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Der Wolfsthron: Roman

Der Wolfsthron: Roman

Titel: Der Wolfsthron: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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müssen, trotz seiner Sorge um das Wetter. Wolken sammelten sich bereits im Norden, während die Sonne immer noch über dem Horizont glitzerte und ihre Strahlen über die rasiermesserscharfen Gipfel im Westen schickte. Die Berge warfen blaue Schatten über den Schnee. In den Schluchten war es bereits dunkel. Die weiter entfernt stehenden Tannen waren nur noch schwarze Flecken in der Dämmerung.
    Han hörte die Geräusche einer Verfolgungsjagd, noch bevor er die Jäger sehen konnte. Hufgetrappel auf Fels und Stein, die Rufe von Männern, das Twack der Armbrüste schallte von unten herauf.
    Es musste die Gruppe sein, deren Spuren er schon den ganzen Tag gefolgt war – jene Leute, die Hauptmann Byrne und die anderen Blaujacken getötet hatten. Er hatte also richtig vermutet – sie waren auf der Jagd gewesen und schienen jetzt ein weiteres Opfer aufgescheucht zu haben.
    War dieses Opfer eine letzte überlebende Blaujacke? Konnten sie nicht mal eine einzige entkommen lassen?
    Er verscheuchte die Stimme, die zu ihm sagte: Das geht dich nichts an, Alister. Han ließ Ragger und das Packpferd weitergehen, bis er einen Blick ins Tal werfen konnte. Es war tief und wie eine Schüssel geformt, und am Grund befand sich ein vereister Bachlauf. Irgendwann in der Vergangenheit musste es dort unten gebrannt haben, denn es gab kaum Bäume.
    Noch während er ins Tal hinunterstarrte, tauchte ein einzelnes Pferd mit einem Reiter zwischen den Bäumen auf und galoppierte über die Lichtung; der Reiter lag fast waagrecht auf dem Pferd. Es war eine Frau oder ein Mädchen, wie er feststellte, als er ihre Größe abschätzte. Sie trug die gleiche Kleidung wie die toten Soldaten und ritt auch auf einem ähnlichen Pferd. Wie eine Klette klammerte sie sich an den Rücken des Tieres und lenkte es im Zickzack über die Lichtung, um es den Armbrustschützen hinter ihr fast unmöglich zu machen, sie zu treffen.
    Dann tauchten etwa hundert Schritt hinter dem Mädchen sechs Reiter auf; die Männer bellten wie Hunde, die eine Blutspur aufgenommen hatten. Wieder waren Armbrüste zu hören; die Bolzen schossen durch die Luft und schlugen überall um das Mädchen und das Pferd herum in den Boden ein, ehe Verfolger und Verfolgte in dem Wald auf der anderen Seite verschwanden.
    Han beobachtete das Ganze wie erstarrt, bis die Geräusche der Verfolger allmählich zwischen den Bäumen verklangen und die Lichtung wieder still und leer dalag – abgesehen von den Bolzen. Die Geschosse hoben sich schwarz auf dem weißen Schnee ab und waren der Beweis dafür, dass das, was er gerade gesehen hatte, kein Traum gewesen war.
    Die Ponys schnaubten ungeduldig und warfen den Kopf hoch. Han sprach geistesabwesend auf sie ein, um sie zu beruhigen, während er versuchte, aus alldem schlau zu werden.
    Die Verfolger ritten auf Bergponys mit zotteligem Winterfell, wie es bei der Armee üblich war. Sie hätten ebenfalls Blaujacken sein können, doch ihre Kleidung gab nicht den kleinsten Hinweis darauf, wem ihre Loyalität galt; ganz im Gegenteil schien sie absichtlich so nichtssagend wie möglich ausgewählt worden zu sein. Und offenbar versuchten die Männer das Mädchen daran zu hindern, das sichere, nur ein paar Meilen entfernte Marisa-Pines-Camp zu erreichen.
    Sie waren wild entschlossen, sie zu töten – sechs gegen eine. Das Blaujacken-Mädchen ritt wie eine Clan-Kriegerin, aber sie konnte unmöglich entkommen. Es war ein Wettlauf, bei dem es um Leben und Tod ging. Ein Wettlauf, der nicht das Geringste mit ihm zu tun hatte.
    Er musste weiterreiten, versuchte er sich einzureden, und sollte dankbar dafür sein, dass die Männer durch diese Verfolgungsjagd genug zu tun hatten und er einen anderen Weg wählen konnte.
    Aber was hatte er noch zu Rebecca gesagt, als sie ihn gefragt hatte, was er erreichen wollte, wenn er in die Fells zurückkehrte?
    Ich habe die Nase voll von Leuten mit Macht, die die Schwachen schikanieren. Ich will ihnen helfen.
    Han wusste nicht, was hinter dieser Verfolgungsjagd steckte. Aber wer immer auch dieses Mädchen war – er verspürte ein größeres Bedürfnis, ihr bei dem Kampf gegen die sechs Verfolger zu helfen, als sich für eine Königin einspannen zu lassen, die er hasste.
    Und irgendwie passte das auch alles zusammen. Byrne war der Hauptmann der Wache der Königin gewesen und der Vater des ungemein aufrichtigen Amon Byrne. Dieses Mädchen war alles, was von seiner Gruppe noch übrig war. Und Amon Byrne war der Freund und Befehlshaber von

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