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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Zimen
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Verhalten der Puwos nicht nur erfassen, sondern
    – was auch unter günstigeren Voraussetzungen kaum möglich gewesen wäre – angeborene von erworbenen Verhaltenselementen unterscheiden können ?
    Ein chaotisches Jahr lang hielt ich stur an der ursprünglichen Fragestellung fest, bis ich, einsichtig geworden, aufgab. Ich brachte die Puwos zurück in den Tiergarten des
Instituts und konzentrierte mich von nun an ausschließlich auf das Verhalten von Wolf und Pudel. Der Vergleich
von Wild- und Haustierform sollte Auskunft geben über
die Verhaltensveränderungen im Laufe der Domestikation.
Neue Wölfe kamen hinzu, darunter die vier Geschwister
Alexander, Näschen, Wölfchen und Mädchen. Auch von
ihnen wird noch viel die Rede sein.
    Am Ende der Arbeit mußte ich feststellen, daß auch die
neue, einfachere Fragestellung recht anspruchsvoll war. Das
Verhalten von Wolf und Hund ist allzu komplex, als daß es
in wenigen Jahren und auch noch an nur wenigen Tieren
beziehungsweise an nur einer Rasse vollständig zu erfassen wäre. So verschenkte ich die meisten Pudel und siedelte
nach glücklich bestandenem Examen im Winter 1971 mit
meiner Frau und den vier zahmen Wölfen, die mir noch
geblieben waren, in den Bayerischen Wald über. Eigentlich
hätte ich als neuer Mitarbeiter der Abteilung Lorenz im
Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie nach See wie -
sen bei Starnberg gehört. Doch den vielen Gänsen und Enten
dort wäre die Nachbarschaft zu Wölfen sicher nicht gut
bekommen. So bauten wir im neugegründeten Nationalpark Bayerischer Wald ein großes Gehege für die Wölfe, in
dem ich sieben Jahre lang das soziale Verhalten der Tiere
im Rudel unter nahezu optimalen Bedingungen studieren
konnte. Daneben reiste ich immer wieder nach Italien, um
in den Abruzzen im Auftrag des World Wildlife Fund for
Nature die Ökologie der letzten dort lebenden Wölfe zu erforschen und Maßnahmen zu ihrem Schutz auszuarbeiten.
    Nachdem im Winter 1976 neun Wölfe aus dem Gehege
im Bayerischen Wald ausgebrochen waren und eine Zeitlang mehr in den Medien als bei der einheimischen Bevölkerung für Furore gesorgt hatten, war meine Arbeit beendet. Zum Abschluß schrieb ich ein Buch, den Vorgänger
dieses Buches. Eigentlich hätte es meine Habilitationsschrift
werden sollen. Doch es fehlte uns das Geld, damit ich ein
Jahr lang die vielen gesammelten Daten ungestört hätte
auswerten können. Mit Hilfe eines Verlags – des Meyster
Verlags – konnte ich dann doch an die Arbeit gehen. Das
Ergebnis war dementsprechend ein Zwitter : halb wissenschaftlich, halb »populär«.
    Um so froher bin ich darüber, daß ich jetzt, ein Dutzend Jahre später, eine einesteils erweiterte, anderenteils
um überholt erscheinende sowie allzu wissenschaftliche
Passagen erleichterte Neuausgabe des seit Jahren vergriffenen Buches vorlegen kann. Denn in der Zwischenzeit habe
ich einiges mit Wölfen erlebt, auch wenn meine Arbeit
nach der Zeit im Bayerischen Wald eine andere Richtung
genommen hat. Zuerst folgte ich dem »kleinen Bruder« des
Wolfes, dem Rotfuchs, nachts über die Felder im südlichen
Saarland und im Wald um die Universität von Saarbrükken. Danach verfiel ich immer mehr dem Filmen von Tieren und Menschen. Doch immer hielt ich nebenbei auch
einige Wölfe. Zwei von ihnen wuchsen mit unseren beiden Kindern und zwei Fuchswelpen gemeinsam auf, was
die Möglichkeit zu allerlei Vergleichen bot. Doch nur einen
Sommer lang. Dann war es mit der Freude vorbei, und zwar
nicht wegen der Kinder, sondern wegen der zunehmenden
Feindschaft zwischen Wolf und Fuchs. Was beim einen
die Stärke war, war beim anderen die List, ganz wie in der
Fabel. So mußte ich schließlich die beiden Wölfe an einen
Tierpark abgeben. Übrig blieb uns nur der alte, gutmütige
Alexander. Mit stoischer Ruhe überstand er alle Quälereien
der Füchse wie die der Kinder. Als er im Alter von achtzehn Jahren starb, waren wir alle traurig. Die schöne Zeit
mit den Wölfen schien vorbei.
    Dann aber zogen wir wieder nach Bayern, nach Niederbayern, wo wir eine alte Burg vor dem Verfall zu retten versuchen. Hier baute ich erneut Gehege, in denen ich viele Tiere,
größtenteils Hauptdarsteller bereits gedrehter Filme, unterbrachte. Nur Wölfe fehlten noch. Ein Film über Wölfe in
den Abruzzen war schließlich der Grund dafür, wieder vier
Welpen mit der Flasche aufzuziehen. Am Ende des Buches
werde ich von ihnen berichten : von Peter, der inzwischen
riesengroß geworden ist

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