Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
in die Seligkeit, die er verdient hat.«
    Dann warf man das Grab zu, und der Obergärtner setzte einen Palmsprößling auf die festgestampfte Erde. »Vielleicht wird man Pierre Nolet exhumieren, wenn die Zeit sich beruhigt hat«, sagte Perkins, ehe sich alle abwandten. »Vielleicht holt man ihn doch noch nach Frankreich zurück. Und jetzt wollen wir sehen, was Chambart aus Vandura gemacht hat.«
    Es war unheimlich. Als sie das Zimmer betraten, kam ihnen Nolet entgegen, der gleiche Nolet, den man eben in die Erde versenkt hatte. Das gleiche zerknitterte Gesicht, die grauen Haare, die nach vorn gebeugte Haltung, das ständige Hüsteln, die dichten Augenbrauen, die vorsichtige Sprache, als müsse jedes Wort dreimal überlegt werden.
    »Unfaßbar –« sagte Perkins und setzte sich. »Unglaublich. Sie sind zu allem anderen auch noch ein Staatsschauspieler, Doktor. So wird Ihnen Madame Nolet sofort um den Hals fallen. Die Täuschung ist einfach vollkommen.«
    Vandura hatte sich im Spiegel selbst nicht wiedererkannt. Nun machte er einen verzweifelten, gefährlichen Versuch. Er ließ Dr. Karabasch rufen.
    Karabasch kam sofort. An der Tür hielt ihn McClean auf und legte die Finger auf die Lippen.
    »Nur einen Blick von der Tür aus«, sagte er. »Er ist noch schlapp. Aber Sie sollen sehen, wie Ihr Hakim gearbeitet hat.«
    Karabasch starrte auf das Bett. Es war vier Meter von ihm entfernt. Vandura hob leicht die Hand zum Gruß, und Karabasch winkte ihm zurück. »Viel Glück und Gesundheit, Monsieur«, rief er sogar, dann drängte ihn McClean wieder auf den Flur.
    »Ja, wir sind stolz auf unseren Hakim-Pascha«, sagte Karabasch mit leuchtenden Augen. »Wo ist er jetzt?«
    »Er holt aus der Hotelapotheke noch ein Medikament. Aber er will bei Nolet bleiben, bis man ihn abtransportiert.«
    »Er wird so lange bei Nolet bleiben, bis er aus unserem Bereich ist«, sagte Karabasch stolz. »Keiner soll sagen, wir behandelten unsere Gefangenen, wie man unsere Brüder in den gegnerischen Lagern behandelt. Wir achten die Menschenwürde, wenn man auch uns würdig gegenübertritt.«
    Es waren die gefährlichsten Minuten, die Vandura je in seinem Leben durchgestanden hatte. Als er Karabaschs stechende Augen sah, erwartete er jeden Augenblick seine Erkennung. Aber dann lächelte Karabasch und winkte ihm zu. Als sich die Tür schloß, sprang Vandura aus dem Bett. Sein Anzug klebte an seinem Körper, als sei er mit Wasser vollgesogen.
    »Gratuliere –« sagte er mit belegter Stimme zu dem fröhlich grinsenden Chambart. »Ihre Kunst hat mir das Leben gerettet.«
    »Und in drei Stunden sind wir drüben im Intercontinental.« Perkins kam gerade aus der Halle zurück. »Karabasch hat die Busse bereits vorfahren lassen. Aber jetzt machen die Königstruppen Schwierigkeiten. Sie verlangen eine eingehende Untersuchung aller Rückkehrer.«
    »Sollen sie uns nackend abholen«, rief jemand. »Nur weg von hier. Ich habe für die nächsten fünfzig Jahre genug Revolutionsluft geatmet. Ich habe richtige Sehnsucht nach meinen Pantoffeln …«
    Dr. Karabasch kam in sein Hauptquartier zurück und traf dort Laila an, die man nur mit Mühe festgehalten hatte. Dr. Ashraf war bei ihr und redete seit einer Stunde auf sie ein. Sie lag auf dem Bauch, wie Vandura sie verlassen hatte, und schien gar nicht zu hören, was Ashraf ihr sagte.
    »Wo ist der Hakim?« rief sie immer nur. »Ich will ihn sehen, ich will ihn sehen …«
    »Ich muß sie auf den Kopf schlagen, um ihr die Injektion zu geben«, sagte Ashraf verzweifelt, als Karabasch ins Zimmer kam. »Dreimal hat sie mir die Spritze aus der Hand geschlagen. Bei Allah, wo ist Vandura?«
    »Im Hotel Philadelphia.«
    Sofort sprang Laila auf. Sie knirschte dabei mit den Zähnen, denn die Schmerzen durchjagten ihre ganzen Rückenmuskeln, aber sie stand und ballte die Fäuste.
    »Bringt mich zu ihm«, schrie sie. »Ihr Hurensöhne, ich will nicht eine Stunde ohne ihn sein. Wer hat ihn ins Hotel geschafft?«
    »Ich.« Karabasch blickte sie mit gesenktem Kopf an.
    »Warum?«
    »Er muß einen Todkranken so lange über Wasser halten, bis dieser in Beirut eintrifft.«
    »Welche Dummköpfe«, schrie Laila und warf die Arme hoch. »Ihr laßt ihn nach Beirut? Er wird nicht wiederkommen. Holt ihn zurück – sofort –, er darf nicht von hier weg!«
    »Hakim-Pascha bleibt im Hotel, bis die Busse weg sind. Dann kommt er zurück. Warum sollte er nicht kommen? Wer dich geliebt hat, lebt im Paradies. Wer verläßt schon ein

Weitere Kostenlose Bücher