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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Zimen
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schwach
waren. Für sie bedeutet der Tod nur eine schnellere Erlösung von dem Leid, das sie ohnehin zu tragen hatten.
    So ist die Evolution von Beutegreifer und Beute in engster wechselseitiger Abhängigkeit voneinander verlaufen
und hat bei beiden eine Vielzahl anatomischer, physiologischer, ethologischer und ökologischer Merkmale mitbedingt. Wenn diese eng verzahnte Beziehung derart verschoben wird, wie es in den letzten Jahrhunderten unter dem
Einfluß des Menschen geschehen ist, muß dies langfristig
nicht nur für den Beutegreifer – den die Verfolgung durch
den Menschen besonders traf – von Nachteil sein, sondern
auch für die Beutetiere.
Der Mensch als regulierender Faktor
    Auf vielen Gebieten hat heute der Jäger die Funktion des
Wolfes übernommen. Kann er das ? Vergleichen wir kurz
den Einfluß des Menschen und den des Wolfes auf ihre
gemeinsamen Beutetiere.
    In naturintegrierten Gesellschaften, wie wir sie aus der
Überlieferung kennen, etwa bei den Indianern Nordamerikas und bei den Eskimos, diente die Jagd vor allem der
Nahrungsbeschaffung. Der Einfluß der Jäger auf die bejagten Tierpopulationen war wohl ähnlich dem der tierischen
Beutegreifer. Mit einfachen Waffen wurden in erster Linie
die unaufmerksamen oder schwachen Tiere getötet, und
auch nur so viele, wie zum Lebensunterhalt der Jäger erforderlich waren ; der Mensch war ein integrierter Teil der
Lebensgemeinschaft. Sehr oft waren die konkurrierenden
Beutegreifer für diese Jäger nicht Feinde, die gehaßt und
verfolgt wurden. Die Indianer zum Beispiel sprachen vom
Wolf als ihrem »Bruder«.
Mit dem Übergang zu den naturausbeutenden Gesellschaften – Hand in Hand mit der Erfindung und der Entwicklung weitreichender Schußwaffen – änderten sich die
Einstellung und der Einfluß der Jäger. War bei den Naturvölkern die Nahrungsbeschaffung für den Familienkreis
Motivation der Jagd, so traten in der arbeitsteiligen Gesellschaft andere Gründe in den Vordergrund. Für den Bauern waren jetzt Wolf, Bär, Luchs und die wilden Huftiere
Schädlinge, die seine Haustiere fraßen beziehungsweise mit
ihnen um Weideflächen konkurrierten, und für die privilegierten Schichten wurde die Jagd zum Sport. So kam es
zu einer Überausbeutung der Wildtierbestände bis hin zur
lokalen oder weltweiten Ausrottung. Auerochs und Wildpferd verschwanden ganz, und Bison, Wisent, Steinbock,
Rothirsch, Elch sowie die großen Beutegreifer Wolf, Bär
und Luchs wurden bis auf wenige Individuen in abgelegenen oder speziell geschützten Gebieten reduziert.
    In manchen Teilen der Welt ist dieser Ausrottungsprozeß noch nicht abgeschlossen. In Nord- und Zentraleuropa wie auch in Nordamerika setzte indes Mitte bis Ende
des 19. Jahrhunderts eine gegenläufige Bewegung ein. Die
freilebenden Tierbestände wurden zu sportlichen Zwecken
»gehegt«. Die konkurrierenden Beutegreifer, das angebliche
»Schadwild«, wurden weiter intensiv verfolgt, während für
das »Nutzwild« strikte Abschußrichtlinien und vielerorts
auch Winterfütterungen, ja sogar medizinische Betreuung
eingeführt wurden.
    Eine schnelle Wiederausbreitung und eine beträchtliche
Zunahme der Huftierpopulationen waren die Folge. Heute
gibt es in Deutschland vermutlich mehr Rehe, in Schweden
mehr Elche, in den USA mehr Weißwedelhirsche als je zuvor,
und dies trotz erheblicher Einengung und einer auch qualitativen Verschlechterung des Lebensraumes. Die Folgen
sind schwerwiegende Schäden an der Vegetation und eine
zunehmende Instabilität des Ökosystems Wald. Das hat für
die Forstwirtschaft eine bedeutende ökonomische Seite, für
viele Bewohner der Alpen, wo dem Wald auch eine wichtige Funktion beim Schutz vor Lawinen und Überschwemmungen zukommt, sogar eine existentielle Seite.
    Aufgrund der nicht »testhetzenden« Jagdweise des menschlichen Jägers fällt zusätzlich zu der Nichtregulation auch
der selektive Einfluß des natürlichen Beutegreifers weitgehend weg. Durch Winterfütterung und medikamentöse
Behandlung gehen weitere wesentliche Selektionsfaktoren,
wie der winterliche Nahrungsengpaß und die Krankheiten,
verloren. Trophäenkult und artifizielle Abschußrichtlinien
sowie sogenannte Blutauffrischungen – Tiere aus fremden
Gegenden werden zur erhofften Verbesserung der Trophäen
in heimischen Revieren ausgesetzt – sorgen sogar für eine
künstliche, den ursprünglichen natürlichen Selektionsbedingungen teilweise entgegengesetzte Auslese.
Domestikation des Wildes ?
    Dies

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