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Der Wolfsthron: Roman

Der Wolfsthron: Roman

Titel: Der Wolfsthron: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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rückwärts und verschwand aus ihrem Blickfeld. Sie hörte die anderen rufen, als er auf dem Boden der Schlucht aufschlug.
    Vielleicht hält es sie wenigstens ein bisschen auf, dachte sie. Sie fühlte sich eigenartig; ihre Gedanken waren verworren und langsam. Ihre Lippen und ihre Zunge wurden taub, und sie konnte die Finger der linken Hand nicht mehr spüren.
    Sie blinzelte ein Doppelbild weg, und schlagartig begriff sie es. Gift. Die Bolzenspitze war in Gift getaucht worden.
    Acht gegen eine hat wohl nicht gereicht, dachte sie. Nein. Wir müssen Gift benutzen. So viel zu einem fairen Kampf. Wenn es das überhaupt jemals gewesen war.
    Ihre störrische Zuversicht versiegte. Was konnte sie schon gegen Gift machen? Es bestand vermutlich aus Pflanzenextrakten und war sicher clangefertigt. Die Clans stellten einige bemerkenswerte Gifte her.
    Anfangs hatte sie heftig geblutet, aber jetzt spürte sie nicht mehr, ob noch irgendwelches Blut ihren Rücken hinunterlief. War das gut oder schlecht? Und wenn sie noch weiterblutete, würde dann ein Teil des Giftes ausgeschwemmt werden?
    Es wirkte auf alle Fälle verdammt gut. Sie konnte nur noch verschwommen und wie durch Wasser sehen, und ihre Muskeln zuckten. Die Steine um sie herum zitterten und bebten. Wölfe bewegten sich wie Schatten durch die Dunkelheit, jaulten und drückten ihre warmen Körper gegen sie, als könnten sie sie dadurch irgendwie in dieser Welt behalten.
    Sie konnte nur hoffen, dass sie tot sein würde, bevor die Männer sie fanden.
    Jetzt hörte sie unten einen erneuten Aufruhr. Männer schrien einander an. Was war da nur los?
    Zeit verging – in ihrem verwirrten Zustand war sie sich nicht sicher, wie viel. Eigentlich hätten sie sie inzwischen längst haben müssen. Es war still geworden in der Schlucht.
    Sie tastete nach dem Dolch. Wenn jemand kommt, stich ihn ab. Wenn jemand kommt, stich ihn ab. Raisa wiederholte diesen Satz immer und immer wieder, damit sie ihn nicht vergaß.
    Amon hatte ihr erklärt, dass dies der Sinn und Zweck der Waffenübungen war – die Muskeln und Nerven so zu trainieren, dass sie in einem Kampf von ganz allein handelten, ohne dass man eigens darüber nachdenken musste.
    Sie hörte Amons Stimme in ihrem Kopf, tief und verzweifelt. Rai. Du darfst nicht sterben. Du darfst mir nicht sterben, Rai. Bleib am Leben. Bleib am Leben. Bleib am Leben.
    Sie wedelte hilflos mit der Hand. Es tut mir so leid. Es tut mir so leid. Ich habe alles versucht.
    Am meisten bedauerte sie, dass sie von Han getrennt worden war. Da war noch so viel, das sie ihm hatte sagen wollen, das sie ihm hatte gestehen wollen. Sie hatte ein Band der Wahrheit zwischen ihnen erschaffen wollen, das alle Lügen ersetzt hätte. Jetzt würde er wahrscheinlich nie erfahren, was mit ihr geschehen war. Was sie wirklich für ihn empfand. Wer sie wirklich war.
    Sie versuchte, sich an Han’s Gesicht festzuhalten, es in ihrem Geist zu bewahren – die strahlend blauen Augen unter den hellen Brauen, die erstaunlich adelig wirkende Nase, die gezackte Narbe, die knapp neben seinem rechten Auge verlief.
    Winzige Kiesel rutschten an ihr vorbei nach unten, klirrten gegen das Gestein. Jemand kam, kletterte von oben herunter. Ihre Hand tastete über das Geröll und schloss sich um den Dolch.

KAPITEL NEUN
    Unterbrochene Jagd
    M anchmal war es schwieriger, hinunter- als heraufzukommen. Ragger wäre auf der abwärtsführenden Seite des Passes am liebsten schneller gelaufen, was allerdings keine gute Idee war, da Schneewehen die Beschaffenheit des Pfades verbargen – all die kleinen Spalten und Löcher und Steine oder sogar größeren Felsbrocken.
    Die Pferdespuren auf dem Pfad wiesen deutlich darauf hin, dass hier erst vor Kurzem jemand durchgekommen war – in geradezu halsbrecherischem Tempo. Und dann hatten sich die Reiter aufgeteilt; einige waren in die umgebenden Wälder abgebogen, andere auf dem Weg geblieben. Verfolgten sie immer noch jemanden? Oder hatten sie sich nur getrennt, damit sie selbst nicht so leicht zu verfolgen waren?
    Schließlich führte der Pfad unter die Baumgrenze, und der unablässige Wind ließ etwas nach. Han war ebenso dankbar wie besorgt: Der Kiefernwald, der sich jetzt dicht um ihn schloss, machte ihn nervös.
    Dann erreichte er eine kleine Anhöhe, von wo aus er über einige Grate hinwegblicken konnte, über die der Weg – wie über die Wellen eines gefrorenen Meeres – zum Vale hinabführte. Er würde sich schon bald ein Lager für die Nacht suchen

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