Der Wuestenplanet - Paul Atreides
Männer betrachten Drohungen nur als Zeichen der Schwäche.
Baron Wladimir Harkonnen,
Ratschläge für Assassinen
Der Baron schäumte vor Wut und gab sich alle Mühe, es Rabban auch zu zeigen. Zugleich war er seltsam beunruhigt, verbarg jedoch sorgfältig jede Spur dieser Empfindung vor seinem tollpatschigen Neffen.
Nur zwei Tage zuvor hatte er eine knappe, rätselhafte Nachricht erhalten, die die Unterschrift von Herzog Leto Atreides trug. »Wir hoffen, dass Ihr Neffe sich gut von seiner Schwertverletzung erholt. Ein Jammer, dass wir auf Grumman nicht mehr Zeit mit ihm verbringen konnten.«
Die Nachricht enthielt keine weiteren Erklärungen, und der Baron verspürte einen unheilverkündenden Druck auf der Brust. Also hatte man Rabban erkannt. Der Atreides-Herzog wusste, dass die Harkonnens in irgendeiner Weise mit dem Konflikt zu tun hatten ... obwohl er anscheinend keine Beweise hatte. Andernfalls wäre die Nachricht zusammen mit einer Vorladung des Landsraad-Gerichts eingetroffen. Also wollte Leto das Haus Harkonnen lediglich wissen lassen, dass er Bescheid wusste.
Äußerst ärgerlich, ja, aber an sich nicht weiter schlimm. Die Atreides sollten in ihrer Unfähigkeit, etwas zu unternehmen, schmoren. Wenn sie es wagten, auf der Grundlage solch fadenscheiniger Bezichtigungen die Kanly zu erklären, würde der Baron einfach die Rolle des unschuldig Angeklagten spielen.
An diesem Nachmittag hatte die Bestie es endlich nach Giedi Primus zurückgeschafft. Ohne Verzögerung drängte er sich zwischen den Hauswachen hindurch und wurde bei seinem Onkel vorstellig. Trotz aller offensichtlichen Schwächen hatte der Mann doch auch einige Vorzüge. Zum Beispiel begriff er, in wie großen Schwierigkeiten er steckte und dass sein Schicksal allein in den Händen des Barons lag. Damit bewies er zumindest ein Mindestmaß an Intelligenz. Offenbar war der Rest der verkleideten Harkonnen-Truppen getötet worden.
Rabban stand atemlos und zerzaust im Studierzimmer des Barons. Ein blutbefleckter Heilverband war an seiner Kopfseite befestigt, wo ein Arzt auch einen Teil seines rötlichen Haars abrasiert hatte, um die Verletzung zu behandeln. Die kahle Stelle verlieh ihm ein ramponiertes, schiefes Aussehen. Eine Wunde an seinem Arm war fest mit Heilband umwickelt. Die Schwertverletzung, auf die Leto angespielt hatte?
»Ich bebe vor Erwartung, von deinen Abenteuern zu erfahren.« Die Bassstimme des Barons, der an seinem dunklen, mit prächtigen Schnitzereien verzierten Schreibtisch saß, troff vor Sarkasmus. Feyd schlenderte herein, ebenfalls begierig darauf, von den Eskapaden seines älteren Bruders zu hören. Der langgliedrige junge Mann warf seinem muskulösen, dumpfen Bruder einen abfälligen Blick zu. Rabban trat nervös von einem Bein aufs andere. Feyd machte sich auf einem Diwan breit, um zuzusehen.
In stoßweisen Sätzen, die sich teilweise widersprachen, erklärte Rabban, dass er von mörderischen grummanischen Soldaten umgeben gewesen war, die wegen ihrer eigenen militärischen Fehlleistungen seinen Kopf gewollt hatten, und dass die gesamte Division verkleideter Harkonnen-Soldaten entweder in die Löcher auf dem Schlachtfeld gefallen oder von rachsüchtigen Moritani-Barbaren getötet worden war. Er erzählte, wie die Atreides-Soldaten ihn gejagt hatten und er mit einer kleinen Verletzung davongekommen war. Und wie er sich anschließend, nachdem die Vernius-Schiffe und kurz darauf die imperiale Delegation eingetroffen waren, in einem Lagerhaus versteckt hatte und mit Mühe und Not der Gefangenschaft entronnen war.
Seinem Neffen mangelte es nicht völlig an Findigkeit und Einfallsreichtum. Dennoch verfinsterte sich die Miene des Barons. »Die Atreides-Soldaten haben dich gesehen. Sie haben dich erkannt.«
»Woher weißt ...?«
Der Baron schlug mit einer fleischigen Hand auf den Tisch und zeigte Rabban die Nachricht von Herzog Leto. »Ist dir klar, dass wir jetzt mitten in einer unmöglichen Krise stecken würden, wenn man dich gefangen genommen hätte oder wenn du irgendwelche Beweise für eine Beteiligung der Harkonnens hinterlassen hättest?«
Rabban blieb standhaft. »Ich habe keine Beweise hinterlassen, Onkel. Wenn der Herzog der Atreides irgendwelche Beweise hätte, wäre von ihm mehr gekommen als nur diese Nachricht.«
Der Baron lächelte ein wenig, überrascht von der aufmerksamen Reaktion seines Neffen. Feyd gab einen unflätigen Laut von sich, sagte jedoch nichts weiter.
Rabban fuhr fort:
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