig zu Ende führen. Da es nicht funktioniert, mich mit einer Nadel zu pieken und aufs Eis zu legen, ist es vielleicht das beste, Sie bringen mich gleich ganz und gar um.«
    »Hören Sie, Zorchi«, antwortete ich scharf, »ich habe Ihnen gesagt, daß es mir leid tut. Lassen wir es im g Augenblick dabei bewenden. Ich … ich gebe zu, daß Sie nicht hier sein sollten. Viel wichtiger ist: Wie kommt es, daß Sie wach sind?«
    »Wieso nicht? Ich bin Zorchi, Wiehls. Verletzen Sie mich, und alles verheilt, vergiften Sie mich, und ich kuriere mich selbst.« Wütend spuckte er aus. »Wenn Sie mich jedoch verhungern lassen, werde ich zweifellos sterben, und es ist nur zu

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