Der Wüstendoktor
diese Frau mein Schicksal ist. Ich werde an ihr zerbrechen – aber nie ist ein Mensch glücklicher zugrunde gegangen als ich. Wie das sein wird? Wer kann in die Zukunft sehen? Nur eines ist gewiß: Ich habe mich aufgegeben. Ich lebe nur noch in ihr. Ein Rauschzustand, eine Vergiftung – wer kann das diagnostizieren? Ich bin glücklich – was will man mehr? Ich will nicht das Ende dieser Liebe wissen – ich lasse mich treiben – ein Stückchen trockenes Holz auf den Wellen des Wahnsinns …«
Bruno Hellersen hatte sich alles genau überlegt. Er fühlte sich stark, sein Atem war ruhig, sein Blutdruck nicht gerade gut, aber auch nicht besorgniserregend, das Blut pulste kräftig durch seine Adern, und es klopfte in seinen Schläfen, wenn er Katja ansah, wenn er ihren Gang verfolgte, ihre langen Beine …
»Keine Frauen!« hatte Dr. Zemmitz zu ihm gesagt. »Die Kur dauert lange Zeit. Hellersen, wenn Sie eine Frau anrühren – Sie machen sich und die Frau unglücklich. Wenn's zu schwer wird, baden Sie kalt.«
Bruno Hellersen hatte mit schiefem Mund gelächelt und die Kur begonnen. Das war vor vierzehn Tagen gewesen. Seitdem hatte sich vieles geändert. Seine Bärennatur verlangte nach Betätigung. Er spreizte die Finger, wenn Katja an ihm vorbeiging, er atmete schwerer, wenn er sie vom Fenster aus im Garten beobachtete, in der Sonne liegend, eine Elfe inmitten der Rosen.
An diesem Tag zerriß Bruno Hellersen alle Warnungen wie eingelöste Wechsel. Er duschte sich eiskalt. Ein Lied pfeifend, schlang er den roten Bademantel um sich, ergriff eine Wolldecke und stellte sich neben die Tür des Schlafzimmers.
Dann rief er nach Katja.
Es war eine gute Zeit … Franz, der Gärtner, war in die Stadt gefahren, um neue Geräte einzukaufen. Elfriede, das Hausmädchen, hatte ihren freien Nachmittag und saß irgendwo im Kino oder in einer Eisdiele, voll Hoffnung, angesprochen zu werden.
Das Haus war leer bis auf Katja. Leer und schweigsam, blind und taub. Ein riesiger Luxussarg.
Hellersen zog den Gürtel des Bademantels fester um seinen schwammigen Körper und faltete die Decke auseinander. »Katja!« rief er wieder. »Katja! Nur einen Moment!«
Er hörte ihre Schritte unten in der Halle, klappernde Absätze – tack – tack – tack – ein Stakkato der Lust. Er leckte sich über die Lippen und drückte die Decke an sich. Seine Phantasie gaukelte ihm herrlichste Bilder vor …
»Katja!« schrie er. Seine Brust wölbte sich. Ich bin stark, empfand er jetzt. Ich bin ein Koloß! Und ich bin gesund genug, eine Frau zu zerstören. »Katja! Nur einen Augenblick!«
Ihre Füße auf der Treppe, auf dem Gang … noch vier Sekunden – drei – zwei – jetzt –
Er riß die Tür auf, stand vor ihr, hochgereckt, sah ihr aufflammendes Entsetzen und ließ ihr keine Zeit aufzuschreien. Mit einem wilden Schwung warf er die Wolldecke über sie, drückte sie an sich, wollte sie ins Zimmer zerren, sein Bademantel klaffte auf, er lachte dunkel und röhrend, drückte sie an die Wand und preßte sich gegen sie. Er hörte sie schreien, und das reizte ihn noch mehr, mit Fußtritten versuchte er, ihr die Beine wegzuschlagen, damit sie hinstürzte, aber sie riß und zerrte und stieß mit aller Kraft um sich und befreite sich mit einem wilden Ruck von ihm und flüchtete.
Er setzte hinterher, holte sie an der Treppe ein, warf sich auf sie und drückte sie zu Boden. Um sich schlagend, beißend, schreiend, aber fest in seiner Umklammerung, rollten sie gemeinsam die Treppe hinunter, schlugen mit den Köpfen auf die Stufenkanten, wälzten sich durch die Halle, und Bruno lachte, lachte dröhnend, zerriß ihr das Kleid, preßte sie mit seinem Gewicht auf den Boden …
»Du Wildkatze!« keuchte er. »Du Luder! Ich zerreiße dich! Ich zerreiße dich! Wie du schreien kannst, o, wie herrlich du schreien kannst! Hast du Angst? Hab sie! Hab sie! Stirb vor Angst –«
Er versuchte, ihre schlagenden Hände abzuwehren, sie auf den Boden festzunageln mit seinen Tatzen. Sie stieß mit dem Kopf nach ihm, traf ihn unter das rechte Auge, dann ans Kinn, zog die Beine an und ließ sie plötzlich vorschnellen.
Sie wußte nicht, wo sie Bruno getroffen hatte. Heulend wälzte er sich von ihr, lag auf dem Rücken und drückte beide Hände gegen seinen Leib. Schaum flockte an seinen Mundwinkeln; er sah widerlich aus.
Katja kroch von ihm weg und lehnte sich erschöpft an die Wand. Ihre Haut brannte. Überall waren Spuren seiner Fingernägel, tiefe, blutige Schlitze,
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