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Der Wolfsthron: Roman

Der Wolfsthron: Roman

Titel: Der Wolfsthron: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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ihr der frühe Aufbruch gar nicht gefiel. »Wir können zwar darauf hoffen, dass unsere Angreifer lange schlafen, aber ich halte es trotzdem für klug, wenn wir versuchen, im Schutz der Dunkelheit so weit wie möglich zu kommen.«
    Raisa nickte. Sie strich der Stute über den Hals und sprach beruhigend auf sie ein, während sie die Verletzung an der Schulter des Tieres untersuchte. Byrne hatte recht: Sie schien nur oberflächlich zu sein. Nachdem Raisa die Bettrolle und die Satteltaschen hinter dem Sattel verstaut hatte, schwang sie sich auf den Rücken der Stute. Es war, als würde jeder einzelne Muskel vor Protest aufschreien.
    Sie kamen nur langsam voran. Der Aufstieg zum Pass, schon bei gutem Wetter und mit frischen Reittieren schwierig genug, war jetzt geradezu gefährlich, denn die Schneewehen verbargen alle möglichen Gefahren und Hindernisse. Manchmal steckten die Pferde bis zur Brust im Schnee. Wann immer es möglich war, verließen sie den Pfad und kämpften sich stattdessen parallel dazu im Schutz der Bäume weiter. Im Wald lag der Schnee nicht ganz so hoch, und abgesehen davon würden sie aus der Ferne nicht so leicht zu sehen sein. Als sich dann aber im Osten die Sonne über den Rand des Horizonts schob, fühlte Raisa sich mit einem Mal schrecklich ungeschützt: wie ein dunkles Insekt, das eine weiße Schneemauer erklomm.
    Zumindest hatten sie jetzt eine gute Sicht auf den Weg, den sie gekommen waren. Raisa warf immer wieder einen unruhigen Blick über die Schulter, da sie ständig mit Verfolgern rechnete – auf die es jedoch den ganzen Morgen über, während sie und Byrne zum Pass aufstiegen, keine Hinweise gab. Raisa entspannte sich ein wenig. Wenn sie im Marisa-Pines-Camp eintrafen, würden die Clans ihnen für den Rest des Weges eine Eskorte zur Seite stellen.
    Gegen Mittag aßen sie im Sattel etwas; sie stiegen nur ab, um die Pferde an besonders steilen Stellen an den Zügeln zu führen oder sie zu schonen. Die Sonne strahlte von einem blauen Himmel, und das Eis auf dem Gestein und den Kiefernzweigen begann zu glitzern und zu funkeln. Als sie noch ein paar Meilen von der Passhöhe entfernt waren, lenkte Byrne sein Pferd in ein kleines Wäldchen. Raisa folgte ihm und brachte Switcher zum Stehen, als er plötzlich nicht mehr weiterritt.
    »Ab hier wird es gefährlich«, sagte er.
    »Wie meint Ihr das?« Sie sah sich um und blinzelte, während ihre Augen sich an die Düsternis zwischen den Kiefern anpassten. Hier und da fanden ein paar vereinzelte glitzernde Sonnenstrahlen ihren Weg bis zum Boden. Switcher senkte den Kopf und knabberte erwartungsvoll an den Kiefernzweigen, die in ihrer Reichweite waren.
    »Man kann zwar auf vielen Wegen zum Pass aufsteigen, aber nur einer führt hindurch. Und auf den letzten Meilen, wenn wir oberhalb der Baumgrenze sind, gibt es überhaupt keinen Schutz mehr.«
    Über ihren Köpfen bewegten sich ein paar Zweige, und Schnee rieselte auf sie herab. Raisa wischte ihn aus ihrem Kragen. »Sie können uns doch wohl kaum eingeholt haben, oder?« Würde jemand, der nicht auf der Flucht war und nicht um sein Leben fürchten musste, dem nächtlichen Sturm so lange trotzen – oder bereit sein, noch weiter vor Tagesanbruch als Raisa und Byrne loszuziehen?
    »Alles ist möglich.«
    Raisa wartete, und als Byrne nichts mehr sagte, fügte sie ungeduldig hinzu: »Nun, wenn sie wirklich kommen sollten, bringt es uns wohl kaum etwas, hier auf sie zu warten, oder?«
    Er lächelte. »Treffer, Eure Hoheit. Und ich habe es verdient.« Er machte eine Pause, als würde er abwägen, ob er weitersprechen sollte. Dabei strich er dem Wallach über den Hals und flüsterte ihm zärtlich beruhigende Worte zu, bis er schließlich zu Raisa sagte: »Ihr seid anders als Königin Marianna, wenn ich das so sagen darf.«
    »Das habe ich schon mal gehört«, erklärte Raisa trocken. »Für gewöhnlich mit Schimpftiraden verbunden.«
    »Bei allem Respekt gegenüber Eurer Mutter glaube ich, dass das gut ist.«
    Raisa zuckte vor Überraschung zusammen. Schließlich kam diese völlig unerwartete Aussage aus dem Mund eines Mannes, der Marianna ergeben war. »Wie meint Ihr das?«
    Byrne räusperte sich. »Ich habe Euch bereits beschrieben, dass sie so zerbrechlich und schön wie ein Frauenkuss ist. Ihr seid mehr wie Wacholder. Ihr scheint selbst im schlimmsten Wetter zu erblühen, und ich vermute, es ist unmöglich, Euch zu entwurzeln, wenn Ihr Euch erst einmal irgendwo niedergelassen habt.«
    »Ihr wollt damit

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