Der Wuestenplanet - Paul Atreides
meinen Sohn verloren. Also können Sie problemlos einen einfachen Neffen aufs Spiel setzen.«
In hilfloser Wut schlug der Baron nach dem unbeirrbaren, höhnisch grinsenden Bild, doch es hing weiter in der Luft, als wollte es ihn in den Wahnsinn treiben und an seine Unfähigkeit gemahnen, auch nur dieses kleine bisschen Kontrolle auszuüben.
51
Wir errichten Festungsmauern um uns, umgeben uns mit dicken geistigen Wällen und tiefen Gräben. Diese Zufluchtsorte dienen dem doppelten Zweck, Erinnerungen an Unangenehmes aus- und unsere Schuld einzusperren.
Das Azhar-Buch der Bene Gesserit
Die Mauern des Festungsklosters bestanden aus massivem Stein, doch die eigentliche Kälte im Webzimmer schien direkt von seiner Großmutter ausgestrahlt zu werden. Lady Helena Atreides wollte offensichtlich, dass Paul sich unwohl und nicht willkommen fühlte. Also brachte er sie aus dem Konzept, indem er sich unbeholfen anstellte. Er hatte durch die Gesellschaft der alten Dame nichts zu gewinnen oder zu verlieren, und er nahm an, dass für die Äbtissin in Bezug auf ihn das Gleiche galt. Er rechnete nicht mit einem plötzlichen Wechsel zu Liebe oder auch nur Akzeptanz.
Helenas Abneigung rührte von alten Erinnerungen an ihren Ehemann Paulus her, vielleicht auch an Leto, aber als sie versuchte, ihre Feindseligkeit an ihrem Enkel auszulassen, prallte sie ab, als würde Paul einen Körperschild gegen Gefühle tragen.
»Unsere Frauen arbeiten hart«, hatte Helena geschimpft, als er eines Morgens die oberen Räume des Turms betrat und darum bat, ihr Tagewerk beobachten zu dürfen. »Du darfst sie nicht stören.«
Doch Paul schlich nicht davon, wie sie es offenbar von ihm erwartete. »Die Frauen dürfen nicht sprechen, Großmutter, und keine von ihnen hat mich auch nur angesehen, also störe ich sie offensichtlich nicht.« Er beobachtete neugierig die hektischen Aktivitäten mit Webstuhl und Faden. »Kannst du mir bitte erklären, was sie da tun?«
Dreißig Frauen arbeiteten an mehreren Webstühlen, begleitet vom Rattern des Mechanismus und dem Surren von Fasern, die durch das Gewebe gezogen wurden. Schiffchen schossen hin und her, Muster wurden eingestellt und wieder neu eingestellt. Die Fäden wechselten die Farben, wurden von Garnrollen und Spindeln abgespult.
Mit den Händen fassten die Frauen Stränge zusammen, deren Dicke von feinster Spinnwebseide bis zu klumpigen Knoten reichte. Die Weberinnen fügten sie zu Mustern zusammen und arbeiteten geübt und gut koordiniert zusammen, ohne miteinander zu sprechen. Paul brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass nicht etwa eine einzige große Stoffbahn in Arbeit war, sondern Dutzende von unterschiedlichen Wandbehängen. Manche ähnelten Regenbögen, bei denen die Farben an den Rändern miteinander verschmolzen, bei anderen kollidierten dramatisch die Fäden, überkreuzten sich Linien und bildeten sich unmögliche Knoten.
»Folgen sie einem größeren Plan?«
»Jede Schwester webt ihr eigenes Muster. Da wir nicht miteinander sprechen, kann niemand sagen, welche Erinnerungen und Visionen uns dabei antreiben.« Helenas Gesicht wirkte verkniffen, und sie runzelte die Stirn. »Die berühmten abstrakten Wandteppiche sind das einträglichste Gewerbe unseres Klosters. Sie weisen keine Muster und bildlichen Darstellungen auf wie gewöhnliche Wandteppiche. Diese Stücke zeigen eine andere Art von Bildern, die offen für Interpretationen ist. Die MAFEA zahlt uns stattliche Summen, damit sie sie im ganzen Imperium weiterverkaufen darf.«
»Also ist euer religiöser Orden ein kommerzielles Unternehmen.«
Diese Aussage schien seine Großmutter zu verärgern. »In jeder Religion gibt es auch einen kommerziellen Aspekt. Uns ist klar, dass die Menschen unsere Produkte wollen, und im Tausch dafür nehmen wir Geld. Davon abgesehen ist die Versorgung dieses Klosters weitgehend autark. Wir bauen den größten Teil unserer Nahrungsmittel selbst an. Das weißt du – ich habe euch beide beim Herumschnüffeln gesehen.«
Nachdem sie eingetroffen waren, hatten er und Duncan das Klostergelände durchstreift und sich die Anbauflächen auf den steilen Terrassen außerhalb der dicken Mauern angesehen. Der dichte Urwald trug ebenfalls Früchte, essbare Blätter und Knollen bei – auch Wild, obwohl Paul sich nicht vorstellen konnte, dass die Einsamen Schwestern Jagdausflüge unternahmen. Aber vielleicht Swain Goire.
»Die caladanischen Ureinwohner mögen unsere Teppiche.«
Paul war überrascht.
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