Der Wolf aus den Highlands
einen Mann mit ihrem Geschick im Schlafzimmer blenden kann.« James hoffte, dass Annora nie zu Ohren kommen würde, wie freimütig er sich über sie geäußert hatte.
»Und trotzdem bleibt sie auf Dunncraig, obgleich ihr Cousin vorhat, sie mit einem brutalen Schwein zu verheiraten?«
»Wie Edmund schon sagte – sie bleibt wegen Meggie. Es wird noch einige Jahre dauern, bis MacKay Meggie mit Halbert Chisholm verheiraten kann, doch Annora will das nicht zulassen. Sie bleibt, weil sie einen guten Plan braucht, einen, der ihre Sicherheit gewährleistet, sie jedoch nicht zu weit
weg führt, damit sie Meggie helfen kann, wenn ihre Hilfe gebraucht wird.«
»Dann werden wir ihr vertrauen.«
James wusste nicht, ob er Simons Versicherung glauben sollte, aber er beließ es dabei.
»Habt ihr vor, im Dorf zu bleiben?« Die Frage war an Tormand gerichtet.
»Aye«, erwiderte dieser. »Hier weiß niemand, wer Simon ist, und ich werde versuchen, mich möglichst verborgen zu halten, auch wenn mich Donnell nie getroffen hat und ich unseren Eltern nicht ähnlich sehe.«
»Du hast dieselben verschiedenfarbigen Augen wie Mutter.«
»Nicht ganz. Meine Augenfarben sind sich viel ähnlicher als ihre.«
James fand, dass sich Tormands grünes und blaues Auge deutlich unterschieden, aber er nickte nur, denn er hatte im Moment keine Lust auf einen weiteren Streit. Eine Weile unterhielten sie sich noch darüber, was Simon und Tormand tun konnten, um Beweise für all ihre Vermutungen zu finden. Simon sagte nicht viel, aber was er sagte, verlieh James die Zuversicht, dass der Mann geübt darin war, Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Wahrscheinlich war es auch diese Fähigkeit, die ihm geholfen hatte, in so jungen Jahren in die Nähe des Königs zu kommen.
Als James sich zum Aufbruch anschickte, hatte er neue Hoffnung, dass seine Prüfung bald ein Ende haben würde. Er wunderte sich nicht, als Tormand ihm aus dem Laden folgte und ihn hastig in die düstere Gasse zwischen den Läden von Edmund und der Alebrauerin zog. Tormand konnte seine Gefühle vor anderen zwar recht gut verbergen, aber seine Verwandten spürten fast immer, was in ihm vorging. James hatte es gespürt, dass Tormand noch immer beunruhigt war über Annoras Verwandtschaft mit Donnell, und dieses Unbehagen konnte er ihm kaum vorwerfen.
Er hoffte nur, dass sein Bruder nicht allzu sehr daran festhalten würde.
»Willst du mir noch etwas sagen?«, fragte James ihn.
»Aye, was dieses Mädchen angeht, Annora …«, fing Tormand an.
»Sie ist die Richtige für mich, Tormand. Bei unserem Clan heißt es doch immer, dass der perfekte Gefährte oder die perfekte Gefährtin auf einen warten.«
Tormand fluchte halblaut. »Bist du dir sicher? Glaubst du denn nicht, dass Mary das war?«
»Nay, das habe ich nie geglaubt, aber ich war es leid zu warten, und ich mochte und begehrte Mary. Ich dachte, sie würde eine gute Gemahlin werden und mir die Kinder schenken, die ich so gerne haben wollte. Ich hätte auf das hören sollen, was so viele Murrays immer wieder sagen, und hätte warten sollen. Aber wahrscheinlich fiel es mir deshalb so schwer, die Sache mit der perfekten Gefährtin zu akzeptieren, weil mir wie jedem Mann die Vorstellung nicht behagte, zu eng mit einer Frau verbunden zu sein, egal, wie viel Lust sie dir auch schenkt.«
Tormand nickte. »Aber jetzt, wo du sie gefunden hast, bist du noch begieriger, deinen Namen reinzuwaschen und Dunncraig zurückzubekommen.«
»Aye, auch wenn ich das früher nicht für möglich hielt. Allerdings geht es mir inzwischen gar nicht mehr so sehr um Rache; inzwischen will ich hauptächlich deshalb meinen Namen reinwaschen und mein Land zurückbekommen, damit ich Annora an meiner Seite haben kann. Ich denke jetzt vor allem daran, ihr und Meggie ein gutes Leben zu ermöglichen.«
»Dann wollen wir zusehen, dass du das bald machen kannst. Simon ist der Beste, James. Kaum einer bringt die Wahrheit so schnell ans Licht wie er, und wenn einem Unschuldigen Unrecht widerfahren ist, ist er sogar noch hartnäckiger. Wir werden dieser Sache ein Ende bereiten und zusehen, dass MacKay dort landet, wo er hingehört – an den Galgen.«
Als James nickte und sich endgültig auf den Rückweg nach Dunncraig machte, lehnte sich Tormand an die Mauer von Edmunds Laden und sah ihm hinterher. Er erschrak ein wenig, als Simon plötzlich neben ihm stand, denn er hatte ihn nicht kommen hören.
Unwillkürlich musste er daran denken, dass Simon wahrscheinlich ein
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