Der Wolf aus den Highlands
seinen großen, sehnigen Körper. Seine Hand legte sich auf ihr Hinterteil und presste sie gegen seine Lenden. Seine lange, harte Männlichkeit, die sich an sie drängte, ließ keinen Zweifel daran, wonach es ihm gelüstete. Das hätte sie dazu bringen müssen, um ihr Leben oder zumindest um die Wahrung ihrer Tugend zu rennen. Stattdessen erwiderte sie seine sanften Stöße und hörte sich selbst leise stöhnen.
Als er aufhörte, sie zu küssen, folgte Annora kurz seinen Lippen in dem Versuch, sie wieder zurückzuholen. Doch dann flackerte kurz ihr gesunder Menschenverstand auf und gebot ihr Einhalt. Sie sank an die Tür und spürte, wie sehr er darum kämpfen musste, die Lust zu zügeln, die zwischen ihnen entbrannt war. Eigentlich hätte sie darüber froh sein müssen. Leider trug ihr gesunder Menschenverstand nicht dazu bei, das Feuer zu löschen, das sein Kuss in ihr entfacht hatte. Außerdem fragte sie sich, warum er aufgehört hatte, nachdem sie ja überaus bereit gewesen wäre, die Sache fortzusetzen.
»Habt Ihr das gehört?«, fragte er plötzlich, und sein ganzer Körper spannte sich an wie vor einem Kampf.
»Was gehört?«, fragte sie. Sie war noch immer damit beschäftigt, die Lust aus ihrem Körper zu vertreiben.
»Jemand ist im Anmarsch.«
Annora stand kurz davor, in Panik auszubrechen, als er sie an die Hand nahm und zur Wand neben den kleinen Kamin zerrte. »Wir müssen hier raus«, sagte sie atemlos.
»Genau das tun wir.«
Sie sah ihm verwundert zu, als er auf ein paar Steine neben dem Kamin drückte und die Wand sich bewegte. Während er Annora in den winzigen Raum zerrte, der sich vor ihnen aufgetan hatte, ging ihr durch den Kopf, wie gut es war, dass Donnell offenkundig nicht alles über Dunncraig wusste. Der Mann hätte geheime Räume und Gänge bestimmt für einen ruchlosen Zweck genutzt. Nun drückte Rolf auf etwas neben der Tür, und sie schloss sich wieder. Sie standen jetzt sehr nah beieinander in völliger Dunkelheit. Die Nähe zu ihm machte Annora nichts aus, doch sie hatte eine alte und tiefsitzende Angst vor der Dunkelheit.
»Bleiben wir hier?«, flüsterte sie mit bebender Stimme, auch wenn es ihr peinlich war, dass sie ihre wachsende Angst nicht verbergen konnte. »Gibt es keinen Gang, durch den wir kriechen können?«
»Doch, den gibt es«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Aber ohne Licht ist es nicht ratsam, ihn zu benutzen.«
»Kann man uns hören?«, wisperte sie zurück in der Hoffnung, dass ein Gespräch ihr helfen würde, ihrer Angst Herr zu werden.
»Nicht, wenn wir sehr, sehr leise flüstern. Wir werden jedoch alles hören können, was im Arbeitszimmer gesprochen wird.«
»Das könnte nützlich sein.«
James schlang die Arme um sie und zog sie wieder an sich. Es war eine süße Folter, aber er beherrschte sein Verlangen, weil er ihre wachsende Angst spürte.
Außerdem ging er davon aus, dass sie noch Jungfrau war. Und eine hastige Paarung in einem winzigen, dunklen Raum, kaum ein paar Schritte entfernt von Fremden, war sicher nicht dazu angetan, sie in die Freuden der körperlichen Liebe einzuführen – selbst wenn er dann vielleicht an seiner Tarnung hätte festhalten können.
»Habt Ihr Angst vor der Dunkelheit?«
»Aye, vor dunklen, engen Räumen, bei denen ich keinen Fluchtweg sehen kann.« Sie erbebte, als plötzlich aus den Tiefen ihres Gedächtnisses, dort, wo sie sie begraben hatte, eine düstere Erinnerung an ihre Cousine Sorcha in ihr aufstieg. »Eine der Frauen, die mich nach dem Tod meiner Mutter zu sich nahmen, war der Ansicht, dass man ein ungehorsames Kind am besten damit bestraft, wenn man es in einen kleinen, dunklen Raum einsperrt.« Warum erzählte sie ihm das überhaupt? Sie hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen.
James hielt sie noch ein wenig fester. Am liebsten hätte er diese Frau zur Rede gestellt und sie wenn nötig mit Gewalt dazu gebracht, ihren Fehler einzusehen. Allerdings wunderte er sich, dass er sich über etwas, was Annora zugestoßen war, so empören konnte. Er kannte die junge Frau doch kaum, und er war sich noch nicht einmal sicher, ob er ihr wirklich vertrauen konnte. Nur weil ein Kuss ihm durch und durch gegangen war, hieß das noch lange nicht, dass er ihr all seine Geheimnisse anvertrauen konnte. Doch genau das würde er tun müssen, wenn sie tatsächlich miteinander schliefen, was er nur zu gern getan hätte. Nein, es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als zu vergessen, wie süß sie schmeckte.
Der Klang von
Weitere Kostenlose Bücher