Der Wolfsthron: Roman
ich möchte einheimische Soldaten haben. Männer und Frauen, die den Fells gegenüber loyal sind, die das Land kennen und für seine Verteidigung hart kämpfen werden.«
Klemath wölbte eine Braue. »Wenn es einen Aufstand gibt, Eure Hoheit, solltet Ihr professionelle Soldaten haben, ohne mögliche Verbindungen zu den Bewohnern der Elendsviertel oder zu Straßendieben.«
»Nur haben Eure ausländischen Soldaten überhaupt keine Verbindung zu mir«, entgegnete Raisa.
»Aber sie tun, was man ihnen sagt«, erklärte Klemath, als gäbe er sich alle Mühe, Geduld zu bewahren. »Eine Armee aus einheimischen Soldaten könnte Euch verraten.«
Klemath ist selbst ein Einheimischer, dachte Han. Dennoch klebt er eigenartigerweise an seiner Idee von Söldnern aus dem Süden. Vielleicht will er sich nur selbst die Taschen füllen. Vielleicht steht er auf der Gehaltsliste der Söldnervermittler und will das Geld nicht aufgeben?
»Die vordringliche Aufgabe der Armee besteht nicht darin, gegen unsere eigenen Leute zu kämpfen«, stellte Raisa klar. »Dass die Fells kurz vor einer Rebellion stehen, liegt daran, dass es keine Arbeit gibt und damit auch keine Möglichkeit, für das eigene Überleben zu sorgen. Die Kriege im Süden haben die ansonsten hart arbeitenden Menschen mürbe gemacht – und sie sind faul geworden. Wäre es nicht besser, wir würden unser Geld dafür benutzen, unseren eigenen Leuten Arbeit zu verschaffen?«
»Gibt es ein Problem mit den Söldnern, Eure Hoheit?«, fragte Klemath.
»Es gibt das Problem, General, dass in den Fells Menschen verhungern, während wir Geld an Söldner und deren Vermittler in den Flatlands schicken.« Die Flecken auf Raisas Wangen wiesen darauf hin, dass sie allmählich die Geduld verlor. »Ich habe mir die Truppenlager angesehen. Die meisten Eurer Soldaten kommen aus Arden und Tamron. Man sollte meinen, dass es bei ihnen zu Hause genug gibt, wogegen sie kämpfen können.«
Klemath hob hilflos beide Hände und wandte sich an die anderen Ratsmitglieder. »Meine Herren?«
»Meine Herren !«, wiederholte Raisa. »Das ist ein weiteres Problem. Wieso gibt es nicht mehr Frauen in meinem Rat?«
Jetzt sahen sich alle an; jeder wartete darauf, dass einer der anderen etwas sagte. Bis auf eine einzige rothaarige Frau, die Han nicht kannte, waren tatsächlich alle Mitglieder des Rates Männer.
»Nun, äh …« Lord Hakkam ruderte mit den Armen, während er nach einer Antwort suchte. »Die Mitglieder – es geht um das Amt, nicht um das Geschlecht, wisst Ihr.«
»Ich werde das ändern«, sagte Raisa wie zu sich selbst.
»Eure Hoheit«, warf Lord Bayar mit einem nachsichtigen Lächeln ein, »bezüglich der Sache mit den Söldnern wäre es vielleicht weise, wenn Ihr auf Eure Berater hören würdet. Wir sind schließlich hier, um zu helfen.«
»Ich weiß, dass Ihr ein gütiges Herz habt, Eure Hoheit«, sagte Lord Hakkam und tätschelte Raisas Hand. »Aber Ihr seid in militärischen Angelegenheiten noch unausgebildet. Auch wenn die Söldner teuer sind, ist es gefährlich, einen so radikalen Wandel jetzt, in dieser Zeit des Übergangs zu vollziehen. Schließlich wollen wir alle, dass Ihr in Sicherheit seid.« Hakkam war zugleich Vorsitzender ihres Rates wie auch Finanzminister.
»Die Wache beschützt mich, Onkel«, erwiderte Raisa und zog ihre Hand mit Nachdruck weg. »Ebenso wie der gute Wille meines Volkes, den ich mir verdienen werde.«
Amon Byrne räusperte sich. Als Hauptmann der Wache der Königin war er kraft seines Amtes auch Ratsmitglied, aber er sprach nicht oft. »In der Wache der Königin gibt es nur Männer und Frauen, die hier in den Fells geboren sind, und das hat sich bezahlt gemacht. Bis vor Kurzem bestand auch unsere Armee aus Einheimischen.«
»Und trotz ihrer Wache aus Einheimischen haben wir Königin Marianna verloren«, sagte Lord Bayar.
»Wollt Ihr damit andeuten, dass es Mord war?«, fragte Byrne und sah dem Hohemagier direkt in die Augen.
Bayar ruderte zurück. »Ich ziehe nur eine Möglichkeit in Betracht, weiter nichts. Ich will damit sagen, dass ich immer noch Fragen bezüglich der Art und Weise habe, wie sie gestorben ist.«
»Wirklich? Ich dachte, Ihr hättet vielleicht Antworten«, sagte Averill.
Ich auch, dachte Han. Wieso stellt Lord Bayar Fragen über Königin Mariannas Tod, wenn er doch vermutlich derjenige war, der sie umgebracht hat?
»Genug«, fuhr Raisa dazwischen und sprach dann in die folgende Stille hinein: »Jeder, der stichhaltige
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