Der Wolfsthron: Roman
wäre natürlich am besten, wenn unsere Verlobung vorerst geheim bliebe.
Nach unserer Hochzeit werden wir gemeinsam über die großen Königreiche Arden, Tamron und die Fells herrschen. Ihr könntet selbstverständlich Euren Titel als Königin der Fells behalten, einen Titel, den unsere Töchter erben würden.
Dabei müssen wir es aber nicht belassen. Angesichts der Geschichte Eures Geschlechts hätten wir einen natürlichen Anspruch auf den Rest der Sieben Reiche. Mit vereinten Kräften könnten wir diese Juwelen unserer Krone hinzufügen. Und Ihr würdet das wunderschöne glitzernde Symbol eines neuen Zeitalters des Friedens und des Wohlstands werden.
Wägt dieses Angebot sorgfältig ab. Ich glaube, Ihr werdet mit mir darin übereinstimmen, dass eine solche Absprache bedeutende Vorteile für uns beide hat, wenn wir rasch handeln.
Ich hoffe auch, dass Ihr in der Lage seid, alle unglücklichen Vorfälle entlang der Grenze zwischen Tamron und Arden beiseitezuschieben, in dem Wissen, dass mein Verhalten von dem Wunsch geleitet war, mich mit Euch zu verbinden. In diesen Zeiten sind kühne und aggressive Taten vonnöten.
Mit besten Grüßen
Gerard Montaigne, König von Arden und Tamron
Bayar warf die Seiten mit einem Schnauben auf den Tisch. »Der neue König von Tamron hält Euch für eine Närrin, Eure Hoheit.«
Raisa verschränkte ihre Finger und legte die Hände auf den Tisch. »Glaubt Ihr das, Lord Bayar?«
»Im Verlauf dieser unglücklichen Vorfälle , wie er es nennt, hat Montaigne den jungen Will Mathis kaltblütig umgebracht«, sagte Bayar.
Raisa nickte. »Ich war dabei.«
»Und nicht nur das«, erhob Bayar weitere Einwände, »einige mutmaßen, dass er für die Morde verantwortlich sein könnte, die wir kürzlich hier in der Stadt erlebt haben.«
»Morde?« Raisa sah von einem zum anderen, und dann blieb ihr Blick an Hauptmann Byrne hängen. »Was für Morde?«
»In den letzten zwei Wochen sind fünf Menschen, die über die Gabe der Magie verfügten, umgebracht worden«, erklärte Byrne. »Ihre Leichen wurden in Ragmarket gefunden. Die Todesfälle wirken auf den ersten Blick willkürlich, abgesehen davon, dass es sich bei allen Opfern um Magier handelt. Einer war ein Mitglied der Versammlung, aber die letzten beiden waren Studenten, die in ziemlich schlichten Verhältnissen in Ragmarket lebten. Sie wurden in einer Seitengasse gefunden. Man hatte ihnen die Kehlen durchgeschnitten, die Amulette abgenommen und sie mit Blut bemalt.«
Dies erweckte Han’s Aufmerksamkeit. Cat hatte bei ihrer Berichterstattung bereits erwähnt, dass in Ragmarket und Southbridge ein paar Magier ermordet worden waren. Als sie sich umhörte, stellte sie fest, dass offenbar niemand mit den Taten geprahlt hatte.
Wer auch immer diese Gang anführt, hat entweder Mumm oder Todessehnsucht, hatte Han gedacht, als er davon zum ersten Mal hörte.
»Wieso sollte Montaigne Magier in Ragmarket töten?«, fragte Raisa.
»Es ist nur eine Theorie«, sagte Byrne. »Aber wie Ihr wisst, Hoheit, hat Montaigne Magier verschleppt und sie gezwungen, in seiner Armee zu dienen. Allerdings hat er höchstwahrscheinlich Schwierigkeiten, an magische Waffen zu kommen. Es könnte also sein, dass er Magier tötet, um an deren Amulette zu gelangen. Oder er versucht, die Anzahl der mit Magie Begabten im Norden zu verringern.«
Bayar rollte seine Spitzenmanschetten hoch. »Manche Leute sagen, dass Gerard Montaigne dahintersteckt. Andere glauben, dass wir lieber in unserer nächsten Umgebung suchen sollten.« Er wandte demonstrativ den Kopf und starrte Averill Demonai an. Die rothaarige Magierin beugte sich nach vorn und nickte bekräftigend.
»Ganz sicher sollten wir lieber in unserer nächsten Umgebung suchen«, stimmte Lord Demonai zu und richtete den Blick gegen die Decke. »Schließlich stellen Magier einander seit jeher nach. Vielleicht haben einige zu diesem Mittel gegriffen, um so mit der Verknappung von magischen Gegenständen umzugehen.«
»Ist es nicht wahrscheinlicher, dass die Todesfälle mit den Auseinandersetzungen der Gangs zu tun haben?« Raisas Blick flackerte zu Han, dann richtete sie ihn wieder auf ihren Hauptmann.
»Könnte sein«, antwortete Byrne. »Aber die Gangs lassen Magier für gewöhnlich in Ruhe.«
»Also schön«, sagte Raisa müde, als würde sie das Problem gedanklich auf eine Liste setzen. »Kehren wir zu der aktuellen Angelegenheit zurück.« Sie musterte die anderen. »Was ist mit Euch Übrigen?«, fragte sie.
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