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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Howell
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musste, doch das, was zwischen ihnen entbrannt war, konnte er nicht einfach vergessen.
    Ebenso wenig konnte er vergessen, was er soeben dem Gespräch zwischen MacKay und Egan entnommen hatte. Auf dem Weg zurück zu seiner Werkstatt musste er ständig gegen den Drang ankämpfen, sofort zu MacKay zu gehen und ihn zwingen zu sagen, wen er überfallen hatte und wer dabei umgekommen war. Der Mann drohte Dunncraig und seine Leute in eine lange, blutige Fehde zu verwickeln. Womöglich war das kaum noch zu vermeiden, selbst wenn James seine Unschuld bewiesen und die Herrschaft über Dunncraig zurückerlangt hatte. Es sei denn, er konnte dem geschädigten Clan MacKays Kopf auf einem Servierbrett bringen, dachte er mit einer gewissen Vorfreude.
    In seiner Werkstatt angekommen, betrachtete James seine Werkzeuge und die Kamineinfassung, an der er gerade arbeitete. Es würde ihm bestimmt nicht leichtfallen, die nötige Ruhe für seine Arbeit zu finden. Dunncraig schwebte in Gefahr. Der Tod eines Erben konnte nicht mit Geld und guten Worten aufgewogen werden. Er würde so schnell wie möglich MacKay aus dem Weg räumen und seinen guten Namen wiederherstellen müssen. Er konnte es sich nicht mehr leisten, langsam und umsichtig vorzugehen; es war an der Zeit, entschlossen und rasch zu handeln. Wenn er dem verbrecherischen Tun dieses Mannes nicht bald ein Ende machte, würde alles, was er besaß, nachdem er seinen guten Namen, sein Kind und sein Land wiedergewonnen hatte, eine rauchende Ruine sein.

5
    Als Annora zum Frühstück die Große Halle betrat, entfuhr ihr ein leiser Fluch. Die Chisholms waren immer noch auf Dunncraig. Sie hatte gehofft, dass sie im Morgengrauen aufgebrochen wären. Dem Gespräch zufolge, das sie und Rolf belauscht hatten, war ihr blutiges Werk vollendet, sie hatten also keinen Grund, ihren Aufenthalt zu verlängern. Dennoch waren sie da und ruinierten Annoras Morgen.
    Sie setzte sich auf ihren üblichen Platz an der Hohen Tafel. Allerdings saßen die Chisholms ihr direkt gegenüber, wahrhaftig nicht weit genug weg für ihren Geschmack. Aber sie konnte schlecht aufstehen und sich woanders hinsetzen, denn das wäre eine offenkundige Beleidigung von Donnells Gästen gewesen und hätte ihr den Ärger eingebracht, den sie tunlichst vermeiden wollte. Zu allem Übel saß Egan zu ihrer Rechten. Da sie auf einer ziemlich kleinen Bank saß, berührten sie sich ständig, was Egan weidlich ausnützte. Ihr Appetit war plötzlich verflogen, aber sie wusste, dass sie bleiben und so tun musste, als würde es ihr nichts ausmachen, den Tisch mit fünf brutalen Männern zu teilen.
    Sobald ihre Schale mit Hafergrütze gefüllt war, versuchte sie, die Männer geflissentlich zu übersehen. Doch das war leichter gedacht als getan. Egan rieb sich ständig an ihr und presste seinen Oberschenkel gegen den ihren, die Chisholms zeigten lautstark ihren Mangel an Tischmanieren, und Donnell schien auf nichts weiter zu achten als auf die enorme Menge an Essen, die er sich in den Mund stopfte. Der Mann scheute weder Kosten noch Mühe, seinen Keep so auszustaffieren, dass er sich mit einem Königsschloss messen konnte, doch an sich selbst sah er offenbar keinerlei Verbesserungsbedarf. Wahrscheinlich war er so selbstgefällig, dass er an sich keinen Makel entdecken konnte.
    Annora nahm sich gerade ein bisschen Obst, als Meggie in die Große Halle kam, begleitet von Hazel, einer der vielen Maiden, die für Donnell im Haus arbeiteten. Die meisten Frauen waren fleißig, aber diejenigen, die bereitwillig in Donnells Bett stiegen, taten, was sie wollten. Sie gingen offenbar davon aus, dass sie sich eine besondere Stellung und einige Privilegien verdienten, wenn sie das Lager mit dem Laird teilten. Hazel, die Meggie nun zu Donnell führte, gehörte zu denen, die noch immer freundlich waren und ein Gewissen hatten, worüber Annora sehr froh war. Meggie bekam es immer mit der Angst zu tun, wenn sie zu Donnell gebracht wurde, und eine der hartherzigen Frauen hätte die Sache für sie nur noch schlimmer gemacht.
    Die arme kleine Meggie sah ebenso verwirrt aus, wie Annora sich fühlte, als Donnell sie den Chisholms vorstellte. Er sprach mit einer ausgesprochen sanften Stimme mit Meggie, was Annora sofort beunruhigte. Wenn er sich sonst herabließ, mit dem Kind zu sprechen, das er als das seine ausgab, lag nie auch nur ein Anflug von Freundlichkeit in seiner Stimme. An Meggies Augen, die sehr groß wurden, konnte Annora ablesen, dass auch das Kind eine

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