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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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wischte und sich aufsetzte. Der Russe zog seine Wollmütze aus der Tasche, pfropfte sie auf seinen wirren Haarschopf und musterte Beth mit einem zuversichtlichen Grinsen. »So leid!«, wiederholte er munter.
    »Victor?« Das war eine Überraschung zu viel. Der letzte Rest von Beths Coolness rieselte als klirrender Scherbenregen zu Boden.
    »Da.«
    »Wo hast – ? Wie hast – ? Wie zum Henker hast du mich überholt? «
    »Tja, in Wolgograd drüben ich war – «
    »Jetzt erzähl mir bloß nicht, du wärst im sibirischen Sprinterteam für Olympia gewesen; davon glaub ich kein Wort. Ich weiß , dass du nicht so schnell laufen kannst wie ich, also wie ?«
    Victor wirkte verlegen. »Ich nehmen – na ja – ich nehmen Zug unter Erde.«
    »Du bist mit der U-Bahn gefahren?« Aus irgendeinem Grund fand Beth das zutiefst schockierend.
    » Da , wieso nicht? Ich jetzt bin alter Mann. Bloß weil Zarin gegangen zu Fuß – «
    »Womit? Du hast überhaupt kein Geld.«
    Er lächelte. »Schaffnerkollege, er von alter Heimat. Er fragen nach Ticket, ich ihm geben alte Moskau-Gruß.« Er strahlte.
    Beth musterte ihn skeptisch hinter verschränkten Armen.
    »’nen alten Moskau -Gruß? Der hat nicht zufällig was mit verdrehten Handgelenken, Würgegriffen, Leberhaken oder sonst irgendwas zu tun, das du eventuell bei der sowjetischen Geheimpolizei gelernt hast?«
    »Alte Moskau-Gruß«, sagte Victor noch einmal. Sein lächelndes Gesicht glänzte vor Ehrlichkeit. »Wir uns verstehen sehr gut.«
    Beth starrte ihn an, Wut und Panik stiegen in ihr auf. Sie schüttelte heftig den Kopf. »Auf keinen Fall. Auf keinen Fall. Eher läuft die Themse randvoll mit Pavianschweiß, als dass ich das zulasse. Dreh dich um, Victor, hau ab. Das hier – das ist nicht dein Kampf.«
    Hatte Fil das auch so empfunden, als er wieder und wieder von ihr verlangt hatte, sie solle gehen? Dieses Schwindelgefühl aus Zuneigung und Dankbarkeit, vermischt mit der furchtbaren Gewissheit, dass man schuld daran wäre, wenn dieser Mensch, der einem wichtig war, verletzt würde?
    »Ich will nicht noch jemand anderm was schulden«, murmelte sie. »Ich kann nicht . Geh zurück, Victor.«
    Das freundliche Grinsen verzog sich in Victors Bart, und Beth machte vor Schreck einen Satz rückwärts, als der Russe ihr vor die Füße spuckte. »Nicht mein Kampf?« , fauchte er. »Wer bist du, dass du zu mir sagen, was ist mein Kampf und was nicht? Kabul ist gewesen mein Kampf, und Taschkent und Ossetien. Du reden von schulden? Ich schulde !« Er schlug sich auf die Brust. »Ich Jungs verloren, leuchtende Jungs, in winzige Stücke geschmettert von Monster, dass du jagen. Denen schulde ich, denen allen.« Er sah sie an, in seinen Augen funkelte bittere Enttäuschung. »Und dir auch, oder hast du vergessen? Ich gesagt: ›Ich aufpassen, dass du nicht zu schrecklich getötet.‹ War keine Lüge. Ich nie lügen.«
    Beth atmete heftig aus. »Du verstehst nicht. Alle, die mir folgen, werden verletzt – schwer verletzt. Sie sterben .«
    Victor nickte feierlich. »Ich weiß. Sie sterben, weil du bist schlechte General.« Er ignorierte den Blick, den Beth ihm zuwarf, und fuhr fort: »Ist kein Grund für Schämen. Ich bin auch ziemlich schlechte General, bloß, sogar ich kann dir sagen, kopfüber in Gesicht von viel mehr starkem Feind springen ist dümmer als Kreuzotter stupsen mit eigene Nase.« Er blickte demonstrativ auf die Rampe, die Beth hatte hinaufstürmen wollen. »Frontalangriff: ganz üble Strategie. Wir haben probiert in Afghanistan, bloß Mudschahedin haben Landminen.« Mit den Händen ahmte er eine Explosion nach. »Arme, Beine, Köpfe, Kniescheiben, Blut überall, wie Huren auf Kannibalfetischparty.«
    Klatschend schlug er einen Arm um Beths Schultern, wobei eine beachtliche Staubwolke aus seinem Mantel stob. Inzwischen war sein Zorn verflogen. Seine Stimme hatte jetzt einen väterlichen Klang. »Wenn, auf andere Seite, wir machen Feindaufklärung , so wie gute alte Speznas, wenn wir kommen früh und Tarnung benutzen, dann wir vielleicht könnten sehen interessante Dinge.«
    Zwei Schritte entfernt von den Absperrzäunen ging er in die Hocke und griff nach einer Betonplatte. Mit einer Tirade stark akzentgefärbter Schimpfwörter hievte er sie beiseite, sodass ein gezacktes Loch im Boden zum Vorschein kam, das hinunter ins Dunkle führte. »So wie heimliche Hintertür, wo Draht- zmeja zerrt Körper raus; die Art interessant .« Er setzte sich hin, ließ seine Beine ins Loch sinken

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