Der Wolf aus den Highlands
am Hof tun nie etwas auf dem direkten und einfachen Weg, stimmt’s?«
»Sie können es nicht, und ich glaube, dass die meisten von ihnen nach einer Weile sogar Spaß daran haben. Nun, habt Ihr inzwischen irgendwelche Wahrheiten aufgedeckt, oder besser noch, einen Beweis gefunden, dass MacKay am Tod Eurer Gemahlin schuld ist?«
James zögerte einen Moment. MacKays Plan, Annora mit Egan zu verheiraten, ließ ihm nicht mehr viel Zeit. Wenn er sein Werk weiterhin allein verrichtete, würde das zwar seinen Stolz befriedigen, aber es könnte Annora teuer zu stehen kommen.
Seine Familie vertraute Simon, und das wohl zu Recht, wie James spürte. Kurz wünschte er, Annoras Gabe zu haben, doch dann beschloss er, sich auf das Urteil seiner Familie und seinen Instinkt zu verlassen.
»Als Erstes sollte ich Euch wohl berichten, dass meine Ehefrau höchstwahrscheinlich nicht nur MacKays Geliebte war, sondern auch seine Verbündete. Eine Magd sah Mary bei einem von Donnells Besuchen auf Dunncraig in sein Schlafzimmer gehen und sagt, es sei bald klar gewesen, dass es sich um kein unschuldiges Treffen zwischen Cousin und Cousine handelte. Allerdings weiß ich nicht, wer diese Magd ist, weil sie nur mit der Köchin gesprochen hat, und die musste ihr schwören, keinem zu verraten, woher sie die Geschichte hat. Und zweitens ist Mary höchstwahrscheinlich nicht in besagter Nacht gestorben.«
James war sehr zufrieden über die verblüfften Mienen von Edmund und Tormand. Simon hingegen wirkte nur höchst interessiert.
»Ihr habt sie doch begraben, oder?«, fragte er.
»Ich habe einen völlig verkohlten Leichnam begraben. Nur der Ring, den ich Mary zur Hochzeit geschenkt hatte, und ein paar verbrannte Fetzen des Gewands, das sie trug, als ich sie zum letzten Mal sah, waren noch zu erkennen. Ich ging davon aus, dass es sich um Mary handelte, auch wenn ich nicht wusste, was sie in diesem Cottage eigentlich zu suchen hatte. Inzwischen vermute ich, dass sie sich dort öfter mit ihrem Geliebten traf.«
James hatte sich inzwischen die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der drei anderen gesichert. Nun erzählte er ihnen alles, was sich seit seiner Ankunft auf Dunncraig ereignet hatte. Er erzählte ihnen auch, was er mittlerweile herausgefunden und wie er das angestellt hatte.
Edmund unterbrach ihn nur ein einziges Mal, indem er lauthals fluchte, als James ihnen von Donnells Plänen erzählte, Annora mit Egan und die kleine Meggie mit Halbert Chisholm zu verheiraten.
Nachdem er seinen Bericht beendet hatte, verschränkte er die Arme vor der Brust und wartete auf die Meinung der anderen zu seinen Erfolgen oder vielmehr zu dem, was er als Mangel an Erfolgen sah.
»Wie ich sehe, seid Ihr der Ansicht, Ihr hättet bislang noch nicht viel erreicht«, stellte Simon fest, nachdem er kurz über alles nachgedacht hatte. »Aber eigentlich wart Ihr erfolgreich. Big Marta und Annora MacKay zu Verbündeten zu gewinnen, hat bestimmt viel geholfen. Zu viele Männer ignorieren Frauen als Informationsquelle oder hören nur auf diejenigen, die sie zum Plaudern verführen können. Bei solchen Frauen bin ich mir allerdings nie sicher, wie vertrauenswürdig sie sind. So manch ein guter Mann ist dadurch erledigt worden, dass er auf das gehört hat, was eine Geliebte oder Mätresse ihm erzählt hat, um schließlich festzustellen, dass die Frau für seine Feinde gearbeitet hat. Der Mann glaubte, der Verführer zu sein, in Wahrheit war er der Verführte.«
»Annora tut so etwas nicht«, sagte James mit fester Stimme. Er hatte die Warnung in Simons Stimme vernommen, doch er nahm sich vor, sich nicht allzu sehr darüber zu ärgern.
»Sie ist eine MacKay, und sie lebt von MacKay, der für ihren Lebensunterhalt sorgt«, erwiderte Simon.
»Sie verabscheut ihn aus tiefstem Herzen und findet es schrecklich, was er Dunncraig antut. Sie hat seinen Anspruch auf Meggie und Dunncraig von Anfang an bezweifelt. Und Big Marta vertraut ihr.«
»Ich und meine Ida ebenso«, warf Edmund ein. »Annora ist eine Waise, und sie ist unehelich geboren, aber aus vornehmem Haus. Das Mädchen hatte nicht viel Einfluss darauf, wohin man sie schickte. Jedenfalls wird sie alles tun, was sie kann, um Lady Margaret zu einem Leben in Sicherheit und Glück zu verhelfen.«
Simon nickte bedächtig. »Dies kann ich als Grund für ihre Hilfe akzeptieren.«
»Aber nicht, dass sie mir hilft, weil sie an meine Unschuld glaubt? Annora war noch jungfräulich, sie war keineswegs eine geübte Hure, die
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