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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kennenlernen!«
    Aber Bruno irrte. Am zwölften Tag erklangen frohe Schullieder im Haus. Vierzehn ehemalige Schüler, auf den nun altersgrauen Köpfen die bunten Schulmützen, sangen sich die Lunge aus dem Hals. Dann brachten sie eine Dreiliterflasche Cognac ins Krankenzimmer, die Katja sofort wieder mit hinausnahm.
    »Das waren sie alle«, sagte Bruno zufrieden und zerriß seine Liste. »Und du? Meine Frau? Was hast du mir zu bieten?« Er klopfte aufs Bett und winkte mit dem Kopf. »Komm, setz dich zu mir. Ich fühle mich stark wie ein Gorilla. Setz dich doch hier neben mich – ich will dich fühlen.«
    Katja blieb am Fenster stehen. Ein Frieren glitt über ihren Rücken.
    Die vergangenen zwei Wochen hatten sie verändert. Vandura hatte sie untersucht, Abstriche eingeschickt und als negativ zurückbekommen. Sie war also gesund, das Gespenst der Ansteckung war verflogen. Auch Vandura selbst hatte sich von einem befreundeten Kollegen untersuchen lassen und war befreit zurückgekommen. Negativ. Dann aber, zu zufälligen Zeiten – am Vormittag, nach dem Essen, abends, wann immer sie aus dem Haus wegkonnte –, lief Katja zu Vandura und fiel in seine ausgebreiteten Arme.
    Sie liebten sich zwischen zwei Untersuchungen in der Praxis-Sprechzeit, oder Vandura verordnete eine Bestrahlung, schob den Patienten ins Therapiezimmer ab. Im Labor stöberte Katja ihn auf, zwischen seinen Tieren und Präparaten. Einmal überraschte sie Vandura, wie er einem toten Affen die Aorta herauspräparierte. Sie riß ihm die blutige Schürze ab und breitete die Arme aus.
    Es war ein Rausch, eine wilde Höllenfahrt, die sie als Paradies, ihr Paradies, ansahen.
    »Wir sind verrückt!« sagte Vandura manchmal, wenn sie glücklich nebeneinander lagen und noch eine Zigarette rauchten. »Hast du die Scheidung eingereicht?«
    »Du willst mich wirklich heiraten?« Ihre Hand tastete über seinen Leib hinauf bis zu seinem Kopf. Er ergriff ihre Finger und küßte sie.
    »Hast du je daran gezweifelt?«
    »Ein Mann wie du? Reich, ein großer Arzt, ein Mann, dem die Frauen nachlaufen, wie damals die Kinder dem Rattenfänger – so etwas soll ich heiraten? … Wann wirst du mich betrügen?«
    »Nie.«
    »Wenn das ein Mann sagt, lügt er automatisch.« Sie umfaßte seinen Kopf mit beiden Händen. Das schwarze Haar fiel über ihre Augen. Unter diesem Vorhang hervor klang ihre Stimme dunkel und doch lockend. »Weißt du, was ich tun werde, wenn du mich betrügst? Ich bringe dich um – dich und die andere Frau! Lach nicht, du … es ist mein Ernst. Ich habe immer eine Pistole bei mir.«
    »Nein.«
    »Doch. Von Bruno. Sie lag in seiner Schreibtischschublade. Jetzt habe ich sie …« Sie küßte ihn, ihre kleinen Zähne nagten an seiner Unterlippe. »Sieh dich vor, Dr. Vandura, ich ermorde dich, wenn du eine andere Frau liebst wie mich …«
    Das waren die Stunden, in denen Vandura fühlte, wie gefährlich seine Liebe zu Katja wurde. Er spürte, wie sie Besitz von ihm nahm, wie eine unabwehrbare Hörigkeit seine Willenskraft beeinflußte, wie er sich nach ihr sehnte, ihren wonnevoll streichelnden Händen, ihren feuchten saugenden Lippen, dem duftenden Haar und der glatten Haut mit dem zarten Haarflaum. Er wurde unruhig, wenn der Abend dämmerte und sie war noch nicht gekommen, und einmal rief er sogar an, als es zehn Uhr war, unruhig, mit bebender Stimme, zerrissen von Sorge und Sehnsucht.
    »Der Kegelclub ist noch immer bei Bruno«, sagte Katja am Telefon. »Ich kann nicht kommen. Heute nicht. Mein armer Schatz …«
    »Wie geht es deinem Mann?«
    »Vorzüglich. Er sitzt oben mit seinen Freunden und spielt Skat. Aber er ist anders geworden, ruhiger – er hat bis jetzt keinen Versuch unternommen, mich zu belästigen. Er scheint sich mit einer Trennung abzufinden – nur gesprochen haben wir noch nicht darüber.«
    Das waren die schrecklichen langen Abende, an denen Dr. Vandura sich selbst sezierte und feststellte, daß er Katja verfallen war. Wie ein Trinker, der nicht eher aufhören kann, bis er besinnungslos umfällt, wie ein Süchtiger, der sich immer stärkere Dosen spritzt, geriet Vandura in die Abhängigkeit von Katja. Er dachte an sie, während er seine Patienten untersuchte, er träumte von ihr, er ging durch sein Haus und meinte, überall ihren Duft zu riechen. Er wurde zu einem Irren seiner Liebe.
    In sein Tagebuch, das er gewissenhaft führte und jeden Abend in einem Panzerschrank im Labor einschloß, trug er in diesen Tagen ein:
    »Ich weiß, daß

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