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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Karabasch lächelte breit. »Vergiß die beiden letzten Worte nicht. Das wird sie noch mehr aufrütteln. Wir brauchen Publicity, Reporter aus aller Welt – niemand soll in einer Woche fragen: Arabische Einigungsfront was ist das?! Wir werden ein Begriff sein wie Mondflug und Atombombe!«
    Um die gleiche Zeit nähte Dr. Vandura die Bauchdecke zu.
    Zuerst war es ein Gerücht, dann hielt es sich fest wie mit Leim beschmiert und wurde halbe Wahrheit: Der europäische Arzt, der die Kaiserschnitt-Entbindung in dem entführten Flugzeug in der Wüste vorgenommen hatte, ist ein Deutscher. Niemand konnte sagen, woher diese Meldung kam, aber alle glaubten sie auf einmal. Sogar der Name sickerte durch, von Informanten aus Jordanien, heimlichen Bakschischempfängern, den Brüdern der offenen Hand, wie man sie überall im Orient findet.
    Hakim-Pascha.
    Ein Name wie aus einem Märchenbuch. Zauber aus 1001 Nacht. Und doch blutiger Ernst, im wahrsten Sinne des Wortes.
    »Hakim-Pascha – damit soll einer etwas anfangen!« sagte auch Bernd Zobel.
    Zobel war Bildreporter der Illustrierten ›Globus‹. Mit neunzehn anderen Reportern und Redakteuren saß er im Besprechungszimmer des Chefredakteurs und hatte die neusten Meldungen angehört. Die Sonderkonferenz der ›Aktuellen Redaktion‹ saß seit zwei Stunden zusammen. Der Fernschreiber tickte ununterbrochen. Die großen Nachrichtenagenturen überschlugen sich mit ihren Meldungen. Aus Beirut, wo der Sonderberichterstatter des ›Globus‹, Frank Binfe, saß, trudelten nur magere Telefongespräche ein. In Beirut wußte man von allem weniger als in New York, Moskau. Peking oder Hamburg. Nur daß ein Flugzeug irgendwo in der jordanischen Wüste zur Landung gezwungen war, konnte Binfe bestätigen. Er bemühte sich seit Stunden verzweifelt um Kontakte mit den Verbindungsleuten zu den Rebellen.
    »Stellen wir fest«, sagte Ludwig Hastenberg, der Chefredakteur, ein kleiner, dicker Mann, den man als einen Beamten einschätzte, der abends Kaninchen züchtet, aber nicht als Chef einer großen Illustrierten. Das war ein Fehler, denn wer Hastenberg näher kannte, ging ihm aus dem Weg. Er hatte sieben Jahre in den USA das Pressewesen Amerikas studiert und das mitgebracht, was deutschen Redakteuren ein Frieren über den Rücken jagt: Präzision in der Arbeit, Pünktlichkeit, Genauigkeit, Stilgefühl und eine blitzschnelle Reaktionskraft. Es lief die Sage durch das Globushaus, daß Hastenberg beim Klingeln des Telefons schon wußte, wer am Apparat war und was er mitteilen würde. »Stellen wir fest: Ein Flugzeug mit 155 Passagieren entführt. Werden als Geiseln aufgebaut. Forderungen sind bekannt. Entlassung verurteilter Luftpiraten in den verschiedenen Ländern. Eine Geburt in der Wüste. Kaiserschnitt. Europäischer Arzt macht sie. Soll Deutscher sein. Heißt – Karl May wurde hurra rufen – Hakim-Pascha. Wenn das keine dicke Story ist, eine ganz fette Minna, dann heiße ich Emil! Um die Entführung und den politischen Akzent kümmern sich Rudolf und Friedrich. Ewald, du machst einen mittellangen Riemen über diese Arabische Einigungsfront. Aber dieser Hakim-Pascha, Leute, das müssen wir ganz gewaltig bringen. Das ist ein Super-Otto! Wüstendoktor mit Kaiserschnitt! Im Flugzeug! Das treibt Millionen Tränen über die Wangen, das ist genau der Held, den wir jetzt brauchen und der uns Abonnenten und Anzeigen bringt. Der Deutsche im Wüstensand. Jungs, das erinnert an Rommel! Das trifft zsssch ins deutsche Gemüt. So was wollen die Leser des ›Globus‹. Information und Romantik. Stellt euch vor, wir bekommen diesen Hakim-Pascha vor die Kamera! Wir interviewen ihn, er erzählt uns die ganz große Schnaufe vom idealen Doktor, der Albert Schweitzer der Wüste – davon können wir ein Vierteljahr leben! Zobel, du Nagetier – ab nach Amman! Und wenn du diesen Hakim nicht vor die Linse bekommst, wage es bloß nicht, München wieder zu betreten! Fotos, Interview, Biographie – daraus machen wir einen Zwölfteiler! Mensch, Zobel – wenn du mir diesen Otto versaust –«
    An diesem Abend noch brach Bernd Zobel nach Amman auf. Bei allen Fluglinien bekannt, bekam er sofort einen Platz in der nächsten Maschine nach Beirut. Die Meldungen hatten sich von der Sonderkonferenz im Globushaus bis zu seinem Abflug erneut überschlagen. Irgendwoher, keiner wußte nachher, wer den Tip gegeben hatte, kam die Nachricht auf, der geheimnisvolle Hakim-Pascha sei nicht nur ein Deutscher, sondern sogar ein Münchener.

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